Der folgende Text entstand schon vor einigen Jahren für eine „Alternative Uni“ in Jena. Ich stelle ihn jetzt online, weil wir uns in unserem „Fragend-Voran-Heft“ zum Thema Technik darauf beziehen… Er steht unter dem Titel:
Studierst du noch – oder begreifst du schon?
Von Kritik der Wissenschaft und Kritischer Wissenschaft
Vor über 200 Jahren stellte Friedrich Schiller die Frage „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?“ Diese Frage gilt für alle Bildungs- und Studienwege und wird immer wieder praktisch beantwortet, auch wenn viel zu selten ernsthaft darüber nachgedacht wird. Wer stellt denn heute noch – wie einst Schiller – in Frage, dass in der akademischen Welt wie in der Wirtschaft Konkurrenzdenken statt Zusammenarbeit vorherrscht. Wer wundert sich noch, dass Belohnungen von außen, wie das Erringen von Scheinen für die Studies und ein excellenter Zitierindex für die Profs statt Interesse und Begeisterung am Gegenstand als Motivation herhalten müssen. Es ist normal geworden, dass manch Wissenschaftler nach seinen ersten Ergebnissen krampfhaft darauf achtet, dass diese nie wieder in Frage gestellt werden anstatt begeistert Neues, das die bisherigen Ergebnisse in Frage stellt, zu fördern. Die Antwort auf die Frage wird in der Praxis gegeben: „Philosophische Köpfe“ – so die Bezeichnungen Schillers für entsprechende Haltungen gegenüber der Wissenschaft – können keine Drittmittel einwerben, nur „Brotgelehrte“ werden einen Job finden.
Diese verschärfte ökonomische Erpressbarkeit in der Zeit des neoliberal entfesselten Kapitalismus ist wohl auch der Grund dafür, dass „der etablierten wissenschaftlichen Praxis… nicht mehr eine Wissenschaftskritik entgegen [tritt], welche mit dem Anspruch auf die „bessere Wissenschaft“ auftritt… Auch wird keine inhaltliche Wissenschaftskritik mehr geübt.“ (Wolf 2004) Wenn wir schon verzweifelt darum kämpfen, für das, was wir angeboten bekommen, nicht auch noch Studiengebühren bezahlen zu müssen, bleibt kein Bedenken mehr gegenüber dem, was wir erhalten möchten. Die neuen Studienbedingungen tun ein Übriges, um alle Zeit- und Kraftressourcen aufzuzehren, die wir bräuchten, um das, was wir beigebracht bekommen, kritisch zu werten und eventuell gar noch ein Gegenkonzept zu entwickeln. Die Bildungsinhalte werden sakrosankt, das einst vorhandene kritische Wissen geht über die Studentengenerationen hinweg verloren. Andererseits wäre es doch auch ein Motiv, die Qualität dessen, für das wir auch noch Geld ausgeben sollen, ganz besonders zu hinterfragen. Aber dabei wird es eine Rolle spielen, ob wir aus der Sicht der Brotgelehrsamkeit oder des philosophischen Kopfes fragen.
Feministische Wissenschaftskritik
Auf jeden Fall brauchen auch philosophische Köpfe eine Lebensgrundlage. Wer die in der akademischen Welt sucht, sollte – vor allem in den „harten“ Naturwissenschaften – in bestimmten Ländern zuerst einmal männlich sein. „In Italien und in der Türkei 25% sind aller Physikstudierenden und aller Physikprofessuren weiblich – der Frauenanteil an Physikprofessuren in der Bundesrepublik beträgt aber nur 0,5% bei 10% Physikstudentinnen“ (Frank 1998). Seit Ende der 70er Jahre geht es aber auch vielen Frauen nicht mehr nur um das brotgelehrte Dabeisein-Dürfen, sondern sie stellen Inhalte, Methoden und Konsequenzen der Wissenschaft kritisch in Frage (Heinsohn 1999: 46).
Das bezieht sich auf die Inhalte der jeweiligen Wissenschaft, die durch geschlechtsspezifische Fragestellungen bestimmt werden sowie auf die Methoden, die den forschenden Menschen mehr oder weniger von seinem Untersuchungsgegenstand isolieren. Für die eher „weiche“ Wissenschaft Biologie ist es mittlerweile in vielen Fälle nachgewiesen, dass sogar bessere Ergebnisse erreicht werden, wenn vom eigentlich vorgeschriebenen Weg abgewichen wird. Die Arbeit der Nobelpreisträgerin Barbara McClintock ist so ein prominenter Fall. Sie legt Wert darauf, ein „Gefühl für den Organismus“ zu entwickeln und „das Material sprechen lassen“, ihm erlauben „einem zu sagen, was als nächstes zu tun sei“ (nach Fox Keller 1989: 293f.). Im Bereich der Medizin entwickelten sich aus den kritischen Ansätzen Bewegungen für ein alternatives Herangehen an Themen der Frauengesundheit; Frauengesundheitszentren wurden verwirklicht. In der Geschichtswissenschaft melden sich vermehrt Frauen zu Wort, die die männliche Deutungsdominanz kritisieren und beispielsweise feststellen, dass in der Geschichte der Frauen eine andere Periodisierung erforderlich ist als in der gängigen politische Geschichte. (Lerner 1989: 344; Harding 1989: 429)
Ökologische orientierte Wissenschaftskritik
Die inhaltliche und methodische Wissenschaftskritik, die vom Verhältnis von Gender (soziales Geschlecht) und Wissenschaft ausgeht, trifft sich in vielen Punkten mit der ökologisch orientierten Wissenschaftskritik. Aus ökologischer Sicht steht vor allem der Standpunkt des Beherrschen-Wollens unter Kritik. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass der Standpunkt der Objektivität das erkennende Subjekt zu radikal von den zu untersuchenden natürlichen Zusammenhängen isoliert. Auch der Verlust an Naturqualitäten durch die Quantifizierung der messenden und rechnenden Naturwissenschaften wird beklagt. So schreibt beispielsweise Karen Gloy: „Aus der Fülle der Wesensbestimmungen, die nicht nur quantitative Merkmale, sondern auch qualitative, nicht nur äußere, sondern auch innere umfaßt, wird eine bestimmte Klasse ausgesondert, die der quantitativen, welche der Messung, Zählung und dem Wägen zugänglich sind.“ (Gloy 1995: 174) Die Beziehung zur Natur wird auf den instrumentellen Aspekt reduziert, Natur wird nicht in ihren Eigenarten erforscht, sondern bereits im Erkenntnisprozess im Labor so zugerichtet, dass sie durchweg nur als von Menschen beherrscht auftritt. Die Patentierbarkeit neuer Lebensformen ist nur ein Ausdruck dieser Herangehensweise: „Wir kennen doch die Herangehensweise, Leben nur als chemische Verbindung oder Informationscode anzusehen. Deswegen ist die Entscheidung des Patentamtes eigentlich keine Abweichung von der Sichtweise des Lebens, welche Wissenschaft und Industrie entwickelt haben.“ (Rifkin 1987: 52)
Politische Wissenschaftskritik
Herrschaft ist vor allem eine politische Kategorie. Sie löst sofort Gedanken zur Rolle politischer Herrschaft für die Wissenschaft aus. Auffallend ist auf den ersten Blick, dass ca. 60% aller Forschungsaufwendungen im Militärbereich anfallen. (BICC-Jahrbuch 2004) Wieweit auch die im kommerziellen Bereich tätigen WissenschaftlerInnen immer mehr destruktive Kräfte stärken statt fortschrittlich wirkende Erkenntnisse zu gewinnen, wird noch weitgehend verdrängt. Hier, im Bereich der realen militär-ökonomisch-politischen Macht, erhalten wir auch die Erklärung des erstaunlich unterschiedlichen Frauenanteils in der BRD und der Türkei. Elisabeth Frank erklärt: „Gerade in hochtechnisierten Ländern sind diese Wissenschaften eng mit Macht verknüpft, wirtschaftlicher Macht, militärischer Macht, politischer Macht, Männermacht.“ (Frank 1998)
Leider beschränkt sich der Einfluss der herrschenden kapitalistischen Gesellschaftsform auf die Wissenschaft nicht nur auf ihren missbräuchliche Nutzung und eine einseitige Steuerung der Ziele wissenschaftlichen Forschens. Dass auch die Methoden und Inhalte von gesellschaftspolitisch einseitigen Interessen bestimmt sind, zeigt sich in den Sozialwissenschaften noch am deutlichsten. Typisch für eine inhaltliche Deformierung ist hier die Naturalisierung gesellschaftlicher Bestimmtheiten als anthropologische Konstanten. Bürgerlich-kapitalistische Formen der Arbeit, der Kommunikation, der gesellschaftlichen Beziehungen, des Verhaltens und der Individualitätsformen werden als „allgemein-menschliche“ dargestellt. „Kritik“ wird nur zugelassen unter der Voraussetzung, die Bedingungssetzung durch die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht mit zu hinterfragen.
Für die Naturwissenschaften ist die Analyse des Einflusses der kapitalistischen Gesellschaft schwerer. In den eher „weichen“ Wissenschaften wie Biologie und Medizin wurden dazu bereits wichtige Arbeite geleistet. Für die „harten“ Wissenschaften wie Physik oder auch Mathematik fällt das schwerer. Der Ausgangspunkt vieler Kritiken ist die Überlegung Alfred Sohn-Rethels, dass sich die abstrakte Tauschlogik der kapitalistischen gesellschaftlichen Verhältnisse auf die Methode der Naturwissenschaft übertragen habe. (Sohn-Rethel 1972) Die „soziale Konstruiertheit“ der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse wird gegenwärtig vor allem durch die „Science Studies“ untersucht (vgl. Scharping 2001).
Für Gernot Böhme ist das „Ende des Baconschen Zeitalters“ gekommen, weil nicht mehr auf einen Zusammenhang zwischen wissenschaftlichem und gesellschaftlichem Fortschritt vertraut werden kann (Böhme 1993). Noch skeptischer fragt Sandra Harding: „Ist es überhaupt möglich, Wissenschaften, die offensichtlich so tief mit westlichen, bürgerlichen und männlich do-minierten Zielvorstellungen verbunden sind, für emanzipatorische Zwecke einzusetzen?“ (Harding 1990, S. 7)
Kritisches Unterscheiden
Unter „Kritik“ kann das Beurteilen einer Sache oder Ansicht verstanden werden. Das griechi-sche Verb „kritein“ verbindet das Beurteilen mit dem (Unter-)Scheiden. Seit Kant bezieht sich diese Unterscheidung vor allem darauf, zwischen dem Erkennen und den die Erkenntnis ermöglichenden Bedingungen zu unterscheiden. Erkennen ist nicht voraussetzungslos – die Voraussetzungen selbst müssen thematisiert werden.
Für eine Kritik der Wissenschaften ist die Aufzählung missbräuchlicher und deformierender Erscheinungen und der Nachweis der Verursachung dieser Deformierung durch die kapitalistische Gesellschaft nicht hinreichend. Erforderlich ist auch eine grundlegende Bestimmung des Inhalts und der Aufgabe von Wissenschaft.
Unterscheidung von Wissenschaft und Weltbild
Zum Erbe der Aufklärung gehört es, dass das Weltbild wissenschaftlich fundiert sein soll. Aber damit ist keine Identifizierung von Wissenschaft und Weltbild gerechtfertigt. Der Gegenstand jeder Wissenschaft ist eingeschränkt, Aussagen über „die Welt als Ganzes“ können nie durch die Wissenschaft vollständig gebildet werden. Beispielsweise beschreibt die Newtonsche Physik von vornherein lediglich die Bewegungsmöglichkeiten bestimmter physikalischer Körper unter bestimmten Bedingungen. Aussagen über eine mögliche „Welt als Mechanismus“ gehören nicht in ihren Gegenstandsbereich und sind kurzschlüssig auf weltanschauliche Fragen übertragen worden. Die vielzitierte „Mechanisierung der Welt“ geschah nicht durch Newton, der die Grenzen seiner wissenschaftlichen Aussagen wohl sah – es war Voltaire, der aus der wissen-schaftlichen Theorie ein umfassendes Weltbild ableitete (Borzeszkowski, Wahsner 1980). Auch die modernsten physikalischen Theorien, die sich als „Theory of Everything“ darstellen, überziehen ihre methodisch bestimmten Grenzen.
Besonderheit wissenschaftlicher Tätigkeit
Eine weitere Unterscheidung bezieht sich auf die Besonderheit der wissenschaftlichen Arbeit im Gesamtkontext gesellschaftlicher Arbeit. Arbeit im Allgemeinen verändert die Welt im Interesse der menschlichen Lebensbedürfnisse. Wissenschaft hat in diesem Kontext die Funktion, die objektive Veränderbarkeit zu erkunden (Laitko 1979: 84). Mit dieser Bestimmung der Wissenschaften ist auch die angebliche Wertfreiheit der Wissenschaft zurück zu weisen. Wenn nach Veränderbarkeit gefragt wird, sind Interessen an bestimmten Veränderungen vorausgesetzt. Derzeit werden interessebestimmte Entscheidungen über Machtverhältnisse reguliert und bestimmt – in einer menschlichen, freien Gesellschaftsform werden diese Interessen in freien Vereinbarungen der Menschen untereinander abgestimmt werden.
Die Rolle von Erkenntnismitteln
Zum Verständnis der Wirkungsweise von Wissenschaft ist eine weitere Unterscheidung notwendig: Wissenschaftliche Erkenntnis ist nicht ein unmittelbarer Zugriff der Erkenntnissubjekte auf Erkenntnisobjekte – auch kein unvermittelter „Dialog“, bzw. ein Ineinander-Verschwimmen. Wie in allen Arbeits- bzw. menschlichen Tätigkeitsformen werden theoretische und gegenständliche Mittel entwickelt und verwendet. Solche Erkenntnismittel sind beispielsweise die jeweils verwendeten physikalischen Raum- und Zeitvorstellungen (auch im gekrümmten Raum der Allgemeinen Relativitätstheorie wird die Krümmung am Maßstab eines messtheoretisch vorausgesetzten ebenen Minkowskiraumes bestimmt). Gerade die Untersuchung der jeweils verwendeten Erkenntnismittel kann wissenschaftskritische Untersuchungen fundieren, denn sie begründet die Begrenztheit des Anwendungsbereiches jeder möglichen wissenschaftlichen Theorie.
Unterschiedliche Erkenntnistypen
Wissenschaftliche Erkenntnis befindet sich im Spannungsfeld zwischen Tatsachenfeststellung und Spekulation. Sie bezieht sich auf die Tatsachen der gegebenen Realität, bildet sie aber nicht einfach verdoppelnd ab. Sie erfasst die Tatsachen nach Maßgabe theoretischer Vorüberlegungen, aber konstruiert sie nicht willkürlich. Der bereits genannten Aufgabe der Wissenschaft, die Veränderbarkeit zu untersuchen, wird sie nur gerecht, wenn sie nicht nur das Gegebene sieht, sondern das Gegebene nach Maßgabe seiner Veränderbarkeit untersucht. Die Veränderbarkeit hat dabei zwei Horizonte: Wir unterscheiden dabei zwischen (Veränderungs-)Möglichkeiten innerhalb gegebener Rahmenbedingungen und zwischen der Möglichkeit, die Rahmenbedingungen selbst zu verändern.
Alle Beziehungen in Natur bzw. Gesellschaft beruhen auf qualitativ bestimmten Verhältnissen, deren Existenz unter Bedingungen steht. Wenn diese Bedingungen nicht gegeben wären, würden nicht diese Verhältnisse (mit bestimmten Gesetzmäßigkeiten) existieren, sondern andere. Zusätzlich gibt es innerhalb dieser bestimmten Verhältnisse ein Feld möglicher Zustände, bei denen die grundsätzlichen Existenzbedingungen vorausgesetzt, aber nicht verändert werden. Die Einzelwissenschaften, welche Theorien auf Grundlage von gesetzmäßigen Beziehungen behandeln, thematisieren lediglich die Möglichkeiten innerhalb vorgegebener Rahmenbedingungen (vgl. den Gesetzesbegriff nach Hörz 1974: 365/366). Wissenschaftliche Gesetze haben zum Inhalt nicht die Bewegung eines bestimmten konkreten Gegenstands, sondern erfassen die unter den gegebenen Rahmenbedingungen notwendigen Verhaltensmöglichkeiten aller Gegenstände eines bestimmten Gegenstandsbereiches (vgl. Schlemm 2005a: 232). Bezüglich der Rahmenbedingungen ist das Möglichkeitsfeld notwendigerweise festgelegt. Aber immerhin gibt es ein Möglichkeitsfeld innerhalb der Rahmenbedingungen. Zur Kenntnis wissenschaftlicher Gesetze gehört jedoch auch die Kenntnis der Bedingungen für ihre Existenz und Wirkung. Auch solche Bedingungen sind veränderbar, bzw. verändern sich im Verlaufe der Zeit, so dass andere Gesetze zur Wirksamkeit gelangen als vorher. Das Erkennen von wissenschaftlichen Gesetzen beinhaltet also 1. das Feststellen von verwirklichten Möglichkeiten („Tatsachen“), 2. die Erkundung des Möglichkeitsfeldes innerhalb fester Rahmenbedingungen und 3. die Angabe der Rahmenbedingungen, wodurch wir wissen können, welche Rahmenbedingungen verändert werden müssen, wenn andere als die gerade wirkenden Gesetze zur Wirkung gelangen sollen. Auf diese Weise enthält wissenschaftliche Erkenntnis verschiedene Horizonte für Handlungsorientierungen:
- „Sei realistisch!“ – Anerkennung der faktischen „Realität“
- „Erkenne das Mögliche!“ (innerhalb der gegebenen Bedingungen)
- „Verändere die Rahmenbedingungen“
Diese verschiedenen Typen von Erkenntnishorizonten beziehen sich nicht nur negativ aufeinander, sondern ergänzen sich. Wenn ich etwas verändern will, muss ich die zu verändernden Tatsachen kennen. Die Wahrnehmung der Tatsachen ist jedoch bereits abhängig vom Erkenntnisinteresse und den verwendeten Erkenntnismitteln. Wenn der 1. Erkenntnistyp verabsolutiert wird, entsteht ein empiristisch-positivistisches Wissenschaftsverständnis. Der 2. Erkenntnistyp ermöglicht die Erkenntnis statischer oder prozessualer gesetzmäßiger Zusammenhänge, d.h. die Erfassung von Möglichkeiten innerhalb fester Rahmen (z.B. die möglichen Bahnen von Planeten in einem Gravitationsfeld). Erst der 3. Erkenntnistyp interessiert sich auch für Entwicklungszusammenhänge, die qualitative Umbrüche in den Rahmenbedingungen mit erfassen, bei denen sich die wesentlichen Beziehungen grundlegend verändern.
Kritische Wissenschaft
Die einzelnen Natur- und Gesellschaftswissenschaften haben ihren Kernbereich im zweiten Erkenntnistyp. Sie fußen auf der Erkenntnis von allgemein-notwendigen Gesetzmäßigkeiten für bestimmte Gegenstandsbereiche unter gegebenen Bedingungen. Sie machen deshalb Aussagen über Verhaltensmöglichkeiten, die unter den gegebenen Bedingungen notwendigerweise vorhanden sind. Einzelne Tatsachen realisieren dadurch gegebene Möglichkeiten. Da die Kenntnis von Gesetzen auch die Kenntnis ihrer einschränkenden Bedingungen einschließt, ist speziell in den Gesellschaftswissenschaften damit auch das Wissen über die Veränderbarkeit dieser Rahmenbedingungen gegeben.
Wissenschaft wird dann kritisch, wenn sie ihre Beschränkungen selbst mit reflektiert (vgl. Horkheimer 1937/1992: 216). Dies bezieht sich einerseits auf die Gesellschaftlichkeit aller Erkenntnistätigkeit und die daraus folgende Historizität und Interessebezogenheit aller Wissenschaft (z.B. als „situiertes Wissen“ nach Haraway 1995: 80). Andererseits sind aber auch die epistemischen Beschränkungen wie die Verwendung von Erkenntnismitteln zu thematisieren. Politisch interessierte Wissenschaftskritik würde sehr viel gewinnen, die epistemologische Wissenschaftsanalyse ernst zu nehmen und Wissenschaften nicht pauschal zu verurteilen. Die Aufgabe besteht eher darin, die Wirkung gesellschaftlicher Einflüsse auf die Erkenntnismittel in sehr differenzierter Weise zu analysieren.
Kritische Wissenschaft kann die oben gegebene allgemeine Bestimmung von Wissenschaft, nämlich die Veränderbarkeit zu erkunden, übernehmen. In diesem Sinne ist auch gewährleistet, dass sie als Wissenschaft von vornherein kritisch gegenüber der Vorstellung ist, etwas sei unveränderbar. Diese Kritik bezieht sich aber nicht nur auf die Tatsachen der realen Welt, sondern auch auf die jeweilige Funktionsweise der Wissenschaft selbst. „„Unkritische Wissenschaften“ – das ist ein Oxymoron, ein Widerspruch in sich. Jede Wissenschaft beansprucht für sich, indem sie sich mit anderen Ansätzen, Ergebnissen und Methoden auseinander setzt, kritisch zu sein.“ (Kaindl 2004: 7) Diese Kritik wiederum orientiert sich an zwei verschiedenen Fragestellungen: die eine ist die nach dem Einfluss der jeweiligen Gesellschaftsformbestimmtheit der wissenschaftlichen Arbeit in einer bestimmten Zeit, die andere reflektiert die Entwicklung der jeweiligen Erkenntnismittel und ihrer jeweiligen Sachangemessenheit.
Kritik gegenüber den als unveränderbar angenommenen Tatsachen und gegenüber den gesellschaftlichen und erkenntnistheoretischen Voraussetzungen (sowie deren Zusammenhängen) ist keine freiwillige zusätzliche Aufgabe, sondern gehört unabdingbar zum Wesen wissenschaftlicher Erkenntnis. Was die Brotgelehrten treiben, wenn sie ihren Job tun, ist alles mögliche, aber nicht wirklich Wissenschaft.
Literatur
BICC-Jahrbuch 2004: Bonn International Center for Conversion (BICC): Verschiebung der Prioritäten bedroht die menschliche Sicherheit. http://www.interconnections.de/id_6496.html (Zugriff 6.August.06)
Böhme, Gernot (1993): Am Ende des Baconschen Zeitalters. Frankfurt: Suhrkamp.
Borzeszkowski, Horst-Heino von; Wahsner, Renate (1980): Newton und Voltaire. Zur Begründung und Interpretation der klassischen Mechanik. Berlin: Akademie-Verlag.
Fox Keller, Evelyn (1989): Feminismus und Wissenschaft. In: Denkverhältnisse. Feminismus und Kritik. (Hrsg. v. Elisabeth List und Herlinde Studer.) Frankfurt am Main: Suhrkamp. S. 281-300.
Frank, Elisabeth (1998): Das Weib schweige in der Physik ! http://www.elisabethfrank.de/Allgemeine_Informationen/Auszuge_aus_gehaltenen_Vortrag/Das%20Weib%20schweige%20in%20der%20Physik%20erweitert.htm. (Zugriff 13. Mai 2006)
Gloy, Karen (1995): Das Verständnis der Natur. Erster Band. Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens. München: Verlag C.H.Beck.
Haraway, Donna (1995): Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen. Frankfurt am Main, New York: Campus.
Harding, Sandra (1989): Geschlechtsidentität und Rationalitätskonzeptionen. Eine Problemübersicht. In: Denkverhältnisse. Feminismus und Kritik. Hrsg. v. Elisabeth List und Herlinde Studer. Frankfurt am Main: Suhrkamp. S. 425-453.
Harding, Sandra (1990): Feministische Wissenschaftstheorie. Zum Verhältnis von Wissenschaft und sozialem Geschlecht. Hamburg: Argument-Verlag 1990.
Heinsohn Dorit (1999): Feministische Naturwissenschaftskritik. In: FORUM Wissenschaft. Nr. 2. Apri 1999. S. 46-51.
Hörz, Herbert (1976): Marxistische Philosophie und Naturwissenschaften. (2. Auflage) Berlin: Akademie-Verlag.
Horkheimer, Max (1937/1992): Traditionelle und kritische Theorie. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
Kaindl, Christina (2004): Vorwort: Kritische Wissenschaften im Neoliberalismus. Marburg: BdWi-Verlag. Forum Wissenschaft Studien 49. 2005. S. 7-10.
Laitko, Hubert (1979): Wissenschaft als allgemeine Arbeit Zur begrifflichen Grundlegung der Wissenschaftswissenschaft. Berlin: Akademie-Verlag.
Lerner, Gerda (1989): Welchen Platz nehmen Frauen in der Geschichte ein? Alte Definitionen und neue Aufgaben. In: Denkverhältnisse. Feminismus und Kritik. Hrsg. v. Elisabeth List und Herlinde Studer. Frankfurt am Main: Suhrkamp. S. 334-352.
Rifkin, Jeremy (1987): Von Schweinen, Toastern und Genen. Ein Interview mit Jeremy Rifkin. In: FORUM Wissenschaft. Nr. 2, 1987. S. 52-54.
Schiller, Friedrich (1789): Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? Reprint des Erstdr. der Jenaer akademischen Antrittsrede aus dem Jahre 1789. Jena: Bussert 1996.
Scharping, Michael (Hrsg.) (2001): Wissenschaftsfeinde? „Science Wars“ und die Provokation der Wissenschaftsforschung. Münster: Westfälisches Dampfboot.
Schlemm, Annette (2005a): Wie wirklich sind Naturgesetze? Auf Grundlage einer an Hegel orientierten Wissenschaftsphilosophie. Münster: LIT-Verlag.
Schlemm, Annette (2005b): Um welches Wissen geht es? Von radikaler Wissenschaftskritik und der Suche nach neuen Weisheiten. In: Wissen und Bildung in der modernen Gesellschaft. Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e.V. Leipzig 2005. S. 167-179.
Sohn-Rethel, Alfred (1972): Geistige und körperliche Arbeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Wolf; Frieder Otto (2004): Der Kaiser ist nackt. ÖH_Magazin (Österreichische HochschülerInnenschaft) 06/2004. http://oeh.ac.at/oeh/progress/109769367851/109769740825/109769890618 (Zugriff 13. Mai 2006).
Oktober 22, 2011 at 7:46 pm
Ein sehr informativer Text 🙂
Wie jedoch konnte seine Verfasserin auf die vulgär-materialistische Formulierung vom „Wirken von Gesetzen“ hereinfallen?
Oktober 23, 2011 at 10:47 am
Ich denke, es ist hier nicht „vulgär-materialistisch“ gemeint, sondern: Wenn die Bedingungen nicht gegeben sind, ist der (allgemein-notwendige, wesentliche) Zusammehhang, den ein Gesetz darstellt, nur (abstrakt-)möglich, wenn sie gegeben sind, wird es real-möglich, sprich wirklich. Wirkliche Gesetze „wirken“ in sofern, als die Zusammenhänge real gegeben sind und tatsächlich auch etwas bewirken. Natürlich ist immer zu unterscheiden zwischen den objektiv-realen Zusammenhängen da draußen in der Welt und unserem Wissen davon. Wenn dieses Gesetzeswissen gemeint ist, kann es natürlich nicht direkt „wirken“. Aber das Wort „wirken“ für die reale gegenseitige Beeinflussung von Gegenständen in der Welt entsprechend den allgemein-notwendigen Zusammenhängen sollte schon sinnvoll sein.
Oktober 23, 2011 at 12:31 pm
Betrachten wir die Keplerschen Gesetze. Sie beschreiben (näherungsweise) gewisse Eigenschaften der Planetenbahnen um die Sonne. Keins von ihnen bewirkt etwas oder ist Ursache von etwas, sondern alle drei sind die Folge dessen, dass die – ich bleibe einfachheitshalber im Rahmen der Newtonschen Mechanik – Anziehungskraft zwischen der Sonne und den Planeten (näherungsweise) umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes ist, die Sonne sehr viel größer als die Planeten ist, die Planeten weit voneinander entfernt sind u.a.m.
Wirken tut allein die Gravitationskraft, keine Beschreibung und auch kein „Darsteller“.
Ich stimme natürlich zu, dass zu jedem Gesetz seine Existenzbedingungen gehören; ohne Körper keine Stöße, keine Keplerschen Gesetze.
Dein letzter Satz:
„Aber das Wort „wirken“ für die reale gegenseitige Beeinflussung von Gegenständen in der Welt entsprechend den allgemein-notwendigen Zusammenhängen sollte schon sinnvoll sein.“
drückt ebenfalls aus, dass die Zusammenhänge beschreiben, jedoch nicht selbst wirken.
Oktober 24, 2011 at 11:49 am
Ich habe die Vermutung, dass Sie als „Gesetze“ die erkannten Zusammen
hänge in ihrer Wissensform verstehen, also nur ihre subjektive Fassung. Ich dagegen gehe davon aus, dass die Zusammenhänge, die durch solche Gesetze beschrieben werden, auch objektiv-real existieren. Die scheinbare Alternative, dass es die GravitationsKRAFT sei, die tatsächlich wirke, hilft nicht viel, denn letztlich hat die genaue Bestimmung dessen, was eine Kraft ist, auch diese beiden Momente: die objektive: es geht um die wirkliche, reale Wirkfähigkeit der Objekte – und eine subjektive: dass wir diese Wirkfähigkeit abbilden, ob als Kräfte oder als Feldwirkung oder irgendwie anders (heute oft mit Symmetrien). Wie wir das tun, hängt mit der Bestimmung der jeweiligen Grundgrößen in der verwendeten Theorie zusammen. Der Kraftbegriff, verwendet für die Planetenbewegung, setzt erkenntnistheoretisch die Newtonschen „Axiome“ voraus, er wird geradezu dadurch definiert.
Ich will mich hier nicht rausreden, dass „Gesetze wirken“ tatsächlich eine sehr unglückliche Formulierungen ist, die ich mir abgewöhnen sollte. Aber ganz genau genommen, ist alles noch viel komplizierter und wenn man gezwungen ist, die präzise Darstellung abzukürzen in einer konkreten Fragestellung, wirds so oder so meistens „falsch“.
Oktober 24, 2011 at 7:50 pm
Da bei Annettes Antwort kein Antwort-Knopf ist, antworte ich Ihr hier. –
Ich sehe die Keplerschen Gesetze in ihrer Formulierung durch den Menschen als Widerspiegelung von Eigenschaften der Planetenbewegung, die unabhängig vom Menschen sind.
Ebenso unabhängig vom Menschen sind die Wechselwirkungen in der Physik – anthropomorph sind die Konzepte ihrer Beschreibung: Kraft, Potenzial,…
Nach Jammer ist das Konzept der Kraft älter als die Newtonschen Axiome, und deren Definition der Kraft (wenn man – wie Sommerfeld u.a. – das 2. Axiom dafür hält) ist nicht das Ende der Entwicklung.
Oktober 23, 2011 at 3:20 pm
Nachtrag: Ich habe vorhin vergessen, den Hintergrund meiner Wortwahl „vulgär-materialistisch“ anzuführen. – In den 1960er Jahren war „Gesetze wirken“ üblich im offiziellen Sprachgebrauch in der DDR. Man wollte wohl die Staats- und Parteipolitik rechtfertigen. Das hat Annette ja nicht selbst erlebt, und ich wollte ihr kein solches Anliegen unterschieben.
Oktober 24, 2011 at 12:01 pm
Doch, das habe ich schon erlebt. Das hat aber nicht nur was mit Politik zu tun, sondern auch mit allgemein verkürzendem Denken. Auch über die Rolle der Politik hab ich mal was geschrieben unter: http://www.thur.de/philo/gesetzddr.htm.
Der Gesetzesbegriff war schon zu DDR-Zeiten einer meiner Schwerpunkte, und er wurde auch ab 2000 der Schwerpunkt meiner phil. Dissertation, wo ich leider nur einen Bruchteil der dazu interessanten Fragestellungen „abarbeiten“ konnte (die Frage, ob und was von Gesetzen in der objektiven Realität steckt und was wie und warum unser Erkenntnisprozess aktiv dazu beiträgt). Ich hab das dann leider nie richtig weiter verfolgt, weil es kein Schw… interessiert hat…
Oktober 24, 2011 at 7:54 pm
http://www.thur.de/philo/gesetzddr.htm ist ein interessanter Text, der viele Einzelheiten enthält, die ich noch nicht kannte. Zu einigen würde ich Widerspruch anmelden, wenn es interessiert, wenngleich lieber später…
Oktober 24, 2011 at 12:46 am
„Aus ökologischer Sicht steht vor allem der Standpunkt des Beherrschen-Wollens unter Kritik.“
Das finde ich oft seltsam, so als ob „Beherrschung“ ein böser Dämon wäre. Dabei gehts z.B. bei Engels „Dialektik der Natur“ um die Entwicklung der Fähigkeit, den Stoffaustausch mit der Umwelt in einer Weise zu beherrschen, die wir heute „nachhaltig“ nennen würden.
http://hhirschel.wordpress.com/2007/07/17/sich-okologisch-beherrschen-lernen/
„Auch der Verlust an Naturqualitäten durch die Quantifizierung der messenden und rechnenden Naturwissenschaften wird beklagt. So schreibt beispielsweise Karen Gloy: „Aus der Fülle der Wesensbestimmungen, die nicht nur quantitative Merkmale, sondern auch qualitative, nicht nur äußere, sondern auch innere umfaßt, wird eine bestimmte Klasse ausgesondert, die der quantitativen, welche der Messung, Zählung und dem Wägen zugänglich sind.“ (Gloy 1995: 174) “
Um z.B. bestimmte Erkenntnisse zu gewinnen, die der Schaffung und Verteidigung der Möglichkeit voll romantischer Naturerlebnisse notwendig sind. Die Refektion der eigenen Wahrnehmungsgrenzen (wie du ja auch später so schön schreibst) ist ja ureigenste Aufgabe von Wissenschaft. Die Verallgemeinerung punktuell gültiger Misslichkeiten eher nicht. Höchstens als ihr Gegenstand.
„Die Beziehung zur Natur wird auf den instrumentellen Aspekt reduziert, Natur wird nicht in ihren Eigenarten erforscht, sondern bereits im Erkenntnisprozess im Labor so zugerichtet, dass sie durchweg nur als von Menschen beherrscht auftritt.“
Na, so wie das Krokodil in der Ente ja auch nicht das Tier mit dem wunderschönen Gefieder sieht. Wenn ich die Winterkälte aussperre beherrsche ich eine Überlebenstechnik. Auch die Refektion der zerstörerischen Seiten moderner Produktivkräfte (auf Ölbasis) und die Herstellung von Produktonsbedingungen, die es möglich machen, gut zu leben ohne den Naturreichtum zu zerstören, bedarf ja der Wissenschaft.
Oktober 24, 2011 at 12:04 pm
Diese eher wohlwollende Interpretation der Natur-„Beherrschung“ lässt sich heute aber nicht mehr kommunizieren. Und da es keinen Grund gibt, das Begreifen- und Gestaltenkönnen unbedingt mit diesem Wort zu bezeichnen, kann mans auch ruhig weglassen.
Oktober 24, 2011 at 12:35 pm
Kanns nachvollziehen, sehe es aber anders. Ich halte sehr viel davon, den fetischisierten Ideologiegehalt von Begriffen zu entladen und sie möglichst in einem eher profanen Sinne zu nutzen.
Sicher kommt auch moderne Kommunikation nicht ohne (den Fetischcharakter der) Zauberwörter aus wie etwa „nachhaltige Entwicklung“. Aber letztlich benötigt man delailiertere Bestimmungen des jeweils – zu gegebenen Zeit – Gemeinten.
Den Stoffaustausch mit der gesellschaftlichen und natürlichen Umwelt in einer sozial bzw. ökologisch nachhaltigen Weise gestalten zu KÖNNNEN, berührt natürlich die Frage der gesellschaftlichen Macht.
Das Nutzbarmachen von Natur heißt immer Umformung, Zurichtung zu eigenen Zwecken und immer wenn man so will „Herrschaft“. Die entscheidende Frage ist doch, in wie weit die Reproduktionsfähigkeit der Naturumwelt – ob nun als Ressourcen für menschliche Zwecke oder erhalteswürdiger Ökosysteme zugunsten auch aller möglicher anderer Lebewesen – erhalten bleibt. Bleiben kann.
Das setzt hinreichendes Wissen, Empatie und entsprechende soziale Gestaltungsmacht voraus. Ich habe kein Problem damit, im Hinblick auf die Naturnutzung kollektive oder gemeinschaftliche Selbstbeherrschung als Ziel zu formulieren.
Gruß hh
Oktober 24, 2011 at 7:56 pm
„kollektive oder gemeinschaftliche Selbstbeherrschung“ gefällt mir 🙂
Oktober 29, 2011 at 9:54 pm
Naja, Kommunismus ist ja auch so schwierig kommunizierbar .-))
Oktober 30, 2011 at 8:23 am
Zwischenantwort auf
Naja, Kommunismus ist ja auch so schwierig kommunizierbar .-))
Stimmt.
1) Kommunismus = Sowjetmacht – Elektrifizierung des ganzen Landes
2) Das Einfache, das schwer zu machen ist
3) Diejenige Phobie, die sowohl vom „Klassenfeind“, als auch von Stalin befördert wurde
(hätte ohne die Berlin-Blockade Thomas Manns Wort von der Grundtorheit des 20. Jh. Gewicht erhalten?)
4) „Der Kampf ist hart,
und unser Feind
ist clever als wir
und hat sich vereint
und will und einzeln schlagen.“
Biermann
Das stimmt immer noch und war öffentlich zu sehen, als Frau Lötsch das K-Wort ausgesprochen hatte
5) Die Linken haben die Abschaffung des Sozialtickets für den öffentlichen Nahverkehr in Berlin mitgemacht (hier hätte sie notfalls die Koalition verlassen müssen, wie es „die Schnarre“ vorgemacht hat)
Februar 8, 2015 at 8:40 pm
Oder: Kommunismus ist gemeinschaftliche Selbstbeherrschung – auch hinsichtlich des Umgangs mit den Naturressourcen. (Öko-) Kommunismus? Versuch einer Ortsbestimmung in 13 Thesen: https://oekohumanismus.wordpress.com/about/
Februar 9, 2015 at 5:30 pm
Das Dumme war, dass Frau Lötsch das K-Wort bemüht aber nichts Substanzielles zum Thema zu sagen hat.
Oktober 24, 2011 at 8:01 pm
Zusatzfrage:
Welche Theorie berücksichtigt die allgemeinen Eigenschaften des einzelnen Menschen, die auf dem biologischen Imperativ „Ich muss mich vermehren!“ beruhen?
Oktober 25, 2011 at 4:15 pm
Die Kritische Psychologie. Da ist die Problematik der biologischen Reproduktion irgendwo kategorial mit erfasst aber so, dass die Biologie nicht dominiert, sondern deutlich wird, dass Menschen „natürlich gesellschaftlich“ sind.
Die kategoriale Erfassung zeigt dort, dass es den „biologischen Imperativ“ (falls man es schon so bezeichnen will) zwar für die Gattung als Ganzes gilt, menschliche Individuen wie immer eine spezifische Möglichkeitsbeziehung demgegenüber haben (http://www.thur.de/philo/kp/freiheit.htm).
Februar 9, 2015 at 5:33 pm
Es gibt kein biologisches Vermehrungsimerativ.
Januar 12, 2015 at 12:05 pm
Hier sind ein paar Gedanken zum Thema Naturgesetz, die ich aus dem Bauch raus mache und irgendwo an kompetetenter Stelle loswerden wollte: Ich nenne das mal philosophische Wissenschaftskritik:
Der Fall der Naturgesetze (mein neuster Blogbeitrag)
https://hansarandt.wordpress.com/2015/01/12/der-fall-der-naturgesetze/
Ein Naturgesetz ist keine Erklärung der Zusammenhänge in der Natur, wie fälschlicher Weise angenommen wird, sondern eine Beschreibung der Wirklichkeit mittels der formalisierten Sprache der Mathematik.
Als Naturgesetze sind nur solche Vorgänge in der Wirklichkeit beschreibar, die sich auf die eine oder andere Weise wiederholen.
Naturgesetze beschreiben Abhängigkeitsverhältnisse. Diskontinuierliche Phänomene, die unabhängig und frei sind, können nicht als Naturgesetze beschrieben werden.
Die Mathematik ist eine Sprache, in der Verhältnisse beschrieben werden können, sofern sie quantifizierbar sind. Die Mathematik ist eine Sprache, in der ausschließlich Beziehungen und Relationen ausgedrückt werden können. Die Mathematik macht etwas berechenbar, kann aber nichts erklären. Die Beweise in der Mathematik beziehen sich ausschließlich auf die Mathematik selbst, niemals auf die Wirklichkeit,
Der Fall eines Gegenstandes kann idealer Weise auf das Gesetz der Gravitation zurückgeführt werden. Der reale Fall eines Gegenstandes ist darüber hinaus von weiteren Faktoren abhängig.
Die Naturwissenschaft kann beschreiben, wie die Gravitation wirkt, stellt aber nicht einmal die Frage, was die Gravitation eigentlich ist.
Wer es besser weiß, möge sich gerne bei mir melden.
Februar 7, 2015 at 7:46 pm
„Die Naturwissenschaft kann beschreiben, wie die Gravitation wirkt, stellt aber nicht einmal die Frage, was die Gravitation eigentlich ist.“
Zum Glück stimmt das nicht
Februar 7, 2015 at 9:22 pm
Da bin ich aber mal gespannt. Annette Schlemm meint, das stimmt. Aber da du es ja weist, kannst du es eben mal erklären.
Februar 7, 2015 at 10:49 pm
Übrigens, dieser Gedanke ist nicht von mir sondern von Prof. Hoyningen-Hühne (HH). Er ist promovierter Pysiker und jetzt Professor für theoretische Philosophie an der Leibnizuniversität in Hannover. Ich habe im Internet ziemlich jede Vorlesung von Ihm gesehen. Sehr empfehlenswert gerade dann, wenn man sich für die Philosophie der Naturwissenschaft interessiert.
Februar 8, 2015 at 8:40 am
HA: “Die Naturwissenschaft kann beschreiben, wie die Gravitation wirkt, stellt aber nicht einmal die Frage, was die Gravitation eigentlich ist.”
PE: Zum Glück stimmt das nicht
HA: Übrigens, dieser Gedanke ist nicht von mir sondern von Prof. Hoyningen-Hühne (HH). Er ist promovierter Pysiker und jetzt Professor für theoretische Philosophie an der Leibnizuniversität in Hannover. Ich habe im Internet ziemlich jede Vorlesung von Ihm gesehen. Sehr empfehlenswert gerade dann, wenn man sich für die Philosophie der Naturwissenschaft interessiert.
PE: Danke für den Hinweis – die Behauptung stimmt trotzdem nicht. Die Allgemeine Relativitätstheorie ist eine Antwort auf „die Frage, was die Gravitation eigentlich ist“.
Februar 8, 2015 at 11:23 am
Ich höre und bin gespannt. Was sagt da die Allgemeine Relativitätstheorie? Bitte kein Link, ich will wissen ob du das verstanden hast und wie du das verstanden hast.
Februar 8, 2015 at 1:07 pm
Ich stimme zu, dass axiomatische und ähnlich allgemeine Grundlagenfragen immer weniger untersucht werden. In den USA hält man das für überflüssig, und auch hierzulande gibt es immer weniger Geld dafür.
Zur Gravitation:
1) Newton’s Gravitationstheorie ist eine Feldtheorie, analog zur späteren Elektrostatik (die Ausbreitung des Feldes hat er nicht genauer beschrieben, da Keplers 3. Gesetz die statische Kraftformel liefert).
2) Einsteins Gravitationstheorie ist keine Feldtheorie in diesem Sinne: Es gibt kein Gravitationsfeld wie das elektrische Feld.
3) Man kann allerdings die Energie-Impuls-Dichten und -Stromdichten als Quellen eines Feldes (die _Abweichung_ von der Minkowski-Metrik) ansehen, das die Bewegung dieser Dichten gegenüber dem leeren Raum (mit Minkowski-Metrik) ändert.
4) Ich finde schon, dass beide Theorien recht unterschiedliche Antworten auf die Frage geben, was Gravitation eigentlich ist, auch in Hinblick auf die Substanzfrage (gleichwohl ich vermutlich Euren Substanzbegriff nicht kenne).
Februar 8, 2015 at 2:24 pm
Ich kann weder die eine noch die andere Theorie in ihrer vollen Tragweite verstehen, das gebe ich gerne zu. Meine These lautet, dass beide Theorien, die Gravitation beschreiben, wie sie wirkt und dafür auch formeln angeben können, die ihre Wirkung berechenbar machen. Die Frage was sie ist, wird aber nicht beantwortet. Wenn es zu dieser Frage etwas gibt, ist es vielleicht eine Theorie, was sie sein könnte aber HH in Hanover behauptet, dass es auch das nicht gibt und der hat in Physik studiert genauso wie Frau Schlemm, die mir auch recht gibt. Überprüfen kann ich das nicht, dazu fehlen mir die Mittel.
Wittgenstein hat einmal gesagt, wenn man etwas sagen kann, dann kann man es klar sagen. Mir ist bei Ihren Ausführungen leider nichts klar geworden.
Februar 8, 2015 at 4:19 pm
Ich bin zu wenig Philosoph und Sie sind zu wenig Physiker.
Ich halte mich lieber an Heisenberg, der gesagt haben soll, was man einem Mann auf der Straße nicht erklären kann, hat man selbst nicht verstanden.
2. Versuch, in Ergänzung des oben Geschriebenen:
Nach Newton ist die Gravitation eine Wechselwirkung zwischen (schweren) Massen (die sich in allen Körpern befinden). Sie wird durch ein Kraftfeld, das Gravitationsfeld, vermittelt. Die Körper bewegen sich in Raum und Zeit, die beide unabhängig voneinander und von den Körpern und ihren Bewegungen sind. („Absolut“ oder „relativ“ lenkt hier nur ab.)
– Es ist kein Mechanismus bekannt, wie die Massen das Gravitationsfeld erzeugen und wie sie „merken“, dass ein Gravitationsfeld vorhanden ist.
– Es ist kein Mechanismus bekannt, wie sich das Gravitationsfeld ausbreitet.
Nach Einstein ist die Gravitation eine Wechselwirkung zwischen Massen (die sich in der Energie der Körper, aber auch in der Energie von Feldern befinden). Sie wird durch Raum und Zeit vermittelt. Die Energie verändert Raum und Zeit, die umgekehrt die Bewegung der Energie beeinflussen. Es gibt kein Kraftfeld.
– Es ist kein Mechanismus bekannt, wie die Energie Raum und Zeit verändert.
– Raum und Zeit werden nicht durch die Energien erzeugt (d. i. ein Mangel dieser Theorie).
– Es ist unbekannt, was Masse und Energie ist.
Der Zustand ist vergleichbar mit der Elektrizitätslehre, wo auch nicht bekannt ist, was eine elektrische Ladung ist und wie sie mit dem elektromagnetischen Feld wechselwirkt.
Ich kenne auch keine derzeitigen Forschungen hierüber, ob sie derzeit sinnvoll wären, weiß ich nicht (mir scheint, eher nicht). Fall das mit der Behauptung, derzeit werde nicht gefragt, was Gravitation eigentlich ist, gemeint war, stimme ich zu und ziehe meinen anfänglichen Widerspruch zurück 🙂
Februar 8, 2015 at 4:28 pm
Genau das habe ich gemeint, es keine Mechanismus bekannt, der die Gravitation bewirkt und nach ihr wird auch nicht gefragt, genau das habe ich gemeint. Ich denke wir sind uns in dieser Frage jetzt einig.
Februar 9, 2015 at 5:09 pm
„Klar sagen“, das geht aber nur, wenn alle Beteiligten den gleichen Sprachgebrauch haben. Und WissenschaftlerInnen und auch PhilosophInnen haben nun mal eine Fachsprache, und in der geht dann das meiste ihrer Themen wunderbar klar zu sagen. Nicht umsonst begeistern sich MathematikerInnen und auch PhysikerInnen gern an der Schönheit und Eleganz ihrer Formeln, weil die richtig schön klar sind.
Heute musste ich einen Vortrag über zerspanende Fertigungstechniken halten, damit wir uns in der Firma (die eigentlich optische Messtechnik macht) in den Spachgebrauch unserer Kunden hineindenken können. Die Anstrengung, die jeweiligen Sprachen zu lernen und übersetzen zu lernen, kann einer und einem halt niemand abnehmen.
Februar 9, 2015 at 6:51 pm
Wir Physiker können das 🙂
(Habe unlängst mit einer Maschinenbau-Vorlesung ausgeholfen)
Februar 8, 2015 at 3:50 pm
Dumme Frage, wenn ich zwei Massen negen einander lege, dann ziehen sie sich augenscheinlich nicht an, woran liegt das, nur an der Reibung? Ist die Gravitation so schwach? Man muss sich ja auch gar nicht weit vorn der Erde entfernen gemessen an ihrem Umfang um schon die Schwerkraft aufzuheben. Warum ist die ERdumlaufbahn eleptisch obwohl man doch nach Newton erwarten würde dass sie kreisförmig ist.
Februar 8, 2015 at 5:30 pm
HA:
„Dumme Frage, wenn ich zwei Massen negen einander lege, dann ziehen sie sich augenscheinlich nicht an, woran liegt das, nur an der Reibung? Ist die Gravitation so schwach?“
PE:
Im wesentlichen, ja.
HA:
„Man muss sich ja auch gar nicht weit vorn der Erde entfernen gemessen an ihrem Umfang um schon die Schwerkraft aufzuheben.“
PE:
„Sie ist nirgends (außer an einigen Punkten) exakt gleich Null, aber praktisch sind die Astronauten im Weltall schwerelos.“
HA:
„Warum ist die ERdumlaufbahn eleptisch obwohl man doch nach Newton erwarten würde dass sie kreisförmig ist.“
PE:
Newton hat nicht „erwartet“, dass sie kreisförmig ist. Allerdings sieht Zee es als bedeutende Leistung Newtons an, zuzulassen, dass die Symmetrie der Wirkung (elliptische Planetenbahn) kleiner ist als die der Ursache (kugelsymmetrisches Gravitationsfeld der Sonne). Widerspricht das nicht dem Grundsatz „equat causa effectum“? Die Lösung besteht darin, dass die Symmetrie der „Anfangsbedingungen“ (hier genügen Ort und Geschwindigkeit eines Planeten zu irgendeinem Zeitpunkt) berücksichtigt werden muss. (P. Enders, wird publiziert). – Weshalb „kreisförmig“?
Februar 8, 2015 at 5:33 pm
Vielen Dank für die Antworten, was ich aber immer noch nicht verstanden habe, warum sind sie jetzt eliptisch? Weil sie schon ganz am Anfang wliptisch waren, weil Gott das so festgelegt hat? Ich habe es nicht ganz verstanden.
Februar 8, 2015 at 6:37 pm
„Elliptisch“ gilt natürlich nur für diejenigen Körper, die periodisch um die Sonne herum fliegen: die Planeten. Newtons Theorie erlaubt auch Bewegungen von Körpern, die von weither kommen, durch das Schwerefeld der Sonne lediglich abgelenkt werden und danach fernhin entschwinden.
„Kreisförmig“ erfordert spezielle Anfangsbedingungen – weshalb bist Du erpicht darauf?
Februar 8, 2015 at 8:46 pm
Weil ich es wirklich nicht weiß und weil ich es seltsam finde, weil ich immer dachte die Gravitation hinge mit der Masse zusammen und da sowohl die Erde als auch die Sonne beinahe Kreisrund sind würde ich erwarten, dass auch die Umlaufbahn kreisförmig ist. In alten Darstellungen unseres Sonnensystems sind die Umlaufbahnen auch noch kreisrund dargestellt. Zum Beispiel in einer Grafik von Johannes Keppler, der hat das anscheinend auch so vermutet. http://www.rolf-keppler.de/image030.gif
Ich kann mir das wirklich nicht erklären.
Februar 9, 2015 at 5:23 pm
Ja, für Kepler war das wohl wirklich auch erstaunlich. Er versuchte ja wohl zeitweise, die ganze Welt irgendwie in Form der pythagoreischen Körper zu bekommen (http://en.wikipedia.org/wiki/Mysterium_Cosmographicum). Aber wie schrieb ich gestern? Neuzeitliche, messende Naturwissenschaft beendet den Meinungsstreit (zumindest solchen) und verweist auf Messdaten. Da war Kepler dann einfach ein ehrlicher und objektiver neuzeitlicher Naturwissenschaftler.
Februar 9, 2015 at 10:31 pm
Ich bin mir da gar nicht so sicher, dass die neuzeitlichen Naturwissenschaftler immer ehrlich und objektiv sind, dann wären sie so ziemlich die einzigen Wissenschaftler, auf die das zutrifft.
Februar 9, 2015 at 5:19 pm
Zwei klitzekleine Mässchen auf der Erde ziehen sich viel weniger an, als beide jeweils von der Erde angezogen werden.
Was an der Erdanziehung so spannend ist, stell ich mir manchmal vor: Die Erde und ich sind ein System, wir ziehen uns genau genommen gegenseitig an. Wenn ich die Größenordnungen der Kräfte vernachlässige, klebe nicht ich auf der um die Sonne laufenden Erde, sondern ich schwebe frei im Weltall und ziehe die Erde soweit an, dass sie immer neben mir bleibt…
Wieso würde man nach Newton erwarten, dass die Planetenbahnen kreisförmig sind? Die Keplerschen Gleichungen, die auf Ellipsen (und ihren Spezialfall: Kreise) anwendbar sind, sind aus dem Gravitationsgesetz ableitbar. Das ist vielleicht ein gutes Beispiel für das Möglichkeitsfeld: Ein allgemeineres Gesetz (Gravitationsgesetz) sagt nicht voraus, welche der Möglichkeiten, die sich mit ihm beschreiben lassen (Bahnen auf Kegelschnitten), tatsächlich verwirklicht ist. Es können in diesem Fall auf jeden Fall Ellipsen sein. Mehr muss ich nicht wissen, weil das mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Zu rechtfertigen hat sich dann eher die Erwartung, es müssten Kreise sein.
Diese Frage wird übrigens hier ganz gut diskutiert: http://forum.astronomie.de/phpapps/ubbthreads/ubbthreads.php/topics/115861/Warum_Ellipsen?
Februar 9, 2015 at 6:36 pm
AS:
„… klebe nicht ich auf der um die Sonne laufenden Erde, sondern ich schwebe frei im Weltall und ziehe die Erde soweit an, dass sie immer neben mir bleibt …“
PE:
hübsch!
AS:
„Die Keplerschen Gleichungen, die auf Ellipsen (und ihren Spezialfall: Kreise) anwendbar sind, sind aus dem Gravitationsgesetz ableitbar.“
PE:
Logo! Denn letzteres wurde m. E. von Newton aus jenen abgeleitet, wie ich bereits geschrieben haben. — Das Gravitationsgesetz ist – in allgemeinerer Form – aus recht allgemeinen Prinzipien ableitbar.
AS:
„Das ist vielleicht ein gutes Beispiel für das Möglichkeitsfeld: Ein allgemeineres Gesetz (Gravitationsgesetz) sagt nicht voraus, welche der Möglichkeiten, die sich mit ihm beschreiben lassen, tatsächlich verwirklicht ist.“
PE:
Um das zu vertiefen, empfiehlt sich die Einbeziehung der Anfangs- und Randbedingen (s. z. B. Wigners Nobelpreisrede).
Februar 9, 2015 at 10:27 pm
Ich habe jetzt ihren Link nicht verfogt. Aber ich habe eine alte Grafik von Keppler im Internet gefunden, wo er auch von Kreisen ausgeht. http://www.rolf-keppler.de/image030.gif
Dass es tatsächlich Elipsen sind ist unbestreitbar aber das erklärt noch nicht warum das so ist,
Februar 10, 2015 at 9:08 am
Wenn zwei (kugelförmige) Massen (Körper) der Newtonschen Bewegungsgleichung
Beschleunigungsvektor = const*Abstandsvektor/Abstand^3
genügen, bewegen sie sich auf Kegelschnitten. Bei gebundener Bewegung um den gemeinsamen Schwerpunkt sind das Ellipsen, im Spezialfall Kreise.
Das ist Mathematik und also unabhängig von der Existenz solcher Massen.
NB: Dass die Bewegung innerhalb einer Ebene geschieht, folgt bereits aus dem Kausalsatz, analog zu Buridans Esel.
Das Naturgesetz besteht in der Aussage, dass diese Bewegungsgleichung näherungsweise für die Sonne und ihre Planeten gilt. Warum das so ist („Mechanismus“), ist bislang unbekannt.
Februar 10, 2015 at 5:29 pm
Habe ich das richtig verstanden, wenn zwei Massen miteinander interagieren hat das Gesamtsystem zwei Schwerpunkte, des halb ist die normale Umlaufbahn eleptisch und nur in der extremen Ausnahme eine Kreisbahn?
Februar 10, 2015 at 6:47 pm
Nein, das hast Du leider nicht richtig verstanden. Es gibt für jedwede endliche Massenverteilung genau einen Schwerpunkt. Bei zwei gleichen Körpern (Hantel) liegt er in der Mitte zwischen beiden. Eine Ellipse hat zwei Brennpunkte, der Schwerpunkt liegt in einem der beiden. Beim Kreis fallen die beiden Brennpunkte zum Mittelpunkt des Kreises zusammen.
Februar 10, 2015 at 10:10 pm
Jetzt habe ich es verstanden. Man weiß, dass es so ist, aber nicht warum dass so ist. Die Sache mit den Kegelschnitten ist eine Beschreibung, keine kausale Erklärung?
Februar 12, 2015 at 9:17 pm
Kegelschnitte sind Geometrie. Ich wüsste nicht, dass die Geometrie physikalische Erklärungen bzw. Ursache-Wirkungs-Beziehungen beinhaltet.
Februar 13, 2015 at 10:31 am
Das meinte ich doch, die Ursache ist unbekannt, oder?
Februar 9, 2015 at 5:05 pm
Ich habe die Unterscheidung von Substanz und Funktion wohl eingebracht. Ich beziehe mich dabei auf Ernst Cassirer, dem in dieser Sache auch R. Wahsner folgt. E. Cassirer macht darauf aufmerksam, dass in der neuzeitlichen Physik der Untersuchungsgegenstand nicht mehr eine Art Ding ist, dessen innere Eigenschaften man erkundet (das wäre eine „substantialistische“ Auffassung), sondern man hat als Untersuchungsgegenstand eine Relation zwischen Objekten, die so von den wirklichen Dingen abgeleitet sind, dass bestimmte Verhältnisse messbar und mathematisch darstellbar sind. Ein Planet ist dann etwa nur noch ein „Massepunkt mit einer bestimmten Masse an einem bestimmten Ort im Verhältnis zu anderen schweren Körpern“ (darstellbar als Funktion). Cassirer schreibt, dass der Substanzbegriff durch den Funktionsbegriff ersetzt wird, d.h. die physikalische „Realität“ wird jeweils neu bestimmt, es sind nicht die Dinge so, wie sie vielleicht der Alltagsverstand sieht.
Zwischen den Relationen verschwinden aber die Dinge auch nicht völlig. (Das ist ein häufiger Fehler, dass bei Negierung des Einen (Substanz) das andere (Funktion/Relation) verabsolutiert wird).
Vielleicht verwende ich zur besseren Darstellung noch eine Dreiteilung, wie sie auch bei Wahsner auftritt:
1. das antike Denken ging davon aus, dass der Gegenstand der Wissenschaft Gegenstände sind, die beweglich sind. Sie versuchen Eigenschaften dieser Dinge zu erfassen (die es auch haben würde, wenn es ganz allein auf der Welt wäre).
2. das relationsbezogene Denken der Neuzeit geht nicht von Dingen aus, die beweglich sind (aber im Normalzustand ruhen), sondern von der Bewegung selbst. Das Ding wird durch seine Bewegungsformen/Verhaltensmöglichkeiten charakterisiert (und diese beziehen sich immer auf anderes, stehen immer in Beziehungen zu anderem…).
3. Die Bewegung selbst ist nicht nur eine, in der die Gegenstände zwischen den Relationen verschwinden, sondern sie ist eine zwischen Trägern der jeweils entsprechend der untersuchten Bewegung spezifisch gebildeten Grundgrößen.
Februar 9, 2015 at 6:59 pm
AS:
„E. Cassirer macht darauf aufmerksam, dass in der neuzeitlichen Physik der Untersuchungsgegenstand nicht mehr eine Art Ding ist, dessen innere Eigenschaften man erkundet (das wäre eine “substantialistische” Auffassung), sondern man hat als Untersuchungsgegenstand eine Relation zwischen Objekten, die so von den wirklichen Dingen abgeleitet sind, dass bestimmte Verhältnisse messbar und mathematisch darstellbar sind.“
PE:
So ähnlich ist mir das auch aufgefallen. Während Newton und Euler von den Eigenschaften der Körper ausgingen, stellte man später gern ein Variationsprinzip an die Spitze einer Theorie. Ich halte beides für notwendig.
AS:
„3. Die Bewegung selbst ist nicht nur eine, in der die Gegenstände zwischen den Relationen verschwinden, sondern sie ist eine zwischen Trägern der jeweils entsprechend der untersuchten Bewegung spezifisch gebildeten Grundgrößen.“
PE:
??
Februar 8, 2015 at 8:58 am
Die Frage ist hier, wonach fragt man, wenn man fragt, was etwas „eigentlich ist“. Wenn es die Frage nach einem substantiellen Urgrund ist, so wird danach in der neuzeitlichen Wissenschaft nicht mehr gefragt. Auch die ART liefert darauf keine Antwort. Die ART erkennt nur eine tiefere Schicht funktioneller Zusammenhänge, auf die die Newtonsche Art der Betrachtung zurück geführt werden kann. Denn auch die Raumkrümmung, als die die Gravitation in der ART beschrieben wird, ist nicht wirklich „die Substanz der Gravitation“, sondern eine Art und Weise, Beziehungen/Relationen/funktionale Zusammenhänge (mathematisch) zu beschreiben.
Februar 7, 2015 at 7:51 pm
„Ein Naturgesetz ist keine Erklärung der Zusammenhänge in der Natur, wie fälschlicher Weise angenommen wird, sondern eine Beschreibung der Wirklichkeit mittels der formalisierten Sprache der Mathematik.“
PE: Was verstehst Du unter „Erklärung“?
„Die Mathematik ist eine Sprache, in der Verhältnisse beschrieben werden können, sofern sie quantifizierbar sind.“
Jede mathematische Gleichung drückt nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Verhältnisse aus (Rubens)
Februar 7, 2015 at 9:28 pm
Die Quantität ist ja eine Qualität, die Abstarktion bzw. die Negation der Qualität, sozusagen die Qualität ohne Qualität wie Hegel in seiner Wissenschaft er Logik überzeugend dargelegt hat. Ich habe das mal für Anfänger in meinem Beitrag über die Gummibärchen zu erklären versucht:
https://hansarandt.wordpress.com/2015/01/08/die-einfalt-und-die-vielfalt-der-gummibarchen/
Februar 8, 2015 at 9:18 am
Dass die Quantität von der Qualität eigentlich nicht GETRENNT werden kann, ist bei Hegel selbstverständlich (die Quantitätsverhältnisse entstehen aus den qualitativen, heben sie also auf, d.h. immer, es bleibt auch etwas aufbewahrt, das logisch vorhergehende wird nicht völlig zerstört). Quantitative Verhältnisse sind immer Verhältnisse von etwas, das qualitativ vorliegt.
Februar 8, 2015 at 9:29 am
Peter, Du meinst sicher Peter Ruben (ohne s), oder?
Seine Definition von Mathematik braucht die Unterscheidung qualitativ/quantitativ nicht. Er schreibt: Die Mathematik „reflektiert das Allgemeine unter Voraussetzung des [logischen] Widerspruchs als ausgeschlossen“.
Dass die Wissenschaft sich nicht auf Gott und seine „unerforschlichen“ Ratschlüsse beruft, beschreibt er so: Durch die Einführung der Mathematik und Messung in der Naturwissenschaft kann vom Meinungsstreit zur Messung übergegangen werden. (Hm, bei unseren Themen hier gilt das allerdings nicht ;-))
Zum Naturgesetz schreibt er: „Die Naturwissenschaft vergegenständlicht vermittels der Abstraktion das Allgemeine der Natur in der besonderen Realität der Sprache, worin es dann als „Naturgesetz“ erscheint. Es hat aber getrennt von der wirklichen natürlichen Bewegung durchaus keine aparte, „an sich existierende“ Realität, sondern ist in dieser Trennung Möglichkeit und sonst nichts. Der wirklich fallende Stein wird in der Mechanik als möglicher Fall eines „Massenpunktes unter dem Einfluß einer äußeren Kraft“ behandelt, keineswegs als sinnlich-gegenständliche Wirklichkeit.“
Das gilt für beispielsweise die für die Physik typischen Größengleichungen wie auch die Reaktionsgleichungen in der Chemie.
Für die dabei gebildeten Abstraktionen gilt: „daß die ursprünglich über Abstraktion gebildeten Begriffe nicht bestimmte Objekte bezeichnen bzw. darstellen, sondern vielmehr Reflexionen von Verhältnissen sind.“
Für Naturgesetze gilt:
„Die sogenannten ewigen Naturgesetze, die dem Scheine nach so sehr dem Begreifen der Historizität entgegenstehen, schulden ihre „Ewigkeit“ (womit sie die Geschichtlichkeit zu widerlegen scheinen) genau diesem Umstand. Sie sind als reale Möglichkeiten „ewig“ und eben darum ahistorisch, weil sie in der Trennung von ihren Bedingungen formuliert worden sind.“
Von welchen Qualitäten wird abstrahiert? Von manchen, die die einzelnen Dinge voneinander unterscheidet. Die „Unterschiede der Individuen derselben Art [werden] als unwesentlich beiseite gelassen bzw. beim Austausch von artgleichen Individuen wird nur das in Rechnung gestellt, was darin invariant bleibt“. Ein Planet ist ein Planet ist ein Planet. Im Keplerschen Gesetz intereressiert von ihm nur die Masse und Entfernung von der Sonne, nicht seine chemische Zusammensetzung. Von seinem Vermögen, als schwerer Körper gegen eine beschleunigende Kraft Widerstand zu zeigen (Trägheit), wird dagegen nicht abstrahiert.
So, noch länger werde ich in diesem Kommentar aber nicht. Vielleicht ermuntert es ja, sich mit den Texten selbst intensiver zu beschäftigen. (vieles von P. Ruben ist inzwischen auch online: http://www.peter-ruben.de/).
Februar 8, 2015 at 9:34 am
“ Diskontinuierliche Phänomene, die unabhängig und frei sind, können nicht als Naturgesetze beschrieben werden.“
Welche meinst Du damit? Meinst Du wirklich, es gäbe Natur-Vorgänge, die nicht in solchen Verhältnissen stehen, dass sie auch als gesetzmäßig erforscht werden können? (dass menschlich-gesellschaftliche Prozesse nicht als Naturgesetz beschrieben werden, halte ich dabei für selbstverständlich)
Februar 8, 2015 at 11:29 am
Niemand kann sagen was in der Zukunft sein wird. Diskontinuierliche Phänomene sind Pänomene, die nicht auf kontinuierlicher Fortschreibung von Gesetzen basieren, Revolutionen, Spontanreaktionen.
Die Naturgesetze zum Beispiel die Gravitation kann es nicht gegeben haben bevor es Massen gab und es wird sie nicht mehr geben, wenn es keine Massen mehr gibt. Alles was auf der Erde gillt, gillt nicht mehr, wenn es die Erde nicht mehr gibt. Nichts ist ewig, alles ist im Fluss, wie Hegel richtig gesehen hat.
Februar 9, 2015 at 4:44 pm
Das kommt alles drauf an, wie das, wovon Du hier sprichst, inhaltlich bestimmt ist. Insofern ein Naturgesetz nur die Möglichkeiten der Bewegung erfasst, kann es schon vorhanden sein, bevor alle Möglichkeiten verwirklicht sind. Außerdem vollziehen sich reale Bewegungen nie nur entsprechend einem Naturgesetz, sondern befinden sich immer in einem Gesetzessystem.
Wenn Du schreibst: „Alles was auf der Erde gillt, gillt nicht mehr, wenn es die Erde nicht mehr gibt.“, so gilt das nach Newton ja gerade nicht mehr: Seine Physik funktioniert auf der Erde (gehört zu „alles, was auf der Erde gilt“) und sie funktioniert auch außerhalb und „wenn es die erde nicht mehr gibt“.
Und wenn Du schreibst „Nichts ist ewig, alles ist im Fluss, wie Hegel richtig gesehen hat“ so muss man als Hegelianerin richtig stellen: Der absolute Geist bei Hegel ist nur in der Art „im Fluss“, dass er seine eigenen Besonderungen immer wieder aus sich heraus neu erzeugt (entäußert) und diese sind dann „im Fluss“ in ihrer Rück-Bewegung in den absoluten Geist. Hegel wendet sich strikt gegen die sogenannte „schlechte Unendlichkeit“ (1+1+1+1+1+1… wäre so eine schlehcte Unendlichkeit, bei der es einfach nur immer in eine Richtung oder auch in viele Richtungen ewig weitergeht, ohne dass es so was wie Vollendung gibt.
Februar 9, 2015 at 10:19 pm
Ich habe bewusst nur gesagt, dass alles, was auf der Erde gilt nicht mehr gilt, wenn es die Erde nicht mehr gibt. Das die Gesetze Newtons natürlich auch im Kosmos gelten, war mir durchaus bewusst aber auch da gilt, alles was im Kosmos gilt gillt nciht mehr, wenn es den Kosmos nicht mehr gibt. Es gibt keine Form ohne Ihnalt und umgekehrt. Der Glaube, die Naturgesetze gäbe es ohne die Natur, ist ein versteckter Theismus, so als ob es selbstverständlich einen Schöpfer gegeben habe bevor es die Schöpfung gab. Sehr schön hat das der Physiknobelpreisträger Robert B. Laughlin in seinem Werk Abschied von der Weltformel zeigen können. Man spricht in diesem Zusammenhang von Emergenz.
Natürlich kenne ich auch die schlechte Unendlichkeit von Hegel und noch besser die Gute: Er sagte, da die Ewigkeit nicht vor und auch nicht nach der Zeit sein könnte, weil sie ja dann selber Zeit wär bleibt für die Ewigkeit nur noch die absolute Gegenwart der Augenblick übrig. Die Numerische Unendlichkeit ist ein Konstrukt unserer Gedanken, so wie Raum und Zeit (Kant).
Februar 9, 2015 at 4:48 pm
Ach so, ich hatte noch vergessen, auf das Diskontinierliche zu reagieren: Ja, es kann Neues entstehen; man spricht ja auch von der Sprunghaftigkeit der Entwicklung. Allerdings kann das nur entstehen, wenn es im Möglichkeitsfeld dessen liegt, was vorher schon entstanden war. Nichts Biologisches verletzt physikalische Gesetze, es entstehen nur neue. Leider ist der sog. „statistische Gesetzesbegriff“ nach Herbert Hörz, der die Möglichkeitsfelder explizit einarbeitet, kaum bekannt und so entstehen immer wieder nur deterministische oder gar deterministisch-lineare Vorstellungen über Naturgesetze und alles, was dieser Linearität/Determination nicht entspricht, scheint sich dann außerhalb der Gesetze abzuspielen.
Februar 9, 2015 at 10:21 pm
Also meinen Sie und Hörz, das sich doch alles innerhalb der Naturgesetze abspielt?
Februar 6, 2015 at 9:50 pm
Ich hätte hier noch was zum Thema fundamentale Wissenschaftskritik:
https://hansarandt.wordpress.com/2015/02/06/der-politisch-korrekte-gott-2/
Februar 7, 2015 at 6:53 pm
Dieser Beitrag klingt für mich so, als wäre da jemand sehr beleidigt. Er enthält allerdings eine gute Frage: Woher kommen die Naturgesetze? Ein Pantheist antwortete vielleicht, aus der Natur selbst. Mir scheint es, dass es diejenigen Zusammenhänge sind, unter denen unsere Welt überhaupt nur möglich ist. Beispiel: Wenn sich alle Massen abstoßen statt anziehen würden, gäbe es unser Sonnensystem nicht. –
Religion:
„Die unergründlich hohen Werke/sind herrlich wie am ersten Tag“
Wissenschaft:
„Wir müssen wissen und wir werden wissen“
S. auch http://en.wikipedia.org/wiki/Francis_Crick#Views_on_religion (in der deutschen Wikipedia leider nicht vorhanden)
Februar 8, 2015 at 9:36 am
Warum dieser Kommentar zweimal erscheint: Er war schon online, tauchte aber in meiner Administratorsicht im Blog als „Spam“ auf. Da hab ich ihn dann „genehmigt“ und prompt taucht er hier noch mal auf. Tut mir leid. Ich lösche ihn nicht, weil ich nicht weiß, ob ich sonst aus Versehen den Kommentar lösche, an den sich die weitere Diskussion anschließt. WordPress ist manchmal unergründlich (= Gott?)
Februar 7, 2015 at 8:01 pm
Na ja, das klingt ziemlich beleidigt. Allerdings gibt es einen rationalen Kern: Woher kommen die Naturgesetze? Ein Pantheist artwortete vielleicht, von der Natur selbst. Mir scheint es, dass sie gerade diejenigen Zusammenhänge beschreiben, unter denen unsere Welt möglich ist. Beispiel: Wenn die Massen sich abstoßen statt anziehen würden, gäbe es unser Sonnensystem nicht.
Religion:
„Die unbegreiflich hohen Werke/sind herrlich wie am ersten Tag“
Wissenschaft:
„Wir müssen wissen und wir werden wissen“
Februar 7, 2015 at 9:33 pm
Wir müssen gar nichts und was wir werden weiß der Himmel, wir jedenfalls können es unmöglich wissen.
Zum Panteisten gibt es wunderschönes Goethezitat:
Wir sind naturforschend Pantheisten, dichtend Politheisten und sittlich Monotheisten.
Johann Wolfgang von Goethe
Goethe war einer von denen, die tatsächlich etwas wussten.
Februar 8, 2015 at 9:39 am
„Wir müssen gar nichts“??? Nein, musst Du nicht jeden Tag essen und trinken und dich kleiden und wohnen?
Um das hinzukriegen, wirst Du schon einiges wissen MÜSSEN.
Februar 9, 2015 at 12:31 pm
Das ist jetzt kein Kommentar zu Deinem Beitrag sondern ein Hinweis auf meinen neusten Beitrag zum Thema Wissenschaftskritik. Meine These lautet: Wer an die Relativitätstheorie glaubt, muss notwendig den freien Willen leugnen und umgekehrt aus logischen Gründen. Mich würde sehr interessieren, wie Du diese These mit Deinem Sachverstand beurteilst.
https://hansarandt.wordpress.com/2015/02/09/einstein-und-der-freie-wille/
Februar 9, 2015 at 4:00 pm
In einem Lied der Puhdys, das mir sehr gefällt, heißt es, „Jegliches hat seine Zeit …“. Dann – für mich unvermittelt – „Weckt sie nicht …“. Das erinnert mich an den Bruch in der Argumentationskette in Plancks Versuch, die Willensfreiheit zu begründen.
Februar 9, 2015 at 10:09 pm
„Das erinnert mich an den Bruch in der Argumentationskette in Plancks Versuch, die Willensfreiheit zu begründen.“ hört sich interessant an, wie hat Max Planck die Willensfreit zu begründen versucht? Beweisen kann man sie nicht, das hat schon Kant eingesehen.
Februar 9, 2015 at 5:52 pm
Ich habe bei Dir im Blog kommentiert (https://hansarandt.wordpress.com/2015/02/09/einstein-und-der-freie-wille/comment-page-1/#comment-929) , der Hintergrund dazu steht genau hier in dem Beitrag, unter dem diese ganzen Kommentare stehen. Ab Punkt „Unterscheidung von Wissenschaft und Weltbild“ . Und nochmal: „Unterscheidung von Wissenschaft und Weltbild !!“ Und damits nicht vergessen wird: Unterscheidung von Wissenschaft und Weltbild !!!“
Februar 9, 2015 at 10:49 pm
Ich verstehe den Zusammenhang nicht richtig, aber wahrscheinlich meinst du, dass die Unterscheidung von Wissenschaft und Weltbild wichtig ist. Da stimme ich dir zu. Der „neuzeitliche Wissenschaftler, der objektiv und ehrlich ist“, bleibt bescheiden, weiß um die Grenzen seines Wissens, so wie damals Sokrates und geht redlich seinen Forschungen nach, keine Frage. Worum es mir geht ist das „Wissenschaftliche Weltbild“, das mittlerweile den Status einer Pseudoreligion erlangt hat, wie ich in vielen meiner Beiträge immer wieder zu zeigen versuche. Markus Gabriel und seine Mitstreiter legen immer wieder den Finger in diese Wunde. Prof. Hyningen-Huene in Hannover zeigt sehr deutlich die Grenzen des Naturwissenschaftlichen Weltbildes auf und geht mit allen Wahrheitsansprüchen jeder Art ausgesprochen kritisch um. Das Schlüsselwerk in dieser Frage ist nach wie vor Thomas S. Kuhn, die Struktur der wissenschaftlichen Revolutionenen. Sonlange man das eine von dem anderen trennt, ist für mich alles in Ordnung. Viele Wissenschafler sind dazu in der Lage und kennen ihre Grenzen. Es ist aber nicht zu bestreiten, dass es das quasireligiöse wissenschaftliche Weltbild gibt, von dem Markus Gabriel und andere reden. Um es theologisch auszudrücken, es handelt sich dabei um den Turmbau zu Babel.
Februar 10, 2015 at 9:35 pm
Zum Thema das wissenschaftliche Weltbild, das ich sehr wohl von der Wissenschaft unterscheide, ich die ich keineswegs pauschal angreifen will habe ich noch folgenden Beitrag verfasst:
https://hansarandt.wordpress.com/2015/02/10/das-wissenschaftliche-weltbild/
Februar 12, 2015 at 9:24 pm
Da ich die 5 Behauptungen,
„1.Alles was man sicher wissen kann, kann man nur dann sicher wissen, wenn es als wissenschaftlich d.h. durch die etablierten Wissenschaften gesichertes Wissen angesehen werden kann. Alles andere ist bloße Meinung, bloßer Glaube, Einbildung oder Illusion.
2.Die Wissenschaft überprüft Hypothesen und verifiziert oder falsifiziert sie und gelangt so zu sicherem Wissen. Naturwissenschaftliche Theorien sind Behauptungen über empirische Tatsachen.
3.Die Wissenschaft bezieht ihre wichtigsten Erkenntnisse aus dem Experiment, das über die Gültigkeit einer Theorie entscheidet.
4.Die wissenschaftlichen Theorien werden einer ständigen Überprüfung unterworfen, was die Gültigkeit ihrer Wahrheitsansprüche ständig sichert.
5.Die technischen Errungenschaften sind ein Beweis für die Gültigkeit der naturwissenschaftlichen Theorien.“
nicht teile, erübrigt sich die Betrachtung ihrer Diskussion.
Februar 13, 2015 at 10:39 am
Mich würde sehr ihre Definition von „Wissenschaft“ interessieren, ich gehe davon aus, dass Sie eine Definition haben bzw. formulieren können.
Sicher teilen viel Wissenschaftler so wie sie das, was ich als „Wissenschaftliches Weltbild“ bezeichne nicht. Würden sie auch bestreiten wollen, dass meine fünf Thesen etwas mit dem Common Sense Der gegenwart zu tun haben.
Einige Leser meines Blogs, mit denen ich streite, gehen in ihrer Argumentation genau von diesen Axiomen und Grundüberzeugungen aus, die ich oben dargestellt habe.
Februar 13, 2015 at 11:29 am
Im 1. Punkt stört mich „etablierten“
„wissenschaftlich d.h. durch die etablierten Wissenschaften“.
Zum 2. Punkt: Es gibt sehr wenig „sicheres Wissen“.
In 3. finde ich die Wichtung nicht richtig, denn die Theorie entscheidet, was gemessen wird (Einstein zum jungen Heisenberg), d. h., was die Anzeigen der Messinstrumente bedeuten.
„Gültigkeit ihrer Wahrheitsansprüche“ in 4. meint was genau?
Die Spektrallinien widerlegen die klassische Elektrodynamik, mithin ist 5. zu „allgemein-konkret“.
Februar 13, 2015 at 10:38 pm
Ich wollte nicht wissen, was Sie an meiner Definition nicht richtig finden, die ich ja selber nicht richtig finde und deshalb kritisiere, sondern wollte wissen, wie Sie Wissenschaft richtig definieren. Auf die Frage wie sich meine Beobachtungen zum Common Sense gewöhnlicher aufgeklärter Menschen verhalten, sind sie gar nicht eingegangen.
Ich wollte ja in meiner These nicht sagen, was die Wissenschaft ist, sondern nur was gewöhnliche Menschen, die selbst nicht unbedingt Wisseschaftler sein müssen, ungefähr landläufig darunter verstehen.
Februar 14, 2015 at 10:13 am
@HA: Ich habe Sie missverstanden, tut mir leid. Auf Ihre Nachfragen v. (Februar 13, 2015 at 10:38 nachmittags) kann ich Ihnen leider keine präzisen Antworten geben, weil ich mich mit diesen Themen kaum beschäftigt habe.
Februar 14, 2015 at 7:01 pm
Schade, dann eben nicht.
Februar 13, 2015 at 11:51 am
Wenn ihr einen kleinen Zwischenruf erlaubt: Mit dem Ausdruck „etablierte“ Wissenschaft wird ebenso übrigens wie mit dem Begriff „herrschende“ Wissenschaft der Unterschied, von Wissenschaft nicht nur zu einer Wissenschaftsideologie („wissenschaftliches“ Weltbild) sondern auch zum real existierenden Wissenschaftsbetrieb verwischt.
„Wissenschaftliche Weltanschauung“ ist Ausdruck und Rechtfertigungsideologie der Anmaßung von Herrschaft so wie die Behauptung feudalistischer Potentaten, von Gottes Gnaden“ als Herrscher eingesetzt zu sein.
Wissenschaft ist was – in einer systematischen, nachvollziehbaren, d.h. reproduzierbaren Weise Wissen schafft. Was sonst? Zum Thema siehe auch: https://oekohumanismus.wordpress.com/inhalt/fetischbegriff-bedarf/kapital-schafft-wissen-schaft-kapital-schafft/
Februar 13, 2015 at 7:25 pm
Frage eines lesenden Wissensarbeiters:
„herrschende Wissenschaft“ enthält „Herrschaft“, mithin Unterdrückung ->
Ist „Unterdrückung“ mit „Wissenschaft“ vereinbar??
Juli 21, 2018 at 8:09 pm
Von
https://philosophenstuebchen.wordpress.com/2018/07/21/ohne-kommentar/#comment-13052on
hierher geleitet, gehe ich gern noch einmal auf diese Punkte ein, um Argumentationstatsachen beizusteuern.
1) „Physik ist das, was Physiker spät abends machen.“ (Physik-Lehrbuch von O’Rear, Schüler von Fermi, deutsche Ausgabe 1977).
2) „Die Wissenschaft ist zur Marktschreierin verkommen.“ (Westdeutscher Physiker 1991 in der Mitgliederzeitschrift der Europäischen Physikalischen Gesellschaft, „europhysics news“.
3) Otto Hahn war gegen Drittmittel-Finanzierung, da diese die Freiheit der Wissenschaft einschränke. (Vermutlich ist das deutsche Grundgesetz diesbzgl. widersprüchlich, wie bzgl. der Religionen.)