Über den Umweg des Pohrtschen Buches „Theorie des Gebrauchswertes“ komme ich auch wieder zu der Fragestellung, die in Holloways Buch „Kapitalismus aufbrechen“ zentral ist: dem Nachdenken darüber, wie die kapitalistische Form der Arbeit überwunden werden kann.

Bei Marx zieht sich ein Zwiespalt durch fast alle Kategorien der Kritik der Politischen Ökonomie: der zwischen Gebrauchswert und (Tausch-)Wert. Bei der Arbeit gibt es den Doppelcharakter von konkreter und abstrakter Arbeit und der Produktionsprozess erweist sich als Einheit von Arbeits- und Verwertungsprozess.

Wie kann man damit umgehen? Unterwirft sich das Kapital als Totalität letztlich auch die gebrauchswertorientierten Aspekte vollständig? Oder steckt in den gebrauchswertorientierten Aspekten das Potenzial zum „Aufbrechen“ des Kapitalismus, wie es Holloway für die Kategorie der konkreten Arbeit tatsächlich annimmt?

1. Das Verhältnis von Kapital und Arbeit bei Pohrt

Wir finden bei Wolfgang Pohrt wie schon bei der Betrachtung des Gebrauchswerts im Allgemeinen zwei wesentlich unterschiedene Entwicklungsformen des Verhältnisses von Kapital und Arbeit. Bei der ersten liegt zwar schon ein Kapitalverhältnis vor, aber der Kapitaldominanz wirken noch andere Faktoren entgegen; es subsumiert sich das Leben noch nicht vollständig (1.1). In einer späteren Entwicklungsform dagegen ist das Kapital zur „Totalität“ geworden (1.2.).

1.1. Das Kapital als Verhältnis und die lebendige Arbeit als ihr Gegensatz

Pohrt zeichnet Marxens Kritik an Smith und Ricardo bezüglich des Austauschs zwischen Kapital und Arbeit nach. Marx geht davon aus, dass der Unterschied zwischen vergangener und gegenwärtiger Arbeit bei der Wertbestimmung von Waren gleichgültig ist, jedoch von „entscheidender Wichtigkeit“ ist, „wenn vergangene Arbeit (Kapital) mit lebendiger Arbeit ausgetauscht wird“ (MEW 26.2: 396). Der wichtige Unterschied kommt daher, dass die Arbeit selbst gar kein Wert ist, sondern Wert bildet. „Die Arbeit ist die Substanz und das immanente Maß der Werte aber sie selbst hat keinen Wert.“ (MEW 23: 559) Der Austausch zwischen Kapital und Arbeit ist also ein ungleicher (MEW 26.3: 8).

Pohrt bezieht diese Ungleichheit nun nicht bloß auf die Menge der ausgetauschten Arbeit, das heißt es geht ihm nicht nur um die Frage der Aneignung des Mehrprodukts durch die Kapitalbesitzer. Er bestimmt die „lebendige Arbeit […] als die von den ökonomischen Formbestimmungen verschiedene Qualität“. Er kritisiert wie auch Marx das Konzept von Ricardo, bei dem die lebendige Arbeit „stets schon als in der Formbestimmung aufgegangene, als im Kapital vergegenständlichte“ betrachtet wird (Pohrt 1995: 73). Anders ausgedrückt: Es liegt ein qualitativer Unterschied darin, dass die Arbeitskraft mehr Wert erzeugen kann, als sie zur Reproduktion benötigt. Die Ware Arbeitskraft hat (für das Kapital, in dessen Verfügung sie erst mit den sachlichen Produktionsvoraussetzungen zusammen gebracht wirksam werden kann) den Gebrauchswert, mehr Wert erzeugen zu können. Deshalb fällt sie nach Pohrt aus den ökonomischen Formbestimmungen heraus (70). Und nicht nur das, die Arbeit kann als einzigster Gebrauchswert einen Gegensatz zum Kapital bilden:

„Der einzige Gebrauchswert daher, der einen Gegensatz zum Kapital bilden kann, ist die Arbeit […].“ (MEW 42: 198)

Arbeit kann also einen Gegensatz zum Kapital bilden, aber sie tut das nicht automatisch. Als Bedingungen für einen solchen Gegensatz erkennt Pohrt:

  • Das Kapital selbst muss in sich widersprüchlich sein und das ist es nur, solange „es noch nicht zweite Natur geworden ist“ (122).
  • Es müssen Subjekte vorausgesetzt sein, die von ihm verschieden sind. (ebd.)

Diese Bedingungen gelten nach Pohrt nicht mehr für den entwickelten Kapitalismus (siehe 1.2.), sondern nur für prä- und frühkapitalistische Zustände und auch nicht für den „nachrevolutionären Zustand“ (138). In den frühen kapitalistischen Zustandsformen sind vor allem die Subjekte noch mehr, als vom Kapital gesetzt:

„Befreien können sich nur Menschen, die nicht sind, als was sie vom Kapital gesetzt sind. Unter dieser Voraussetzung erst stellt sich die Setzung als Zwang dar, der zu bekämpfen ist.“ (138)

1.2. Das zur Sache gewordene Kapital und Subjekte, die mit ihm identisch geworden sind

Wenn die eben genannten Bedingungen nicht (mehr) gelten, ist der Schein wirklich geworden, „das Kapital Sache“ (ebd.):

„In keinem Verhältnis von Personen zueinander existiert es mehr, sondern in Verfahrensvorschriften, objektiven Produktionsabläufen und materialisiert in Konzernpalästen, Autobahnen, Fernsehern, Raketen, Doseneintopf.“ (122-123)

Dies gilt, so Pohrt, weil die Wirkung des Wertgesetzes durch Aktiengesellschaften aufgehoben sei und das Kapital deshalb kein Verhältnis mehr darstelle, sondern nur noch eine herrschende Sache.

Interessant ist, dass Pohrt diese Darstellung des gegenwärtigen Kapitals in der indikativen Form schreibt, die Darstellung des Arbeiters dagegen immer noch im Konjunktiv formuliert.

„Als mit der Bestimmung identisch, unter welche ihn das Kapitalverhältnis setzt, zerfiele er in kreatürliche Bedürftigkeit, wo er Person ist, und in reine Subjektivität, d.h. blinde Naturkraft, wo er Arbeiter ist.“ (123)

Später verzichtet er aber auf den Konjunktiv:

„Wo dem Kapital die Arbeit nicht mehr als fremde gegenübersteht, sondern eins seiner Momente geworden ist, also im Produktionsprozeß, dort tritt es in Beziehung nur noch zu sich selbst, wobei es sich aus einem gesellschaftlichen Verhältnis in einen Gegenstand verwandelt.“ (143)

2. Mehrarbeit als geschichtsbildende Kraft

Wolfgang Pohrt teilt Marxens historische Bewertung des „zivilisierende[n] Einfluß[es] des Kapitals“ (MEW 42: 323). Wegen der bereits eingetretenen Übernutzung der ökologischen Ressourcen und des ziemlich sinnlos-verschwenderischen Konsums in den hochentwickelten kapitalistischen Ländern wird die Produktivkraftentwicklung (PKE) heute oft kritisiert (siehe auch 2.3.). Viele gehen davon aus, dass eine Befreiung der Menschen von den kapitalistischen Produktionsverhältnissen zu jeder Zeit möglich gewesen wäre, wenn die Menschen nur gewollt hätten. Selbstverständlich sind die produktiven Kräfte sowieso Kräfte der Menschen und nichts von ihnen Getrenntes. Deshalb gilt an dieser Stelle auch: Wenn die Menschen bisher den Kapitalismus noch nicht abgeschafft haben, hatten sie dazu entweder nicht den Willen oder, bzw. in Verbindung damit, nicht die Kraft dazu. Wenn wir die „Kräfte der Individuen selbst“ als Produktivkräfte verstehen (wie Marx in MEW 3: 75), so sind es damit doch die Produktivkräfte, welche sich entwickeln müssen.

2.1 PKE als Subjektentwicklung/Individualisierung

Wie geschichtliche Studien zur Entwicklung der Individualität zeigen, entstand eine persönliche Eigenständigkeit für die Mehrheit der Menschen erst auf der Grundlage der Ablösung von traditionellen Bindungen an Natur und Blutsfamilie.

„Derselbe Prozeß, der die vermeintliche vorbürgerliche Idylle zerstört und den Arbeiter von der Erde losreißt, ihn expropriiert, macht ihn daher umgekehrt überhaupt erst potentiell zum Subjekt der Geschichte.“ (Pohrt 1995: 239)

Im interkulturellen Vergleich kann eine solche Position durchaus zu herrschaftsförmigen Ideologien führen – letztlich muss diese Frage in der je eigenen Kultur aus diskutiert werden und für meine, die europäisch-westliche, gehe ich schon davon aus, dass Individuen wie z.B. ich als weibliches Wesen aus armen Schichten in den letzten Jahrzehnten enorm an Lebenschancen gewonnen haben.

Nicht umsonst gingen die jungen Mädchen aus der dumpfen Unterdrückung im Dorf zumeist sehr freiwillig in die Städte, auch wenn sie da in den Fabriken und Büros hart arbeiten mussten. Das frühere Leben wird meist nur aus großem Abstand zur dörflichen Idylle verklärt.

Ein Fortschritt in der Entwicklung individueller, subjektiver Fähigkeiten ist meist sogar bzw. ausgerechnet dort zu verzeichnen, wo im Kapitalismus die Ausbeutung intensiviert wird. Der Übergang von der sog. Fordistischen zur sog. Toyotistischen Organisationsform der Arbeit basierte gerade auf der besseren Abschöpfung und Entwicklung der individuellen menschlichen Leistungsfähigkeit. (Um Missverständnissen vorzubeugen: dies ist nicht Pohrt entnommen)

2.2 PKE als Arbeitsproduktivitätssteigerung und Entlastung von notwendiger Arbeit

Ein wichtiges Moment der Produktivkraftentwicklung, der bei Pohrt angesprochen wird, ist die Erhöhung der Arbeitsproduktivität. Zumindest solange noch allgemeiner Mangel herrscht, kann es nicht nur um eine „gerechtere“ Verteilung gehen, sondern um das Aufheben der Mangelsituation durch Produktivkraftentwicklung. Marx drückt sehr drastisch aus, was er befürchtet, wenn lediglich der „Mangel verallgemeinert“ wird:

„ […] andrerseits ist diese Entwicklung der Produktivkräfte […] auch deswegen eine absolut notwendige praktische Voraussetzung, weil ohne sie nur der Mangel verallgemeinert, also mit der Notdurft auch der Streit um das Notwendige wieder beginnen und die ganze alte Scheiße sich herstellen müßte […].“ (MEW 3: 35)

von bloß materieller Produktion“ wichtig (Pohrt 1995: 88)? Vor dem Kapitalismus wurde lediglich für die unmittelbare Konsumtion produziert. Dies stellte auch eine „Schranke für die freie Entfaltung der menschlichen Natur dar“ (ebd.: 217).

Im Kapitalismus löste sich der Zweck der Produktion von diesen unmittelbaren Bedürfnissen. „Produktion um der Produktion willen“ heißt –zumindest innerhalb der Schranken der ökologischen Nachhaltigkeit – nichts weiter, „als Entwicklung der menschlichen Produktivkräfte, also Entwicklung des Reichtums der menschlichen Natur als Selbstzweck“ (MEW 26.2: 111). Der Kapitalist „zwingt […] rücksichtslos die Menschheit zur Produktion um der Produktion willen, daher zu einer Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte, und zur Schöpfung von materiellen Produktionsbedingungen, welche allein die Basis einer höheren Gesellschaftsformbilden können, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung jedes Individuums ist.“ (MEW 23: 618)

Das Ziel besteht, so Marx und Pohrt, letztlich darin, „ daß Maschinen die Arbeit tun und die Menschen von ihr befreit werden“ (Pohrt 1995: 119).

Das Mittel, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll, besteht- zumindest zeitweise – in der Entwicklung der Produktivkräfte auf dem Wege der kapitalistischen Arbeit, d.h. der Mehrarbeit.

Weil die Mehrarbeit trotz bzw. sogar wegen ihrer kapitalistischen Form zur „geschichtsbildenden Kraft“ wird (Pohrt 1995: 114), hat die Mehrarbeit nicht nur eine quantitative Seite (dass sie quantitativ mehr Wert erzeugt als zur Reproduktion der Arbeitskraft benötigt wird), sondern ebenso eine wichtige qualitative: dass sie die Voraussetzungen für die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung schafft.

Voraussetzungen zu schaffen ist aber erst die „halbe Miete“. Es gibt keinen Automatismus:

„Obzwar das Kapital revolutionstheoretisch nur als Produktionsverhältnis interessiert, welches eine Etappe auf dem Wege der Befreiung der Menschen von bloß materieller Produktion ist, besteht sein Beitrag zur Befreiung doch nur darin, eben die materielle Produktion, die den Menschen dereinst nicht mehr alles bedeuten soll, umfassend zu entwickeln; den Rest müssen die Menschen selber tun.“ (Pohrt 1995: 88)

Damit Menschen dies tun, brauchen sie ein Interesse daran und Pohrt gibt Hinweise dafür, welche Art Ausbeutung über die bessere finanziell-materielle Versorgung hinaus eine wichtige Rolle spielen könnten: Ausbeutung besteht demnach vor allem im
Versagen der Aneignung „der durch die Arbeit geschaffenen gesellschaftlichen Produktivkräfte“ (115). Wirklicher Reichtum besteht in der Freiheit, „Geschichte zu machen, nicht nur das Immergleiche tun zu müssen“ (116f.). Daran „hat keiner teil, der bloß über konsumierbare Sachen verfügt“ (117).

Diese Dimension von Ausbeutung geht über die Lohnfrage und die Frage nach dem materiellen Lebensstandard weit hinaus. Sie ist verwandt mit dem Widerstands- und Kampfimpetus der „Würde“, der vor allem in Lateinamerika wirksam wird und auch dem „Buen Vivir“, das sich als Gegenkonzept zur kapitalistischen Konsumwelt herauszubilden beginnt. Sie bereichert diese aber auch um den Gedanken der Befreiung von mühseliger Arbeit, um die Vision der Reduzierung und Umgestaltung von notwendiger Arbeit zugunsten des Bereichs dessen, was jeder Mensch „wirklich, wirklich tun“ (F. Bergmann) will.

Die Realität zeigt, dass die Kräfte zur Aufhebung des Kapitalismus bis jetzt nicht ausgereicht haben. Das könnte daran liegen, dass auch auf technischer Ebene doch noch nicht genügend Mittel zur Verfügung standen (wie das Internet für den „zusammenhängende[n] Weltverkehr“ (MEW 3: 35) als Basis der Selbstorganisierung der „weltgeschichtliche[n], empirisch universelle[n] Individuen“).

2.3 PKE als Entwicklung von Destruktivkräften


„Aber wir wollten doch
nur Arbeitsplätze schaffen“

Die lange Verzögerung hat aber auch zu neuen Problemen geführt. Diese hat Pohrt noch nicht in Betracht gezogen. Spätestens seit Mitte der 80er Jahre übernutzen wir die ökologische Regenerationsfähigkeit auf unserem Planeten, und wir erzeugen wesentlich mehr Treibhausgase, als das Klima für seine relative Stabilität verträgt.
Damit schlagen die Produktivkräfte nun um und werden Destruktivkräfte, weil sie die Lebensgrundlagen gefährden.

Hier wirkt sich die Verselbständigung der Kapitalakkumulation von bewusst gesetzten Zwecken desaströs aus. Im Kapitalismus ist die Produktivkraft der Arbeit nicht Zweck der menschlichen Aktivität, denn dann würde sie auch einer umfassenden Bewertung aller gewünschten und unerwünschten Wirkungen unterzogen, sondern sie ist lediglich ein Mittel, um den relativen Mehrwert zu erhöhen.

„Die Produktivkräfte der Arbeit „vergegenständlichen“ sich, wie Marx sagt, in den „sachlichen Arbeitsbedingungen“ – darunter die technischen Produktionsmittel – und erscheinen als Produktivkräfte des Kapitals.“(Klaus Peters 1988)

Die Produktivkräfte der Arbeit erscheinen also als Produktivkräfte des Kapitals. Dieser Schein ist, wie auch bei den anderen Fetischformen wie Geld, nicht nur eine illusionäre Einbildung, sondern ein wirkliches gesellschaftliches Verhältnis. Wenn wir nach der Rolle der Produktivkraftentwicklung in der menschlichen Geschichte fragen, so geht es gerade nicht primär um den technischen Fortschritt (der zu oft mit „Produktivkraft“ verwechselt wird, siehe Peters 1988). In der Technik liegt weder das Problem noch die Lösung des Problems, sondern es geht um das gesellschaftliche Verhältnis.

Das Überschreiten der Maße der ökologischen Verträglichkeit macht das nur umso dringlicher. Wenn dies –aufgrund der Verwechslung von Produktivkräften und technischen Mitteln – jedoch durch einen Rückbau der technischen Möglichkeiten geschähe, statt durch ihre zweckmäßige bewusste Anwendung und Weiterentwicklung, landen wir angesichts der bereits unwiderruflich zerstörten natürlichen Ressourcen wahrscheinlich noch stärker in Notdurft, Mangel und der „alten Scheiße“.

3 Reduzierte Dialektik

Möchte man die Pohrtsche Theorie bewerten, so fällt als erstes auf, dass bestimmte Kennzeichnungen des entwickelten Kapitalismus fragwürdig sind. So haben die Monopole bzw. die Aktiengesellschaften die gegenseitige Konkurrenz nicht aufgehoben und auch die Einverleibung neuer Sphären der Kapitalverwertung (territorial, Natur, Biologie, Informationssphäre…) ist noch längst nicht abgeschlossen.

Es fällt auch auf, dass Pohrt i.a. der historisierenden Lesart der Marxschen Theorie folgt, indem er die Marxschen Aussagen bezüglich der Zirkulation auf vor- oder frühkapitalistische Zeiten und jene zur Produktion auf entwickelte kapitalistische Zeiträume verlegt.

Aus der Sicht einer dialektischen Betrachtung gilt für Pohrt, dass er viele Züge dialektischen Denkens aufgreift, aber letztlich ihre Möglichkeiten nicht ausschöpft. Dies wird vielleicht erst anhand einer umfassenderen Konzeption, die ich in diesem Text noch nicht darstellen kann (das folgt vielleicht später), deutlicher. Auffallend ist die „Schließung der Dialektik“ beim Erreichen der „Totalität“, wie sie sich letztlich bei Hegel durchaus finden lässt und zusätzlich sogar das Konstatieren einer Erstarrung durch den Verlust der Widersprüchlichkeit, die neuen Widersprüchen oder neuen Ausprägungen alter keinen Raum lässt.

Dass Pohrt die Naturverhältnisse nur als zivilisatorisch zu überwindende darstellt, reiht ihn in die Reihe unkritischer Fortschrittsapologeten ein und wird den bekannten ökologischen Problemen und Begrenzungen nicht gerecht. Spätestens hier wächst dem Kapital (wenn nicht der menschlichen Zivilisation als solcher) wieder ein Gegensatz entgegen, der heute unbedingt betrachtet werden muss.

In seinen Ausführungen schwankt Pohrt zwischen der zustimmenden Referierung der dialektischen Positionen von Marx, z.B. bei der Frage nach der zivilisatorischen Notwendigkeit des Kapitalismus, und der eher enttäuschten Zustandsbeschreibung seiner Gegenwart hin und her. Es scheint so, verfolge er einerseits über viele Dutzend Seiten seine eigenen früheren Hoffnungen, deren Scheitern er letztlich aber doch nicht verhehlen kann.

Wenn man dem Grundtenor dieser Arbeit folgt, bleibt uns theoretisch nichts mehr zu tun:

„Der Worte sind genug gewechselt – Lasst mich nun endlich Taten sehn!“

(New York, 2011)


(Literatur im früheren Beitrag)