Um das Neue an den neuen Solarzellenkonzepten einschätzen zu können, muss natürlich auch die Vorgeschichte und jene Technologie, die durch die neuen perfektioniert oder gar abgelöst wird, bekannt sein.

Die Standard-Silizium-Solarzelle

In Solarzellen wird Strahlungsenergie aus dem von der Sonne kommenden Licht in elektrischen Strom umgewandelt.

Funktionsweise einer Solarzelle (Quelle: Wikipedia,
zu ergänzen ist, dass seit ca. 2000 die Antireflexschichten meist aus aus einer Siliziumnitrid (SiN-)Schicht bestehen)

Einfallendes Licht wird z.T. reflektiert, zum Teil dringt es durch die Antireflexionsschicht hindurch in den Siliziumwafer ein. In diesem Siliziumwafer gibt es nun unterschiedlich dotierte Schichten: Der Wafer selbst ist üblicherweise p-dotiert, das heißt, durch das Einbringen von Bor-Atomen in das Siliziumkristall sind sog. „Fehlstellen“ vorhanden – hier fehlt ein Elektron (Dies kommt dadurch, dass im reinen Silizium jeweils 4 Elektronen zur Ausbildung der chemischen Bindungen im Kristall benötigt werden, das eindortierte Bor bringt jedoch nur 3 Valenzelektronen mit). Auf der dem Licht zugewandten Seite wird eine dünne Schicht mit Phosophor dotiert, das 5 Valenzelektronen mitbringt, wodurch ein Elektronenüberschuß entsteht.

p- und n-Dotierung von Silizium (leicht verändert aus: Quelle)

Wo diese beiden Schichten aufeinander treffen entsteht ein pn-Übergang. Treffen nun die Lichtphotonen auf diese Schicht, so wird die Photonenenergie auf die Elektronen übertragen, sie werden zu Leitungselektronen und an ihrer vorherigen Stelle im Valenzband entsteht ein „Loch“. Ein Photon kann auf diese Weise ein Elektronen-Loch-Paar erzeugen. Dazu muss die Energie groß genug sein, um die Energiedifferenz zwischen Valenzband und Leitungsband des Halbleiters (in unserem Fall Silizium mit einer Energiedifferenz von 1,1 eV) zu überbrücken. Wenn diese frei beweglichen Elektronen und „Löcher“ nun nicht allzu schnell wieder rekombinieren, sondern sich zu den auf beiden Seiten entsprechend angebrachten leitenden Kontakten bewegen, kann ein elektrischer Strom fließen. Dies kann z.B. in einer animierten Abbildung hier betrachtet werden.

Neue Zellkonzepte

Um den Wirkungsgrad zu erhöhen, werden verschiedene Wege gegangen. Das Hauptziel ist dabei, die Verluste zu minimieren. Allerdings erhöht dies i.a. den Fertigungsaufwand, was mit der notwendigen Kostensenkung nur schwer in Übereinstimmung zu bringen ist. Eins der neuen Zellkkonzepte ist das sog. PERC(Passivated Emitter and Rear Cell)-Konzept vom ISE Freiburg:

PERC-Solarzelle (Quelle: Glunz 2000)

Mehrfachsolarzellen

Da jedes Absorbermaterial durch seine spezifische Bandlücke nur Photonen mit Energien aus einem bestimmen Wellenlängenbereich in elektrischen Strom umwandeln kann, ist es sinnvoll, verschiedene Materialien zu kombinieren. Dies wird durch Tandem- und Mehrfachsolarzellen realisiert.

Tandem-Solarzelle (Quelle)

Allerdings ist auch hier die Herstellung so aufwendig, dass solche Solarzellen nur für spezielle Einsatzgebiete sinnvoll ist.

Konzentratorsolarzellen

Solche teuren Solarzellen eignen sich als Basis für Konzentratorsolarzellen, bei denen z.B. mittels einer Fresnel-Linse die Photonen genau auf die Solarzellen auf wesentlich kleineren Flächen fokussiert werden können: Konzentratorsolarzelle(Quelle: ISE Freiburg)

Bei solchen Konzentratorkonzepten müssen die Solarzellen natürlich sehr genau mit der Richtung der Sonneneinstrahlung mitgeführt werden, damit der optimale Einstrahlwinkel eingehalten wird.

Aus einem weiteren Grund könnte dieser Typ von Solarzellen nur ein „Nebenast“ der Solarzellenentwicklung bleiben: Es wird erwartet, dass die endgültigen Minimalkosten letztlich von den Materialkosten abhängen. Deshalb geht der Trend wohl doch eher in Richtung von Hocheffizienz-Dünnschichtzellen der „3. Generation“ (vgl. Green 2002: 65).

Dünnschichtsolarzellen

Solarzellen auf der Basis von dünnen Schichten sind mit vielen Materialien möglich, so mit amorphem Silizium, mit Cadmiumtellurid oder Cu(In,Ga)(S,Se)2-Chalkopyriten.

Dünnschichtsolarzellen

Es wird viel weniger Material benötigt und größere Flächen im Vergleich mit den Si-Wafern können gleichzeitig bearbeitet werden. Allerdings haben sie einen wesentlich geringen Wirkungsgrad (kleiner 10%, CIGS liegt höher) als die Standard-Siliziumsolarzellen (im Modul um 15%) und da letztere in den letzten Jahren eine enorme Kosten- und damit Preissenkung erreichen konnten, verlor der Materialeinsparungsvorteil der Dünnschichtsolarzellen an Bedeutung, so dass in den letzten Jahren viele Dünnschicht-Solarzellenhersteller aufgeben mussten. Trotzdem wird, vor allem wenn sich die Einsatzgebiete für Dünnschichtsolarzellen ausweiten, weiterhin steigende Marktanteile für Dünnschichtsolarzellen erwartet.

„Bis 2006 lag der Marktanteil der Dünnschichtphotovoltaik noch im einstelligen Prozentbereich. Für 2010 werden bereits 20 bis 30 Prozent prognostiziert.“ (Solarserver Februar 2010)

Wichtig ist die Frage, wie die Solarzellen der „3.Generation“ diese Prognose beeinflussen. Natürlich kann man nicht genau voraussagen, was geschehen wird. Es gibt Szenarien, die zwischen pessimistischen und optimistischen Trends unterscheiden:

Szenarien der Entwicklung der Marktanteile für verschiedene Solarzellen
(Quelle: Krewitt 2007)

Aufbruch in neue Wirkungsgradbereiche

Bei der Erläuterung der Funktionsweise einer Solarzelle fällt auf, dass es immer wieder zu Verlusten von Photonenenergie kommt, die nicht in Strom umgewandelt werden kann. Das betrifft z.B. Reflexionsverluste, Verluste durch Energien, die zu gering für die Energiedifferenz sind oder zu hoch (diese geht als Wärme verloren) und auch Verluste durch frühzeitige Rekombination von Elektronen und „Löchern“ vor Erreichen der Kontakte. Bereits 1961 wurden Berechnungen durchgeführt, die den maximalen Wirkungsgrad (Verhältnis von erzeugter elektrischer Leistung zu einfallender Leistung der Lichtstrahlung) – also den Wirkungsgrad ohne die genannten Verluste – von Siliziumsolarzellen ermitteln (Shockley, Queisser 1961, vgl. auch Honsberg 2001, Würfel, Trupke 2003). Sie kamen für Solarzellen innerhalb der Erdatmosphäre auf 33%. Da genügend kostenloses Sonnenlicht auf die Erde fällt ist das aus der Sicht des „Brennstoffs“ kein Problem. Allerdings muss für die Solarzellen selbst eine ausreichende Fläche bereit gestellt werden und ihre Erzeugung erfordert Aufwand und bringt deshalb Kosten mit sich. Je höher der Wirkungsgrad ist, desto geringer sind im Verhältnis die flächenabhängigen Kosten. Gleichzeitig muss selbstverständlich der Produktionsaufwand in Grenzen gehalten werden. Die Steigerung des Wirkungsgrades war in den letzten Jahren neben dem Wirken des Skalengesetzes (Kostensenkung durch Massenproduktion mit sog. Lernkurve) eine der wichtigsten Faktoren für die dynamische Entwicklung der Photovoltaik. Inzwischen wurden im Labor bereits Solarzellen mit einem Wirkungsgrad von 24,7%, also 75% des errechneten maximalen Wirkungsgrades entwickelt.

Auf dem Weg zur 3. Generation von Solarzellen ist nun zu fragen, wie sich diese Berechnungen verändern. Es kann schon vorweg genommen werden, dass für sie ein maximal möglicher Wirkungsgradgrenzwert von 86 % errechnet wurde. Die Differenz gegenüber den Standardsolarzellen erklärt sich aus Unterschieden in den Grundannahmen, die im ersten Fall den Wirkungsgrad beschränken. So muss für normale Siliziumsolarzellen angenommen werden, dass nur ein einziger, exakt bestimmter pn-Übergang vorhanden ist und durch ein Photon jeweils ein Elektron-Loch-Paar entsteht. Bei der Suche nach Wegen hin zu höheren Wirkungsgraden können nun zwei Beschränkungen aufgehoben werden:

  1. Reduktion weiterer Verlusteffekte (Thermalisierung, Reflexion, Rekombination…)
  2. Außerkraftsetzen beschränkender Faktoren der Standardversionen und Entwicklung neuer Funktionsprinzipien ohne diese Faktoren (z.B. Mehrelektronen-Erzeugung).

Das Einzige, was nicht außer Kraft gesetzt werden kann, ist das Energieerhaltungsgesetz. Die Entropieerzeugung wird in solchen Grenzwertberechnungen als Null angenommen. Im Unterschied zur thermischen Energiebilanzbetrachtung muss bei Solarzellen auch noch angenommen werden, dass die Summe aller Partikelströme Null ergeben muss. Zu beachten ist, dass ein optimaler Wirkungsgrad für Solarzellen die Arbeit innerhalb eines optimalen Temperaturbereichs einschließt (vgl. Würfel, Trupke 2003: 45f, Honsberg 2001). Hierfür lässt sich der genannte Wert von 86% ableiten.

Auf diese Weise kann bereits vorab rechnerisch ermittelt werden, welche konstruktiven Veränderungen oder neuen Konzepte einen Durchbruch bei der Wirkungsgradsteigerung bringen können (vgl. Honsberg 2001). Beispielsweise kann durch den Einsatz von fokussierenden sog. „Konzentrator“-Techniken für Siliziumsolarzellen der Wirkungsgrad auf über 40% gesteigert werden.

Die Berechnung von Nanoeffekten in Halbleiterstrukturen ist ein ziemlich neues Feld der Forschung (vgl. Koch et al 2002). Mit Hilfe der Maxwellgleichung für das Licht und der Blochgleichung für das Verhalten im Halbleiter können Licht-Halbleiter-Materie-Interaktionen untersucht werden. Hierbei entstehen Wirkungen, die dem klassisch geprägten Vorstellungsvermögen recht fremd sind. So wird z.B. von Exzitonen gesprochen, das sind gebundene Zustände von Elektron und Loch in einem Isolator bzw. Halbeiter und sie stellen elementare Anregungen des Festkörpers dar. Sie sind nicht wirklich stoffliche Körper, sondern „Quasikörper“.

Aus anderen Berechnungen (siehe Morf 2002) kann man abschätzen, dass sehr viel dünnere Solarzellen zwar Nachteile haben wegen einer größeren relativen Oberflächenrekombination und einem geringeren Absorptionsvolumen – dass sie aber auch große Vorteile haben. Ihre Rekombination im Absorbervolumen ist wesentlich geringer als bei dickeren Zellen. Dadurch wird nicht so qualitativ hochwertiges Halbleitermaterial benötigt wie für andere Solarzellen. Die geringere Absorption im Material muss ausgeglichen werden durch neuartige „Lichtfallen“.

In den folgenden Kapiteln werden zwei spezielle Anwendungsformen von Nanotechnik für neue Photovoltaik-Konzepte vorgestellt, so die auf Nanopartikeln basierenden dünnen Schichten, die als Tinte aufgetragen werden können und die neuentwickelten Fluoreszenz-Konzentratoren. Danach erfolgt der Einstieg in die eher „originären“ Nano-Neuentwicklungen für Solarzellen, die einerseits mehr Licht in die Solarzelle hineinlenken und andererseits die Absorptionsmechanismen verändern.

Das, was sich unter dem Thema „Nano und Solar“ verbirgt, ist physikalisch sehr vielfältig. „Nano“ als Kennzeichnung der Größendimension von eingesetzten Materialien beeinflusst mechanische, chemische, optische und elektrische Eigenschaften der Materialien. Die Einordnung der verschiedenen Effekte, speziell auch ihre Nutzung im Bereich der Photovoltaik kann noch keiner tradierten „Gliederung“ folgen. Ich werde im Folgenden einen Weg verfolgen, der mit Neuentwicklungen außerhalb der eigentlichen Solarzelle beginnt, und über veränderte Oberflächengestaltungen schließlich bei originären „Quanten-Dot“-Effekten im Absorbermaterial endet.