Dieses Wochenende ist jedes Jahr seit 9 Jahren ausgebucht: Ende September beteiligen wir uns als Familie am Inlineskate-Marathon in Berlin. Es könnte langsam Routine werden – aber es passiert immer mal wieder was. Was dieses Jahr geschah, konnten wir zu dem Zeitpunkt, als dieses Foto entstand, noch nicht wissen…

Das Jahr ging schon nicht so gut los. Wir nahmen ausnahmsweise mal nicht am Halbmarathon teil, weil der Winter so lang war und deshalb vorher kaum trockene Wege zum Trainieren vorhanden waren. Im Sommer dann hatten wir einen Wechsel von Hitze und Nässe, äußerst ungünstig zum Skaten. Ich konnte die eingestreuten trockenen Tage doch mit einer flexiblen Zeiteinteilung gut nutzen und einige Male konnten wir sogar ein Wochenende lang für längere Touren zum Fläming-Skate, zum Geiseltalsee bzw. zur Goitzsche fahren.

In den letzten Wochen vor dem großen Marathon allerdings konnte ich kein Tempotraining mehr machen, weil durch die Stürme zu viele Äste herunter geschlagen wurden, über die man schlimm stürzen kann.

Da ich dieses Jahr aber keinen Trainingsausfall durch eine Urlaubsreise hatte, war ich trotzdem ganz gut gestimmt, als es bei wunderschönem Wetter ins diesjährige Marathonwochenende ging. Ich befürchtete eher, dass es mir zu warm wird. Schon ein paarmal hat die Sonne meinen Kreislauf arg geplagt.

Endlich ging es los. Gedränge auf der ersten Zeitmessmatte…, die ersten freien Schwünge… und schon machte mich eine vorbeifahrende Frau darauf aufmerksam, dass bei mir was „runter baumelt“… Mist… am Knieschützer fummeln, nein – es ist doch am Skateschuh… An die Seite fahren… Schei…!!!! Da bammelt tatsächlich ein Nippel vom Schnürverschluss zwischen den Rollen. Für diese Nippel gibt es extra Minitäschchen an den Zungen der Skates mit Klettverschluss… aber diesmal ist es rausgerutscht. Ausgerechnet diesmal. Die anderen Skater rauschen uns vorüber. Ich sitze dumm da und meine Familie fummelt an meinen Füßen rum. Verzweiflung beginnt sich breit zu machen. Ich will meine Familie weg, auf die Strecke schicken und traurig zurückbleiben… da flutscht das Sch…-nippel endlich raus. Die letzten Skater da vorn sind eigentlich nicht mehr zu sehen.

Aber was solls. Ich gehöre eh nicht zu den schnelleren Skaterinnen, da kann ich das Feld auch mal von hinten aufrollen. Und wir bekamen noch einen Extraapplaus von den am Rande Stehenden für unseren Spätstart…!!! Das tat echt gut und hat uns dann an der Goldelse den Anschluss finden lassen.

Das Blöde war nur, dass ich mir diesmal vorgenommen hatte, die Strecke etwas langsamer anzugehen als sonst, mit Pulsuhr kontrolliert. Daran war natürlich gar nicht zu denken. Ich lief die ersten Kilometer mit meinem Maximalpuls, den ich sonst nur bei einem Endspurt oder längeren Anstieg habe. Wer sich auskennt, weiß, was das bedeutet. Ich hatte bei diesem Marathon leider keine „Genuß-Skating-Stecke“ dabei, sondern hab wirklich die ganze Zeit zu kämpfen gehabt, es in der vorgesehenen Zeit zu schaffen.

Denn es gibt eine End-Zeit: wer so langsam ist, dass das Endziel nicht in 2 Stunden 45 Minuten erreicht werden kann, muss die Straße verlassen und kann im „Besenbus“ weiter fahren. Mich hat dieser Bus schon vor wenigen Jahren mal von hinten „geschnappt“, da bin ich ihm dann mit großer Anstrengung und Unterstützung meiner Tochter mühsam entkommen.

Das mit dem „Aufrollen von hinten“ hat ja einigermaßen geklappt, aber es kostete eben doch viel Kraft. Trotzdem wunderte ich mich nach dem Halbmarathonwert, wie k.o. ich beim Halbmarathon im Ziel immer bin, während es im September doch noch ganz flott weiter rollt (ich hab bin zweimal einen Marathon Anfang Mai geskatet, das war wegen dem fehlenden Sommertrainig wesentlich anstrengender.)

Trotzdem erblickte ich ca. 12 oder 13 km vor dem Ziel beim vorsichtigen Zurückschauen die Vorderlampen der Polizeischlussfahrzeuge und den Besen-Bus. Viele, die ich noch überholt hatte, saßen da wohl schon drin und es war zu befürchten, dass er sich bis zu mir vorarbeitet, bzw. dass ich entsprechend zu langsam bin.

Da mein Puls nur wenig runter gegangen war und die lange Zeit mit dem hohen Puls doch erheblich an meinen Kräften genagt hatte, war ich glücklich, dass ich mich immer mal von meinem Mann ein paar Meter ziehen lassen konnte, „nur zum Puls runterfahren“… – aber ein bisschen schlechtes Gewissen habe ich doch gegenüber denen, die sich neben mir tapfer alleine schlugen.

So lange war ich aber noch nie so weit hinten gefahren. Ich konnte mir immer die Wege mit dem besten Straßenbelag aussuchen (der wird von Jahr zu Jahr schlechter). Es war faszinierend, wie viele Zuschauerinnen und Zuschauer oder auch Helfer uns mit Klatschen und Zurufen weiter halfen. Es ist wirklich motivierend, dass man auch da hinten nicht alleine gelassen wird. Es war auch schade, dass wenige Kilometer vor dem Ziel noch einige von Sanileuten betreut werden mussten; ich weiß nicht, ob sie gestürzt waren oder k.o. So kurz vorm Ziel ist das besonders hart, hat man sich doch da hinten mindestens genauso angestrengt wie die vorn. Grade als nicht so sportlicher Mensch ist auch der leichte Spruch „Dabei sein ist alles“ zumindest für eine zeitgerechte Zieleinfahrt nicht ganz selbstverständlich. Und nur dabei gewesen sein ohne eine Medaille zu bekommen, stelle ich mir schon hart vor.

Am Start hatte ich mir vorgenommen, die nächsten zwei-einhalb Stunden würden die „schönsten“ dieses Jahres werden. Das war zwar dann nicht ganz so – aber unter den gegebenen Umständen war ich doch ziemlich glücklich, als es geschafft war. Für mich steht nun das Ziel, nächstes Jahr mein 10. Mal auch zu schaffen. Gemeinsam mit meiner Familie.

In diesem Jahr hatten wir uns für den Sonntag noch etwas vorgenommen, deshalb standen wir auch bei den Läuferinnen und Läufern mit am Straßenrand. Während wir früher oft den Zielleinlauf der Besten angeschaut hatten, nahmen wir uns diesmal auch die Zeit, an den letzten Kilometern auf die Letzten zu warten. Auch hier werden es wohl einige nicht mehr rechtzeitig ins Ziel geschafft haben. Ich selbst bin den Halbmarathon (auch in Berlin) zweimal gelaufen, an die volle Strecke wäre nie zu denken gewesen. Da kann ich alle nur bewundern, die so weit gekommen sind.

Am späten Nachmittag feierten wir noch 3 Familiengeburtstage, darunter einen 50. mit einer befreundeten Familie zusammen im Restaurant des Fernsehturms, wo ich noch nie gewesen war. Wir hatten wegen dem herrlichen Wetter wunderbare Ausblicke über ganz Berlin und erkannten viele Stellen, die wir kennen.

Ich danke allen, die mich an diesem Wochenende unterstützt haben!


P.S. Über die Anfänge meiner Sport-„Karriere“