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„Bedürfnisse über den Kapitalismus hinaus – bei Marx und Heller“
Marx hat keine in sich konsistente Theorie der Bedürfnisse erarbeitet. Er sieht aber einen engen Zusammenhang zwischen der Bedürfnisbefriedigung und der menschlichen Geschichte:
„Die erste geschichtliche Tat ist also die Erzeugung der Mittel zur Befriedigung dieser Bedürfnisse…“ (DI, MEW 3: 28)
Für Agnes Heller heißt das, dass die „Entstehungsgeschichte der Menschen […] im Grunde genommen die Entstehungsgeschichte der Bedürfnisse“ ist (Heller 1974/1980: 44). Marx kritisiert die bürgerliche politische Ökonomie deshalb auch dafür, dass der Begriff der Bedürfnisse bei ihnen keine Rolle spielt (ebd.: 25). Um zu analysieren, wieso das nicht nur einem subjektiven Fehler geschuldet ist, sondern in den objektiven Verhältnissen nahe gelegt ist, muss Marx jedoch diese Gesellschaftsform erst einmal in ihrer konkreten Struktur, in der Bedürfnisse nur als Bedarfe wirksam werden, analysieren. Die Bedürfnisse bleiben aber auch hier noch enthalten: Marx selbst geht von einem Warenbegriff aus, der eben nicht nur den (Tausch-)Wert verkörpert, sondern in dem die Waren mindestens auch einen Gebrauchswert haben.
„Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt.“ (KI, MEW 23: 49)
Auch wenn der Gebrauchswert (außer bei der Ware Arbeitskraft) letztlich sekundär ist gegenüber dem (Tausch-)Wert und die Ware von vornherein „zum Tauschen“ hergestellt wird, bestünde ohne einen (zumindest behaupteten) Nutzen für einen anderen, d.h. den Käufer keine Chance auf einen Verkauf. Deshalb ist die „Bedürfnisbefriedigung […] die conditio sine qua non jeglicher Ware“ (Heller 1974/1980: 23). So beschränkt die Befriedigung der Bedürfnisse als Bedarf (also als zahlungskräftiges Bedürfnis, siehe hier) auch ist, in den Bedarfen ist das Moment der Bedürftigkeit enthalten.
Dabei erweist sich die so bestimmte Ware als besondere Form von „nützlichen Dingen“ (Skizze aus dem Kapitalseminar der Zukunftswerkstatt Jena):
Agnes Heller findet bei Marx mehrere Formen der Klassifizierung von Bedürfnissen.
Die erste Klassifikation beruht auf den Objekten der Bedürfnisbefriedigung. Demnach sind materielle, geistige, auch Bedürfnisse des Gemeinschaftslebens und das Bedürfnis nach Betätigung (Arbeit) zu unterscheiden. Hierzu gehört auch die Unterscheidung in „materielle“ und „nichtmaterielle“ Bedürfnisse. Materielle Bedürfnisse sind „all jene Bedürfnisse, zu deren Befriedigung die Gegenstände bzw. Mittel produziert bzw. ständig reproduziert werden müssen( sie werden in der Konsumtion und in der produktiven Konsumtion verbraucht)“ (Heller 1974/1980: 114). Die nichtmateriellen Bedürfnisse sind dann jene, „für deren Befriedigung die Objekte nicht im Stoffwechsel mit der Natur „produziert“ bzw. überhaupt nicht produziert werden“ (ebd.)
Eine andere Klassifikation unterscheidet „natürliche“ von „gesellschaftlich produzierten“ Bedürfnissen. Die „natürlichen Bedürfnisse“ beziehen sich auf die einfache Erhaltung des menschlichen Lebens als bloßes Naturwesen, wozu auch Kleidung und Heizung gehören, wodurch sich die menschlichen natürlichen Bedürfnisse von den tierischen unterscheiden. Das „natürliche Bedürfnis“ bildet eine Art Grenzbegriff, Heller spricht von einer „existenzieller Grenze der Bedürfnisbefriedigung“ (ebd.: 34). Es wird nicht angenommen, dass der Mensch sich als Summe von natürlichen und gesellschaftlichen Aspekten verstehen lässt, wobei die „natürlichen“ Bedürfnisse nur dem Naturteil zuzuschreiben wären. Sondern Menschen sind immer gesellschaftliche Wesen, aber letztlich bedürfen sie aufgrund ihrer biologischen Konstitution der Befriedigung von dadurch bedingten Bedürfnissen. Wenn Menschen in ihrer Bedürfnisbefriedigung auf diese Art Bedürfnisbefriedigung reduziert sind, so ist dies ein Produkt der gesellschaftlichen Verhältnisse (vgl. Heller ebd.: 30).
In den „Grundrissen…“ (GR, MEW 42) hatte Marx die „natürlichen Bedürfnisse“ noch mit den „notwendigen Bedürfnissen“ identifiziert. Im „Kapital…“ (KI…KIII, MEW 23…25) beziehen sich die notwendigen Bedürfnisse auf ein „normales“ Leben von Menschen einer bestimmten Klasse innerhalb einer gegebenen Gesellschaft (Heller 1974/1980: 34). Das beinhaltet schon mehr als die „natürlichen Bedürfnisse“, denn dazu kann z.B. auch die Gewerkschaftszugehörigkeit gehören (ebd.: 35).
Den Gegenbegriff zum „notwendigen Bedürfnis“ bildet das „Luxusbedürfnis“. Marx unterscheidet „a) […] Notwendige Konsumtionsmittel, wobei es ganz gleichgültig, ob ein solches Produkt, wie z.B. Tabak, vom physiologischen Standpunkt aus ein notwendiges Konsumtionsmittel ist oder nicht; genug daß es gewohnheitsgemäß als solches“ „b) Luxus-Konsumtionsmittel, die nur in dem Konsum der der Kapitalistenklasse eingehn, also nur gegen verausgabten Mehrwert umgesetzt werden können, der dem Arbeiter nie zufällt.“ (KII, MEW 24: 402) Was als Luxus gilt, ist nicht durch den Inhalt festgelegt (etwa, darüber, dass er über die biologisch-physiologische Bedürftigkeit hinausgeht). Luxus ist immer das, was nicht gewohnheitsgemäß zum Bedürfnissystem der Arbeiterschaft gehört. Damit wird deutlich, dass sich die Bedürfnisse der Hauptklassen der kapitalistischen Gesellschaft unterscheiden und dies nicht nur durch das Maß an Luxus, sondern auch durch die Richtung der Bedürftigkeit. Während Menschen aus der Arbeiterklasse an der „Selbsterhaltung“ interessiert sind und auch „Entwicklungsbedürfnisse“ haben (KI, MEW 23: 649), besteht das Bedürfnis des Kapitals (bzw. seiner Funktionäre) im Bedürfnis nach Verwertung des Kapitals (d.h. der „Investition“ von Kapital zum Zwecke der neuerlichen unbezahlten Mehrwertaneignung und damit seiner Akkumulation).
Die Bezeichnung „gesellschaftliches Bedürfnis“ ist besonders vieldeutig. Wenn Gesellschaft als etwas den Menschen Äußerliches gesehen wird und die „gesellschaftlichen Bedürfnisse“ den persönlichen übergeordnet werden, so liegt lt. Heller eine Fetischbeziehung vor (Heller 1974/1980: 76). Auch die Denkweise, die gesellschaftlichen Bedürfnisse gäben die „echten“ Bedürfnisse vor, während die von Menschen anders gefühlten bzw. gedachten Bedürfnisse eher „unecht“ seien, ist so eine fetischisierende Denkform. Es gibt auch andere Betrachtungsweisen der Gesellschaft. So kann es nach Heller durchaus sinnvoll sein, von einer „Gesamtheit oder […] Durchschnitt der individuellen Bedürfnisse von Einzelindividuen“ zu sprechen. (ebd.: 75)
Bei Marx tritt die Bezeichnung der „gesellschaftlichen Bedürfnisse“ nach der Analyse von Heller in 4 Formen auf:
1. So gibt es diese Bezeichnung bei der Benennung von Formen der gesellschaftlichen oder gemeinschaftlichen Befriedigung von Bedürfnissen und für Bedürfnisse im nichtökonomischen Bereich der Schulbildung oder der Gesundheitseinrichtungen (ebd.: 81).
2. „Gesellschaftliche Bedürfnisse“ bezeichnen auch den Durchschnitt der Bedürfnisse einer Gesellschaft bzw. Klasse, die sich auf materielle Güter richten. So gilt z.B., dass „das „gesellschaftliche Bedürfnis“, d.h. das, was das Prinzip der Nachfrage regelt, wesentlich bedingt ist durch das Verhältnis der verschiedenen Klassen zueinander und durch ihre respektive ökonomische Position“ (KIII, MEW 25: 191). Auch Marx schreibt das „gesellschaftliche Bedürfnis“ hier in Anführungsstrichen. Heller erläutert diese Distanzierung: „Das in der Nachfrage sich meldende „gesellschaftliche Bedürfnis“ ist daher Schein, der die „wirklichen“ gesellschaftlichen Bedürfnisse der Arbeiterklasse nicht ausdrückt, sondern im Gegenteil verschleiert.“ (Heller 1974/1980: 80)
3. Die Formulierung „gesellschaftlich produziertes“ Bedürfnis bezieht sich auf Bedürfnisse von einzelnen Menschen, die oft auch synonym mit „menschlichen Bedürfnissen“ verwendet wird.
4. Schließlich wird die Bezeichnung „gesellschaftliches Bedürfnis“ auch als Bezeichnung für die Bedürfnisse der Menschen im Kommunismus verwendet. Es sind die Bedürfnisse des „vergesellschafteten Menschen“, bzw. die Bedürfnisse des „gesellschaftlich entwickelten Menschen“ (KIII, MEW 25: 269).
Die Bedürfnisse von Menschen im Kapitalismus sind durch die speziellen gesellschaftlichen Verhältnisse des Kapitalismus beeinflusst. Für Menschen, die diese Verhältnisse als die „normalen“, d.h. dem „natürlichen Wesen“ des Menschen entsprechenden, betrachten, gelten diese Bedürfnisformen auch als die für alle Menschen in allen Zeiten „normalen“ und ihre Bestimmungen werden verallgemeinert. Die Reduzierung der Bedürfnisse auf ökonomisch bestimmbare Bedarfe unter der Voraussetzung, dass viele Menschen keine andere Mittel zu ihrer Befriedigung haben, als ihre Arbeitskraft zu verkaufen, führt dazu, dass ein sehr reduzierter Bedürfnisbegriff entsteht. Die gezeigte Breite der Begriffsverwendung bei Marx zeigt, dass dieser diese Einengung nicht teilt. Allerdings gibt es bei ihm keine systematische Ableitung der allgemein-menschlichen Bedürftigkeit, deren Formierung durch die konkreten gesellschaftlichen Verhältnisse dann untersucht werden könnte. Vor allem lässt sich dadurch auch nicht untersuchen, welche Rolle die Bedürfnisse bei der Aufhebung des Kapitalismus spielen könnten, obwohl Marx ihnen eine große Bedeutung zuspricht:
„Die Theorie wird in einem Volke immer nur so weit verwirklicht, als sie die Verwirklichung seiner Bedürfnisse ist.“ (KHR, MEW 1: 386)
Eine Überwindung des Kapitalismus setzt somit voraus, dass die Menschen Bedürfnisse haben, die über die Möglichkeit ihrer Befriedigung im Kapitalismus hinausreichen (siehe das spätere Kapitel „Radikale Bedürfnisse“). Dass es massenhaft nicht befriedigte Bedürfnisse im Kapitalismus gibt, ist unübersehbar. Das global vorherrschende ökonomische System kann nicht verhindern, dass zigtausende Menschen täglich verhungern; die Naturzerstörung schreitet außer in privilegierten Regionen ungehindert fort, selbst die atmosphärische Basis für eine stabile Ökosphäre wird aufs Spiel gesetzt. Die meisten Menschen halten all dies aus und sie nehmen es hin. Wenn doch einmal Proteste aufflammen, so prallen sie seit Marxens Zeiten an der Trägheit des Systems und den zufriedenen oder sich durchwurstelnden Mehrheiten oder an Todesschwadronen ab. Wie also kann eine gegen den Kapitalismus gerichtete Theorie als Verwirklichung von Bedürfnissen verwirklicht werden?
Februar 18, 2017 at 9:44 pm
Die Einteilung in Wert, Gebrauchswert und Tauschwert wird durch die bürgerliche Propaganda erfolgreich bekämpft, weil der Marxsche Wertbegriff nicht dem alltäglichen entspricht. [Hier war Newton schlauer: nicht gleichzeitig gewohnte Bezeichnungen und Ideologien ändern!] Wie könnern wir das überwinden?!
Februar 19, 2017 at 10:18 am
Der Propaganda nicht nachgeben, sondern selber nachlesen und mitdenken…
Februar 19, 2017 at 5:46 pm
Das wird nicht funktionieren 😦
Februar 19, 2017 at 5:54 pm
Bei vielen nicht, aber für für Leute, die sich keine Mühe geben, schreibe ich auch nicht. Letztlich hatte auch Newton das Problem, Begriffe wie „Kraft“ und „Impuls“ zu definieren und seine Axiome bilden durchaus auch nicht unbedingt die alltägliche Erfahrung ab. Oder ist es normal, dass nicht die Ruhe das „Normal“ für die Mechanik bildet, sondern die gleichförmig-geradlinige Bewegung?
Dass uns seine Theorie heute so „normal“ erscheint, ist unserer Bildung seit der Kindheit zuzuschreiben, bei der entsprechende Vorstellungen in unseren Alltagsverstand eingebrannt werden.
Februar 20, 2017 at 7:41 pm
Um Missverständnisse vorzubeugen empfiehlt es sich m.E. zwischen Gebrauchswert, individuellem und gesellschaftlichem Tauschwert zu unterscheiden.
Februar 20, 2017 at 10:50 pm
Der Vorteil dieses Vorschlags liegt in der Vermeidung des Wortes „Wert“. Das Wort „Tauschwert“ im Begriff „gesellschaftlicher Tauschwert“ besitzt m. E. den Nachteil, diesem Begriff die Tendenz in Richtung eines Preises mitzugeben, während der Marxsche Wertbegriff m. E. mit Preisen nur indirekt zutun hat.
Februar 21, 2017 at 10:58 am
Mit gesellschaftlichem Tauschwert meine ich nicht die individuellen, temporären Tauschwerte bzw. Preise sondern den Wert, wobei mir dieses neue Missverständnis natürlich zu denken gibt. Marx (gesellschaftliche) Wert ist ja der gesellschaftliche Durchschnittstauschwert um den die Preise systematisch oszillieren, ihn sogleich zur Erscheinung bringen als auch – auf Basis des im gesellschaftlichen Durchschnitts notwendigen Arbeitsaufwands und eines Ausgleichs entlang der organischen Zusammensetzung – herstellen bzw. vermitteln. Vorausgesetzt ist allerdings freie Reproduzierbarkeit von Seiten der Konkurrenz. Deshalb zählen aus Sicht der einzelnen Unternehmen auch Gebrauchswerte (und damit die Fähigkeit, Mittel zur Befriedigung privateigentümlicher Bedürfnisse bereit zu stellen) , die die Konkurrenz ohne weiteres oder nicht so rasch nicht reproduzieren kann, als Basis von Extraprofiten. Das, und nicht wie viele Anti-Kapitalisten glauben, ideologische Verblendung, Angepasstheit und Arbeiterverrat, macht den Kapitalismus so augenscheinlich attraktiv.
Februar 18, 2017 at 9:46 pm
„Die erste geschichtliche Tat ist also die Erzeugung der Mittel dieser Bedürfnisse…“ (DI, MEW 3: 28)
Was meint „Mittel“??
Februar 19, 2017 at 10:21 am
Bei der Zitierung sind zwei Worte verloren gegangen. Es geht um „Mittel zur Befriedigung dieser Bedürfnisse“. Gemeint sind Mittel zur Befriedigung der Bedürfnisse nach Essen, Trinken, Wohnung Kleidung usw…
Februar 18, 2017 at 9:50 pm
„Marx kritisiert die bürgerliche politische Ökonomie deshalb auch dafür, dass der Begriff der Bedürfnisse bei ihnen keine Rolle spielt (ebd.: 25). Um zu analysieren, wieso das nicht nur einem subjektiven Fehler geschuldet ist, sondern in den objektiven Verhältnissen nahe gelegt ist, muss Marx jedoch diese Gesellschaftsform erst einmal in ihrer konkreten Struktur, in der Bedürfnisse nur als Bedarfe wirksam werden, analysieren.“
Diese Aussage übersieht die politisch gewollte Rechtfertigungsfunktion von Gesellschaftswissenschaften.
Februar 19, 2017 at 10:23 am
Diese Rechtfertigungsfunktion ist hier nicht das Thema. Letztlich sind Linke eh meist zu sehr darauf bedacht, solche Funktionen anderer Theorien zu kritisieren, anstatt auch mal selber Theorien zu entwickeln. Und darum geht es Marx. Nur vom eigenen (als besser angenommenen) Erkenntnisstand heraus kann dann die andere Theorie auch sachlich kritisiert werden und nicht nur ideologisch.
Februar 19, 2017 at 5:54 pm
In der Tat sind die offiziellen Gesellschaftswissenschaften in der DDR und in der Sowjetunion bei Lenin stehengeblieben und also zum Epigonentum verkommen. Deshalb ist es höchst verdienstvoll, dass Du und viele andere die nicht-bürgerlichen Gesellschaftstheorien weiterentwickeln 🙂
Februar 18, 2017 at 9:54 pm
„Marx selbst geht von einem Warenbegriff aus, der eben nicht nur den (Tausch-)Wert verkörpert, sondern in dem die Waren mindestens auch einen Gebrauchswert haben.
„Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt.“ (KI, MEW 23: 49)“
Für mich, der ich etliche Jahre bei Siemens u. a. gearbeitet habe, ist Folgendes wesentlich: Ein Gegenstand wird zur Ware erst durch den Verkauf.
Februar 19, 2017 at 10:28 am
Da könnten wir lange drüber streiten. Letztlich wurde bei Siemens doch überhaupt nur gearbeitet, um die erzeugten Produkte letztlich zu verkaufen, oder? Ich weiß nicht, in welchem Zeitraum und wie ihr konkret gearbeitet habt. Heutzutage wird mehr und mehr gar nicht mehr produziert, bevor nicht die Bestellung dazu da ist (bei uns im High-Tech-Gerätebau z.B.).
Aber dieses genaue Vorgehen ist auch unwesentlich für die Begriffsbestimmung. Unter Marxisten gibt es zum „Warewerden“ mehrere Ansichten, ob das Produkt von Anfang an als Ware produziert wird (d.h. einen Wert hat/durch die Arbeit bekommt) oder ob sie das erst beim Tausch wird… Als Gesamtheit genommen ist der Produktionszyklus (der Reproduktionszyklus des Kapitals) sowieso eine Einheit von Produktion und Konsumtion, der Streit, wann der Wert „entsteht“, d.h. wann das Ding zur Ware wird, ist ein untergeordneter Streit.
Februar 19, 2017 at 6:10 pm
Der zweite Satz ist trivial. – In der Tat gab es hier Varianten: Oft haben wir nach unterschriebenem Vertrag gearbeitet – mitunter sind wir in Vorleistung gegangen. Das ist auch in einem Autohaus nicht anders, das einerseits mit Vorführwagen in Vorleistung geht – die meisten Autos jedoch auf bestellung liefert.
Der Mehrwert ist in beiden: im Vorführwagen ebenso wie im kundenspezifisch bestellten Modell. Sekundär ist m. E., wie weit ich ihn im Preis umsetzen kann. Der Preis des Vorführwagens ist viel geringer – er hat aber geholfen, den des bestellten Modells zu erzielen.
Für den Produzenten ist es unerheblich, ob ein bestimmtes Automobil Kundenbestellung oder Vorführwagen ist.
Februar 24, 2017 at 9:36 pm
PS: Ich gebe zu, dass ich jene Feinheiten nicht kenne.
Februar 18, 2017 at 10:01 pm
„Die Bezeichnung „gesellschaftliches Bedürfnis“ ist besonders vieldeutig. Wenn Gesellschaft als etwas den Menschen Äußerliches gesehen wird und die „gesellschaftlichen Bedürfnisse“ den persönlichen übergeordnet werden, so liegt lt. Heller eine Fetischbeziehung vor (Heller 1974/1980: 76). Auch die Denkweise, die gesellschaftlichen Bedürfnisse gäben die „echten“ Bedürfnisse vor, während die von Menschen anders gefühlten bzw. gedachten Bedürfnisse eher „unecht“ seien, ist so eine fetischisierende Denkform.“
Das ist offensichtlich unsinnig 😮
Februar 18, 2017 at 10:08 pm
„Wie also kann eine gegen den Kapitalismus gerichtete Theorie als Verwirklichung von Bedürfnissen verwirklicht werden?“
Nach den bisherigen Erfahrungen allein dann, wenn es einer hinreichend großen Menge von Menschen unerträglich schlecht geht, und wenn deren Bedürfnisse aufgegriffen werden.
Februar 18, 2017 at 10:11 pm
PS: Es geht ja längst nicht mehr gegen den Kapitalismus, sondern gegen den Finanzkapitalismus. Schade, dass Annette das nicht auseinanderhält.
Februar 19, 2017 at 10:33 am
Du schreibst „Es geht“… Wer oder was ist „es“??? Meine Argumentation geht duchaus immer noch gegen den ganz normalen Kapitalismus. Wenn Du anderer Meinung bist, bitte – aber dann wirst Du auf meine Argumentation nicht angemessen eingehen können.
Ich halte das insofern duchaus auseinander, als ich eben immer wieder auf die Probleme eingehe, die es schon ohne die „finanzkapitalistische“ Problematik gibt.
Februar 19, 2017 at 10:41 am
„Nach den bisherigen Erfahrungen allein dann, wenn es einer hinreichend großen Menge von Menschen unerträglich schlecht geht…“
Hm, das allein scheint aber nicht auszureichen, wenn man sich das Elend in dieser Welt anschaut.
Du ergänzt dann: “ und wenn deren Bedürfnisse aufgegriffen werden.“
Von wem „aufgegriffen werden“? Von anderen? Von ihnen selbst…? Wann geschieht das?
Februar 19, 2017 at 6:26 pm
„allein“ meint „notwendig“, nicht „hinreichend“
Annette:
Von wem „aufgegriffen werden“? Von anderen? Von ihnen selbst…? Wann geschieht das?
Peter:
Kristallkugel 😉
Stellt die Arabellion neue Erfahrungen bereit?
Februar 21, 2017 at 6:36 pm
„Stellt die Arabellion neue Erfahrungen bereit?“
Ich glaube, die eher nicht. Die betreffen ja genau genommen auch nicht die Abschaffung des Kapitalismus, da gings/gehts um noch viel rückschrittlichere gesellschaftliche Verhältnisse (die von Leuten, die erst mal Kapitalismus errichten wollen, auch noch sehr gepusht wurden).
Spannend wird es tatsächlich erst, wenn auch die Gesellschaftsordnung, die anscheinend zumindest im Vergleich mit Schlechterem doch recht demokratisch ist und auch noch viele Konsumbedürfnisse befriedigt so gefährlich wird, dass wir sie schleunigst abgeschafft kriegen müssten, bevor sie die Welt mitreißt… Da liegt die Latte um einiges höher und die Schäden die sie anrichtet, liegen für viele nicht offensichtlich zu Tage, es werden viele andere scheinbare Ursachen genannt und bekämpft, anstatt auf die Wurzel zu kommen…
Februar 24, 2017 at 12:23 pm
Verelendungstheorien helfen nicht weiter. Schauen wir mit Marx auf Bedingungen des Heranwachsens von historischer Notwendigkeit UND Machbarkeit (was angesichts der bisherigen Erfahrungen mit einigermaßen missratenen Sozialismusversuchen die Frage der Vertretbarkeit einschließt) einer revolutionären Transformation unserer privat- in eine gemeineigentümlich bestimmte Organisation unserer Produktionsbeziehungen, scheuen wir also auf Widersprüchen zwischen dem derzeitigen Entwicklungsgrad menschlicher Schaffenskraft (die stets auch Destruktivvermögen ist) und der Art, wie heute Zwecke und Mittel (Standorte, Mengen, ökologischer Fußabdruck usw.) der Produktion bestimmt werden.
Zu nennen wären neben den ökologisch destruktiven Wirkungen der Unfähigkeit zur gemeinschaftlichen Bestimmung der Produktionsbedingungen, -ziele usw. die Widersprüche zwischen den gewachsenen Fähigkeiten sowohl produktiver als auch konsumtiver Natur (Genussfähigkeit) und der strukturellen Unmöglichkeit, den dadurch möglichen Reichtum (auch z.B. Zeitreichtum) in zugleich individuell / persönlich wie gesamtgesellschaftlich und ökologisch vernünftige Bahnen zu lenken.
Engels: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW Bd. 19, S. 210
´Zur Inspiration:
Siehe: https://oekohumanismus.wordpress.com/damit-die-entfremdung-eine-unertragliche-macht-wird/
Oder: https://oekohumanismus.wordpress.com/about/marx-ueber-die-aufhebung-materieller-verhaeltnisse-und-darin-wurzelnde-rechtsauffassungen/
Februar 18, 2017 at 10:18 pm
„Den Gegenbegriff zum „notwendigen Bedürfnis“ bildet das „Luxusbedürfnis“. Marx unterscheidet „a) […] Notwendige Konsumtionsmittel, wobei es ganz gleichgültig, ob ein solches Produkt, wie z.B. Tabak, vom physiologischen Standpunkt aus ein notwendiges Konsumtionsmittel ist oder nicht; genug daß es gewohnheitsgemäß als solches“ „b) Luxus-Konsumtionsmittel, die nur in dem Konsum der der Kapitalistenklasse eingehn, also nur gegen verausgabten Mehrwert umgesetzt werden können, der dem Arbeiter nie zufällt.“ (KII, MEW 24: 402)“
PE: Auch eine Arbeiterfrau möchte sich schmücken.
„Was als Luxus gilt, ist nicht durch den Inhalt festgelegt (etwa, darüber, dass er über die biologisch-physiologische Bedürftigkeit hinausgeht). Luxus ist immer das, was nicht gewohnheitsgemäß zum Bedürfnissystem der Arbeiterschaft gehört.“
PE: Wirklich??
„Damit wird deutlich, dass sich die Bedürfnisse der Hauptklassen der kapitalistischen Gesellschaft unterscheiden und dies nicht nur durch das Maß an Luxus, sondern auch durch die Richtung der Bedürftigkeit. Während Menschen aus der Arbeiterklasse an der „Selbsterhaltung“ interessiert sind und auch „Entwicklungsbedürfnisse“ haben (KI, MEW 23: 649), besteht das Bedürfnis des Kapitals (bzw. seiner Funktionäre) im Bedürfnis nach Verwertung des Kapitals (d.h. der „Investition“ von Kapital zum Zwecke der neuerlichen unbezahlten Mehrwertaneignung und damit seiner Akkumulation).“
PE: Was ist mit den Ferraris der Firmen-Erben?
Februar 19, 2017 at 10:38 am
Bedürfnisse beziehen sich eben nicht nur auf Konsum (wie beim Ferrari des Kapitalisten), sondern hier wird gerade darauf hingewiesen, dass es noch andere Dimensionen von Bedürfnissen gibt. Dass auch die Arbeiterfrau sich schmücken will, ist letztlich doch auch kein echtes Problem für diese Begriffsbestimmung. Strass-Schmuck gehört mittlerweile wohl schon zu den möglichen notwenigen Bedürfnissen, in den USA auch ein Diamantchen auf dem Verlobungsrung – während die fetten Klunker der Reichen nach wie vor Luxus sind. Eine moralische Bewertung ist damt übrigens keinesfalls bezweckt. Der Begriff „notwendiges Bedürfnis“ spielt in der Marxschen Theorie bei der Frage der Höhe des Lohns und der möglichen Aneignung unbezahlter Arbeit eine Rolle…
Februar 19, 2017 at 6:32 pm
Ein neureicher Russe besucht einen Geschäftspartner und sieht bei ihm ein Bild mit einer schönen Frau. „Oh, wer ist das?“, fragt er erstaunt. „Mona Lisa“, antwortet jener.
Beim Gegenbesuch sieht letzterer zwei Bilder mit Mona Lisa. Erstaunt fragt er: „Wozu zwei Bilder?“ „Stereo Lisa!“, antwortet der Besitzer triumphierend.
Februar 19, 2017 at 6:47 pm
Annette:
Der Begriff „notwendiges Bedürfnis“ spielt in der Marxschen Theorie bei der Frage der Höhe des Lohns und der möglichen Aneignung unbezahlter Arbeit eine Rolle…
Peter:
„Höhe des Lohns und der möglichen Aneignung unbezahlter Arbeit“ verstehe ich – welches Bedürfnis ist notwendig: notwendig wofür?
Februar 21, 2017 at 6:23 pm
Bei der Erörterung der Ausbeutung bestimmt Marx als „notwendigen Teil seines Arbeitstages“ den Teil, in dem die Güter erarbeitet werden, die der Arbeiter zur Reproduktion seiner Arbeitskraft braucht (MEW 23: 245). „Notwendig“ bestimmt hier also das, was zur Reproduktion der Arbeitskraft gehört. Und dazu gehört, wie der Teil in meinem Text referiert, eben nicht das biologisch Notwendigste, sondern z.B. auch der Gewerkschaftsbeitrag oder auch der Schmuck, der für die nur ihre Arbeitskraft besitzende Klasse gewöhnlicherweise üblich ist.
Februar 23, 2017 at 12:07 pm
Danke für die Erklärung von „notwendig“!
Februar 18, 2017 at 10:20 pm
„Wie also kann eine gegen den Kapitalismus gerichtete Theorie als Verwirklichung von Bedürfnissen verwirklicht werden? “
Gute Frage!
Februar 19, 2017 at 6:20 pm
Annette:
Du schreibst „Es geht“… Wer oder was ist „es“???
Peter:
Wir 🙂
Annette:
Meine Argumentation geht duchaus immer noch gegen den ganz normalen Kapitalismus. Wenn Du anderer Meinung bist, bitte – aber dann wirst Du auf meine Argumentation nicht angemessen eingehen können.
Ich halte das insofern duchaus auseinander, als ich eben immer wieder auf die Probleme eingehe, die es schon ohne die „finanzkapitalistische“ Problematik gibt.
Peter:
In der Physik werden nach wie vor Probleme der Klassischen Mechanik diskutiert, weil diese eben nicht einfach der Grenzfall der Quantenmechanik ist. Insofern also Deine Auseinandersetzung mit dem „ganz normalen Kapitalismus“ Fragen gilt, die auch den Finanzkapitalismus betreffen, nehme ich meine Kritik zurück 🙂
Februar 21, 2017 at 6:18 pm
Kredit und ähnliches gehören ja auch zum „normalen“ Kapitalismus (siehe Kapitel 25.-32. des 3. Bands des „Kapitals“). Da gibst eigentlich keine Trennung. Man muss eben nur die Produktionssphäre ebenso ernst nehmen wie die Zirkulationssphäre und schauen, was Probleme in der Zirkulationssphäre („Finanzmarktkapititalismus“) mit Problemen in der Produktionssphäre (derzeit z.B. das Ausbleiben einer neuen „Langen Welle“) zu tun haben.
Februar 23, 2017 at 12:13 pm
Das verstehe ich nicht – „Lange Welle“ =?
Februar 23, 2017 at 4:45 pm
„Lange Welle“: Konzept der Darstellung von Entwicklungsschüben im Kapitalismus, auch „Kontratjew-Wellen“ genannt. Katja aus unsrer Zukunftswerkstatt hat da mal was dazu geschrieben: http://www.zw-jena.de/arbeit/globalisierung.html
Im Punkt 8 wird diskutiert, dass seit Längerem keine wirklich neue Lange Welle begonnen hat, wie zu erwarten wäre. Zwar gibt es natürlich „Innovationen“ und die ganze Internetwelt hat sich massiv entwickelt, aber das ist keine Basistechnologie, die dieselben Effekte hätte wie die vorherigen Langen Wellen. Das zeigt sich auch daran, dass Investitionen i die Realwirtschaft sich eben nicht wie im Falle der früheren Langen Wellen „lohnen“, sondern die Finanzsphäre aufblähen…
Während in den 90ern noch selbstverständlich angenommen würde, es würde eine neue Lange Welle kommen, bloß diskutiert wurde, was das wäre… wird heute öfter gesagt: Es kommt keine mehr und genau das macht einen großen Teil der Probleme, die in der Zirkulation zu erkennen sind,aber da aben nicht ihre Ursache haben.
Februar 19, 2017 at 7:54 pm
Annette:
Bei vielen nicht, aber für für Leute, die sich keine Mühe geben, schreibe ich auch nicht.
Peter:
Die meisten geben sich nicht jene Mühe.
Annette:
Letztlich hatte auch Newton das Problem, Begriffe wie „Kraft“ und „Impuls“ zu definieren …
Peter:
Newton hat das, was wir als Impulsvektor bezeichnen, seinem Betrag nach – wie Descartes – als „Bewegungsgröße“ definiert (Principia, Definition 2) und ihm im 2. Axiom die Eigenschaft „gerichtet“ zugewiesen.
In der Tat hat Newton mehrere Kräfte definiert; Probleme der Definition der Kraft werden z. B. in Sommerfelds „Klassische Mechanik“ diskutiert.
Pioniere schlagen Pfade durchs Dickicht – Autobahnen werden später gebaut.
Annette:
… und seine Axiome bilden durchaus auch nicht unbedingt die alltägliche Erfahrung ab.
Peter:
Genauso, wie alle Grundgesetze: Um allgemeingültig zu sein, müssen sie von einzelnen Situationen, Materialien usw. abstrahieren.
Newton verwendet m. E. keine Wörter entgegen ihrer allgemeinen Bedeutung.
Annette:
Oder ist es normal, dass nicht die Ruhe das „Normal“ für die Mechanik bildet, sondern die gleichförmig-geradlinige Bewegung?
Peter:
Bei Newton sind Ruhe und gleichförmig-geradlinige Bewegung gleichberechtigt; Euler u. a. behandeln beide getrennt. In der Speziellen Relativitätstheorie sind beide ununterscheidbar (diesbzgl. ist Deine Formulierung nicht ganz exakt).
Annette:
Dass uns seine Theorie heute so „normal“ erscheint, ist unserer Bildung seit der Kindheit zuzuschreiben, bei der entsprechende Vorstellungen in unseren Alltagsverstand eingebrannt werden.
Peter:
Newtons Theorie war seinerzeit nicht intuitiv und ist es auch heute nicht (s. mein Buch „Classical and Quantum Mechanics“, im Druck).
Februar 21, 2017 at 6:26 pm
„Newton verwendet m. E. keine Wörter entgegen ihrer allgemeinen Bedeutung.“
Doch, noch Voltaire hat ihn da falsch verstanden. In der allgemeinen Bedeutung ist es bis heute so, dass fast alle Menschen unter einer „Kraft“ das verstehen, was eine Bewegung erzeugt. Nicht nur das, was sie beschleunigt.
„Newtons Theorie war seinerzeit nicht intuitiv und ist es auch heute nicht (s. mein Buch „Classical and Quantum Mechanics“, im Druck).“
Genau! Darauf wollte ich hinaus. Für jede Theorie müssen die gültigen Definitionen, in der Physik auch die Messverfahren, mit bestimmt werden, sie ergeben sich nicht einfach aus der Alltagsvorstellung.
Februar 20, 2017 at 7:16 pm
Methode: Man reiße einen Satz von Marx aus dem Argumentationszusammenhang, forme daraus ein Dogma, und leite aus dessen immer währenden Wahrheit die Entstehungsgeschichte der Menschen ab.
Was so beginnt wird selten gut.
Als alternative Lektüre sei Engels „der Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen“ empfohlen.
https://oekohumanismus.wordpress.com/2008/11/06/arbeit-schaffte-den-menschen/
Februar 21, 2017 at 6:29 pm
Die „Mittel zur Bedürfnisbefriedigung“ spielen da aber auch eine große Rolle, oder etwa nicht? Es ist klar, dass ein Verweis auf die Bedeutung von Bedürfnissen in der Geschichte keine vollständige Geschichtstheorie enthalten kann, Argumentationszusammenhang hin oder her.
Ansonsten fiel mir grad die ketzerische Frage ein: Wenn Arbeit den Menschen schaffte – wer schuf dann die Arbeit ???
Februar 21, 2017 at 10:10 pm
Hat Engels doch super beschrieben. Emanzipation der Vorderfüße, dadurch Handlungsfreiheit, Werzeuggebrauch und -bau. Damit einher gehend die Entwicklung von Sprache, Denk- und Kooperationsvermögen. Was Engels noch nicht wissen konnte,ist, welch große Rolle die Entwicklung der Fähigkeit spielte, drei Farben zu unterscheiden und damit von etwas größerer Entfernung Früchte ausmachen zu können, die mit weniger Zeitaufwand mehr Energie spenden als Blätter..
Die die (weitere) Menschwerdung voran treibende Entwickllung von Produktivkräften, Spielraum (Freiheit) und Bedürfnissen entwickelten sich (und entwickeln sich noch) in Wechselwirkung, mehr Bedürfnisse schufen (und schaffen noch) wiederum mehr Bedürftgkeit also woeder neue (mehr) Anstrengungen, Freiräume usw.
Februar 23, 2017 at 12:03 pm
Henne – Ei
Februar 23, 2017 at 2:11 pm
Henne oder Ei ist nur dann die Frage, wenn man Darwin ignoriert und sich das Leben als Kombination fertiger Seinselemente vorstellt statt als Wechselwirkungen der im Werden und Vergehen eingeschlossenen Kräfte und Strukturen.
Februar 23, 2017 at 4:51 pm
“ Emanzipation der Vorderfüße, dadurch Handlungsfreiheit, Werzeuggebrauch und -bau. Damit einher gehend die Entwicklung von Sprache, Denk- und Kooperationsvermögen. “
Aber damit ist doch längst noch nicht alles gesagt. Dazu müsste heute schon genauer auf präzisere neuere Konzepte dazu eingegangen werden. Neu ist z.B. die Diskussion der Frage, was an der Werkzeugherstellung und am Werkzeuggebrauch bei Menschen anders ist als bei Tieren, denn dass diese auch welche gebrauchen und sogar herstellen, ist inzwischen gut bekannt. Wenn man da bei zu alten Behauptungen stehen bleibt, gerät man ins Hintertreffen, weil es anscheinend plötzlich keinen Unterschied mehr zwischen Tieren und Menschen gibt (was ja heute auch sehr oft behauptet wird, z.B. gibts eine Menge junge, gesellschaftlich recht fortschrittliche junge Leute, die denen, die einen Unterschied behaupten „Speziezismus“ vorwerfen).
P.S. Hier steht was zur Spezifik dessen, was Menschen mit Werkzeugen anstellen, was Tiere nicht hinkriegen: http://www.thur.de/philo/kp/anthropogenese.htm#_Toc509716068
Februar 20, 2017 at 7:35 pm
Februar 23, 2017 at 5:13 pm
Komischerweise sehe ich diesen Kommentar in meiner Blog-Betreiberansicht auch nicht, sonst könnte ich es eigentlich reparieren…
Februar 23, 2017 at 5:18 pm
Er kritisierte auch, dass über Ökonomie geschrieben wird und dabei nur die Zirkulation in Betracht gezogen wird, wo ja die Produktion und damit auch der Zweck der Produktion von vornherein aus dem Blick verschwunden ist.
Kritik bei Marx muss nicht in einem Satz bestehen: „Ich kritisiere, dass…“, sondern: Indem er es bewusst anders macht als das, was er kritisiert, zeigt er, was er als kritikwürdig ansieht. Wenn er eben z.B. der Ware von vornherein einen Nutzen zuschreibt, statt nur in Zirkulationsworten über „Angebot“ und „Nachfrage“ zu reden. Oder wie in Wikipedia als „Wirtschaftsgut“ (die *technologische* Bestimmung der „Ware“, wie sie unten im Text erläutert wird, ist noch einmal ein anderer, von der *ökonomischen* Theorie getrennter Diskussionsstrang).
März 3, 2017 at 9:37 am
Marx hätte wohl sein Vergnügen an Ganzjunghegelianer, die glauben, dass der Doppeltcharakter einer Ware darauf angewiesen ist, dass Marx ihr diesen zuschreibt, und die aus seiner Kritik der Ableitung ökonomischen Werte aus dem Angebot- und Nachfragegeschehen (und damit aus dem Gebrauchswert) den Umkehrschluss ziehen, dass es nur einen Produktionszweck geben könne und dass dieser (nämlich der von der Klasse der Produktionsmitteleigner angeeignete Mehrwert bzw. Profiit) von einer Produktionssphäre bestimmt würde, die gänzlich unabhängig vom Marktgeschehen (und also vom Gebrauchswertcharakter der Ware) existiere.
In Wirklichkeit ist das Marktgeschehen, also die von den Konkurrenten bestimmten Preise bzw. Summen Geldes, die für den Erwerb der Gebrauchswerte zu zahlen sind, und die Entscheidung der (Potenziellen) Kunden, diese zu akzeptieren (also das der Sphäre der Gebrauchswertrealisierung angehörende Geschehen) eine notwendige Vermittlungsinstanz nicht nur der an den Gebrauchswerten gemessenen Produktionszwecke sondern auch des Produktionszwecks der Wertproduktion in der Produktionssphäre und deren Aneignung durch die Klasse der Produktionsmitteleigner, weil die im gesellschaftlichen Durchschnitt zu verausgabende Arbeitszeit nur in so fern Grundlage des gesellschaftlichen Durchschnittstauschwert sein kann, wie der angebotene Gebrauchswert durch die Konkurrenten frei reproduzierbar ist, und die miteinander konkurrierenden Produktionsagenten auf die Rückwirkungen der Preisbewegungen auf die individuellen Gewinnaussichten reagieren (müssen).
Februar 20, 2017 at 7:37 pm
Grr,… den Quote-Tag nicht geschlossen. Schade, dass man das nicht nachträglich korrigieren kann.
Februar 20, 2017 at 10:03 pm
Das ist allerdings lediglich aus der Sicht des Kapitals so. Allgemein gilt: der materielle Reichtum besteht aus der Möglichkeit, sich Gebrauchswerte aneignen zu können. Der Gebrauchswert des Lohns ist, als Mittel zur Aneignung begehrter (und zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendiger) Gebrauchswerte fungieren zu können. Aus dieser Sicht ist ein möglichst geringer Warenwert von Vorteil.
Februar 21, 2017 at 2:00 pm
Das scheint mir den marxschen Blick auf die menschliche Natur nicht so ganz. zu treffen. Marx sah Kapitalismus durchaus als Motor der kulturellen Entwicklung, wie sie sich etwa in der Entwicklung der menschlichen Genussfähigkeit ausdrückt.
Die spezifisch menschliche Natur entwickelt sich nach Marx mit der Fähigkeit, einen gesellschaftlichen Nutzen d.h. also Mittel der Bedürfnisbefriedigung, zielgerichtet her- und bereitzustellen. Kapitalismus schafft aber nur die historische Voraussetzung. Die kapitalistisch voran gepeitschte Entwicklung der Produktivkräfte (zu denen in gewisser Weise auch die sich entwickelnde Genussfähigkeit gezählt werden kann) bedürfen ab einem gewissen Grad ihrer Entwicklung neuartige Produktionsverhältnisse als Entwicklungsgrundlage.
Februar 21, 2017 at 5:31 pm
Hier fragt sich als erstes, was überhaupt mit „gesellschaftliche Bedürfnisse“ gemeint ist. Was anderes kann gemeint sein, als Bedürfnisse, deren Befredigung zur Voraussetzung haben, dass andere die dafür benötigten Mittel her- und bereit stellen oder das Bedürfnis, erwas für andere zu tun?
Und was würde es bedeuten, diese zu fetischisieren? Ist nicht das – mittels Eablierung kommunistischer Interaktionsbedingungen zu lösende – Problem der Fetishisierung, dass die kapitalistische Art, über die Produktion der zur Bedürfnisbefriedigung benötigten Mittel zu entscheiden gar nicht als eine gesellschaftliche Art der Bedürfnisbefriedigung (und -entwicklung) erscheint?
Dass einem beispielsweise die für wohlverdientes Geld angeeigenten Produkte fälschlicherweise als Produkte eigener Arbeit und deren Raubbau als Lohnerhöhung oder ein Mehr an sozialer Gerhtigkeit erscheint? Dass also die Frage ist, unter welchen Umständen der von Marx/Engels konstatierte Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen (nebenbei auch ökologischen) Charakter kapitalistisch organisierter Arbeit und der privateigentümlichen Aneignung seiner Ergebnisse nicht nur aufgelöst werden muss sondern und uch aufgelöst werden kann.
Februar 21, 2017 at 6:46 pm
Ich weiß nicht, ob Du die Struktur eines Textes mit liest, oder ob Du Dich immer an einzelnen Satzteilen abarbeitest.
Du schreibst: „Hier fragt sich als erstes, was überhaupt mit „gesellschaftliche Bedürfnisse“ gemeint ist. Was anderes kann gemeint sein…“. Du kriegst also mit, dass es irgendwie um „gesellschaftliche Bedürfnisse“ geht und machst dann gleich deine eigene Definition „Was anderes kann gemeint sein…“…
Aber darum geht es gar nicht. Es geht in der ersten Bedeutung, wie klar und deutlich im Satz vorher geschrieben wird, um „gesellschaftliche Bedürfnisse“ die den persönlichen übergeordnet werden, weil die Gesellschaft als etwas den Menschen Äußerliches angesehen wird. Für solche Situationen, wenn etwas, was mit Menschen direkt zu tun hat als ihnen Äußerliches wirkt/betrachtet wird, wird auch bei Marx die Bezeichnung „Fetischbeziehung“ verwendet.
Den „Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen …Charakter kapitalistisch organisierter Arbeit und der privateigentümlichen Aneignung seiner Ergebnisse“ hat übrigens Engels an nur einer popularisierenden Stelle mal verwendet, ihn gibt es systematisch im Konzept von Marx gar nicht. Das Problem mit dieser Widerspruchsbestimmung ist, dass sie oft so diskutiert wird, als wäre ein Pol des Widerspruchs (gesellschaftlicher… Charakter) ja ganz in Ordnung, nur die privateigentümliche Aneignung sei abzuschaffen. Aber letztlich geh es ja auch darum, die auf kapitalistische Weise organisierte gesellschaftliche Produktion anders zu organisieren (z.B. Produktion durch „Privatproduzenten“, also vereinzelte Unternehmen… Zwecke der Produktion…).
Februar 21, 2017 at 9:29 pm
Ist Kapitalismus an Großunternehmen gebunden?
Februar 23, 2017 at 4:53 pm
Nein, zu Marxens Zeiten gabs die ja z.B. auch noch nicht. Aber es gibt für kapitalistische Verhältnisse so was wie eine „innere Logik“, die zu Kapitalkonzentration und damit Großunternehmen tendiert.
Februar 23, 2017 at 9:53 pm
Der Kapitalismus als Produktionsweise ist von Großbetrieben unabhängig – als gesamtgesellschaftliches Herrschaftsverhältnis jedoch nicht, wie man am Einfluss von Großindustriellen von Borsig und Siemens bis Krupp und Thyssen sieht, und auch am relativ schwachen Stand der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland sieht (bitte nicht durch die Rettung des Zweit-Ferraris von Firmenerben blenden lassen). Und Großbetriebe gab es bereits zu Marx‘ Lebzeiten: „Die drei Berliner Betriebe [von Borsig] beschäftigten [1850] bereits 1800 Mitarbeiter, was zur damaligen Zeit ein Großunternehmen darstellte, dem auch die Wirtschaftskrise von 1848 bis 1852 nicht viel anhaben konnte.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Borsig_(Unternehmen))
Das wesentliche gesellschaftliche Herrschaftsverhältnis im Feudalismus ist die Grundherrschaft, im Kapitalismus – das produktive Kapital, im Finanzkapitalismus – das Finanzkapital, oder ist das zu stark vereinfacht? (Wer frühstückt beim merkel?! Wie viele Sekunden dauerten die Milliardengeschenke an die Banken?! Wie viele Medien gehören _nicht_ zur „Lügenpresse“, die den Schuldentransfer von den Bankenbesitzern und -Leitern zu den Steuerzahlern als „Staatsschulden“ vernebelt?!)
Februar 21, 2017 at 11:04 pm
Immerhin kriegst du irgendwie mit, dass ich hinterfrage, was Heller mit „gesellschaftlichen Bedürfnissen“ deren Fetischisierung sie beklag, anderes meinen könnte, als dass sie gesellschaftlich vermittelt und zu befredigen sind..Deine „Antwort“ ist: allerdings ein wenig unpassend: Darum geht es also nicht. Nunja. Wer mit dem ES auf Du ist, kriegt natürlich besser mit,was ES gerade vorhat. Das ES will deiner Ansicht nach also nicht, dass „gesellschaftliche Bedürfnise“ .(von denen allerdings immer nooch unklar ist, was Heller damit meint) den persönlichen übergeordnet sind. Heller scheint also zu glauben, dass persönliche Bedürfnisse nicht gesellschaftlich sind. Ja, das hatte ich geahnt und eben das ist meine Kritik..Sie meint vielleicht die Fetischisierung von Gemeinwohl, das als wie eine mit eigenem Geist beseelte Gottheit vorgeselllt wird, dem Opfer zu bringen ist.
Ich halte allerdngs für das größere (wenn auch ewas kniffligere) Problem, die systematische Unfähigkeit, die gesellschaftliche Beziehungen zwischen Produktion und Aneignung als solche nachzuvollzehen , wie in Sind wir des Warensinns beschreben.
https://oekohumanismus.wordpress.com/2008/11/23/sind-wir-des-warensinns/
Mit dem „Abschaffen“ von irgend etwas hatten übigens weder Max noch Egels etwas zu schaffen. Und mit moralischen Wertungen hat der gesellschaftliche Charakter kapitalistischer Arbeit nichts zu tun. – auch nicht die private Aneignung. Es sind analytische Kategrien, keine ethische. Die marxsche Perspektive ist nicht der Sieg „des Gesellschaftlichen“ über „das Private“ sondern Sieg der (öko-) kommuniistische .Vermittlung von Produktion und Konsum über den genannten Widerspruch.
„Der Kommunismus als positive Aufhebung des Privateigentums als menschlicher Selbstentfremdung und darum als wirkliche Aneignung des menschlichen Wesens durch und für den Menschen; darum als vollständige, bewußt und innerhalb des ganzen Reichtums der bisherigen Entwicklung gewordne Rückkehr des Menschen für sich als eines gesellschaftlichen, d.h. menschlichen Menschen. Dieser Kommunismus
ist als vollendeter Naturalismus = Humanismus, als vollendeter Humanismus = Naturalismus, er ist die wahrhafte Auflösung des Widerstreites zwischen dem Menschen mit der Natur und mit dem Menschen,die wahre Auflösung des Streits zwischen Existenz und Wesen, zwischen Vergegenständlichung und Selbstbestätigung, zwischen Freiheit und Notwendigkeit, zwischen Individuum und Gattung. Er ist das aufgelöste Rätsel der Geschichte und weiß sich als diese Lösung.
Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844, MEW Bd. 40, S. 536
Februar 23, 2017 at 4:56 pm
„Heller scheint also zu glauben, dass persönliche Bedürfnisse nicht gesellschaftlich sind.“ Nein, aber sie müssen auch als persönliche thematisiert werden und eben nicht nur als aufs Individuum heruntergebrochene „gesellschaftliche“. Natürlich sind individuelle Bedürfnisse auch gesellschaftlich und gesellschaftliche haben was mit dem Leben der Individuen zu tun. Aber in diesem Verhältnis gibt es nicht nur eine platte, abstrakte Identität („ist alles dasselbe“), sondern auch analytisch sinnvolle Unterscheidungen.
Februar 23, 2017 at 5:03 pm
„… Rückkehr des Menschen für sich als eines gesellschaftlichen, d.h. menschlichen Menschen.“
Seit ich das Hegelsche Konzept dieser Argumentation verstanden habe, kann ich für die menschliche Geschichte damit immer weniger anfangen. Ich habe, als ich die ÖPM kennen gelernt habe, mich auch ein wenig berauscht an diesen Marxschen Gedanken, aber argumentativ kann man nichts damit anfangen.
Genau darum dreht sich der folgende Beitrag (https://philosophenstuebchen.wordpress.com/2017/02/19/massstab-des-nicht-entfremdeten/)
Februar 23, 2017 at 5:10 pm
„Mit dem „Abschaffen“ von irgend etwas hatten übigens weder Max noch Egels etwas zu schaffen.“
Aber mit „in die Luft sprengen“ schon 😉 : „Das Proletariat, die unterste Schicht der jetzigen Gesellschaft, kann sich nicht erheben, nicht aufrichten, ohne daß der ganze Überbau der Schichten, die die offizielle Gesellschaft bilden, in die Luft gesprengt wird“ (Manifest)
Das Wort „Abschaffen“ gibts da auch, ganz konkret in Bezug auf die „Abschaffung des bürgerlichen Eigentums“, und was wäre das anderes als Abschaffen der kapitalistischen Verhältnisse?
Februar 22, 2017 at 8:56 am
„Die Aufhebung des Privateigentums ist daher die vollständige Emanzipation aller menschlichen Sinne und Eigenschaften; aber sie ist diese Emanzipation grade dadurch, daß diese Sinne und Eigenschaften menschlich, sowohl subjektiv als objektiv, geworden sind. Das Auge ist zum menschlichen Auge geworden, wie sein Gegenstand zu einem gesellschaftlichen, menschlichen, vom Menschen für den Menschen herrührenden Gegenstand geworden ist.
Die Sinne sind daher unmittelbar in ihrer Praxis Theoretiker geworden. Sie verhalten sich zu der Sache um der Sache willen, aber die Sache selbst ist ein gegenständliches menschliches Verhalten zu sich selbst
und zum Menschen3 und umgekehrt. Das Bedürfnis oder der Genuß haben darum ihre egoistische Natur und die Natur ihre bloße Nützlichkeit verloren, indem der Nutzen zum menschlichen Nutzen geworden ist.
Ebenso sind die Sinne und der Genuß der andren Menschen meine eigne Aneignung geworden.“
Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844. MEW Bd. 40, S. 540
Februar 23, 2017 at 7:48 pm
Ok, verschiedentlich haben beide tatsächlich das Wort „Abschaffen“ benutzt. Etwa hier:
Engels: Grundsätze des Kommunismus, MEW Bd. 4, S. 372
Aber auch hier wird die Distanz zur Vorstellung deutlich, die Transformation privat- in gemeineigentümlich (kommunistisch) bestimmte Produktion und Aneignung (der zur Bedürfnisbefriedigung notwendigen Mittel) sei durch einen einzigen Willkürakt zu leisten, wie wenn man einen Fernseher abschafft und einen neuen anschafft.
Dass sich eine solche großeTransformation (wobei, nebenbei gesagt, auch die Verkennung der Gesellschaftlichkeit persönlicher Bedürfnisse und Fähigkeiten oder der eigenen Bedürfnisbefriedigung aufgehoben.wird) vielmehr nur m Rahmen von – teilweise sehr langwierigen – gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen vollziehen kann und dass Notwendigkeit und Möglichkeit dessen bestimmter materieller (und geistiger) Voraussetzungen bedarf über die es sich tatsächlich zu streiten lohnte.
Etwa, wie sich Bedürfnisse nach (welt-) gemeinschaftliche Entscheidungsstrukturen aufbauen. (Die können ja leider nicht vorausgesetzt werden)
Februar 23, 2017 at 10:26 pm
Wie Annette richtig sagt, gibt es im Kapitalismus eine innere Notwendigkeit zur Kapitalkonzentration.
Februar 24, 2017 at 10:35 am
„Etwa, wie sich Bedürfnisse nach (welt-) gemeinschaftliche Entscheidungsstrukturen aufbauen. (Die können ja leider nicht vorausgesetzt werden)“
Sobald nicht mehr Kapitalinvestitionsentscheidungen und Mächtige „für uns“ alles regeln und entscheiden, haben wir natürlicherweise ein Bedürfnis danach, den gesamten Komplex der Reproduktion und damit natürlich die Entscheidungsstrukturen dafür, selbst zu kontrollieren und zu entwickeln. Wenn ich z .B. weiß, dass die Versorgung mit Fisch davon abhängt, ob die Weltmeere versauern oder vermüllen, habe ich natürlicherweise ein Bedürfnis danach, vernünftige „(welt)-gemeinschaftliche Entscheidungsstrukturen“ zu haben. Nur verbieten wir es uns jetzt, drüber nachzudenken, weil wir uns dann noch ohnmächtiger fühlen.
Hier zeigt sich übrigens auch wieder die Rolle der Produktivkräfte. WEIL unsere Reproduktionszusammenhänge eh inzwischen gobal vernetzt sind, bedürfen wir der Kontrolle über solche globalen Zusammenhänge und müssen nicht auf entsprechende Bedürfnisse warten. Wenn Menschen innerhalb kleiner regionaler Inseln autarkt leben würden/noch könnten, würden sich ihre Bedürfnisse auch nur darauf beziehen…
Februar 24, 2017 at 11:16 am
„Grundsätze des Kommunismus“
Du weißt aber schon, wie das mit „vorläufigen Programmentwürfen“ ist?
Gültig ist immer noch das, was sie offiziell als Programm entworfen und veröffentlicht haben.
Um sauber zu argumentieren, muss man wohl auch unterscheiden zwischen der politischen und der ökonomischen Seite. Dass Marx und Engels kurz vor dem Manifest nicht gedacht hätten, dass das Proletariat zuerst die politische Herrschaft braucht (im Unterschied zum früheren Übergang zum Kapitalismus, wo die Bourgeois auch ohne politische Herrschaft ihre ökonomische Dominanz vorbereiten konnten), wäre mir neu. Auch im Manifest steht dann noch, dass mittels der politischen Herrschaft der Bourgeoisie „nach und nach“ alles Kapital zu entreißen sei. Das hatte aber nichts mit einem Plan oder Wunsch, sondern mit Zugeständnissen an die Realität zu tun.
Wenige Jahre vor den „Grundsätzen…“ hatte Marx vor allem für Deutschland sowieso noch konstatiert, dass das Proletariat durch die industrielle Bewegung erst „zu werden“ beginnt (MEW 1: 390) und dies allmählich geschehe. Wenn das dann geschehen sei, so der Schlusssatz, also „wenn alle innern Bedingungen erfüllt sind“, dann aber „wird der deutsche Auferstehungstag verkündet werden….“ (ebd.: 391).
Dass MuE auch im Manifest noch davon ausgingen, dass es noch nötig sei, die „Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu mehren“ hängt auch mit den Bedingungen zusammen. Später wurde ja daraus die Annahme, vor dem Kommunismus brauche es erst noch einige Zeitlang den Sozialismus, um die Voraussetzungen des Kommunismus zu schaffen (wobei der Schnitt zwischen Kapitalismus und Sozialismus als qualitativer Umbruch gehen wurde und nicht als allmähliche Umgestaltung…). Heute ist das natürlich in dem damals gemeinten Sinn fragwürdig geworden.
Da wird es eher eine andere Art Zwischenetappe geben müssen vor der erwünschten „Allianz mit der Natur“, während der sich die Menschheit mit den außer Rand und Band geratenden Naturmächten (durchs Überschreiten der Planetaren Grenzen) auseinandersetzen muss.
Februar 25, 2017 at 8:54 pm
Nur verbieten wir es uns jetzt, drüber nachzudenken, weil wir uns dann noch ohnmächtiger fühlen.
Weil die kapitalistischen Interaktionsbedingungen uns globalisierten Individuen die eigenen Verhältnisse (zum Beispiel als Konsumierende zur Her- und Bereitstellung oder als Investierende und Produzierende zum Konsum) und damit auch die eigene (Welt-) Gesellschaftlichkeit als eine außer uns existierende Naturgewalt erscheinen lassen von der wir nicht wissen woher und wohin und die wir nicht beherrschen, sondern die im Gegenteil uns beherrscht.
Es käme deshalb darauf an, inmitten all der privateigentümlich (und nationalstaatlich) bestimmten Vernunft, Keime (welt-) kommunistischer Vernunft zu entdecken und zu sehen, welche gesellschaftliche Praxis deren Stärkung und Weiterentwicklung förderlich sein könnte. Letzteres, weil Angebote an Aufklärung über die Folgen von Meerersversauerung, Bodendegregation usw. für die eigene Zukunft oder Angebote an Aufklärung, die auf eine Sensibilisierung für das Leiden der anderen bezwecken (als Voraussetzung der globalen Verbrüderung bzw. Vergeschwisterung) eben auch eine Nachfrage gegenüber stehen muss, also einem hinreichenden bedürfnis, aufgeklärt zu werden oder sich selbst aufzuklären. Und diese (in Ansätzen kommunistische) Nachfrage ist nicht voraussetzungslos, muss sich vielfach erst entwickeln und ständig weiterentwickeln und zwar weitgehend gegen den Strom. Solche Praxis bieten etwa die Ansätze, die in einem gewissen Umfang kritischen bzw. ihrer Gesellschaftlichkeit (und ihren ökologischen Voraussetzungen und Wirkungen) bewussten Konsum erlauben, wie Fair Trade oder Ökowaren, aber auch Devinvestmentkampagnen oder Ökosteuern.
Ja, das ist eben die Form, in der wir Widersprüche zwischen der (Welt-) Gesellschaftlichkeit unserer (Re-) Produktionsbeziehungen und der privat- bzw. nationalbornierten Aneignung (die keiner Rechtfertigung gegenüber dem vermeintlichen „außen“ bedarf) entdecken und – allerdings in vielen Zwischenschritten – das Bedürfnis nach weltgemeinschaftlicher Kontrolle über die Entwicklung und Anwendung unserer enormen (und enorm gefährlichen) Produktivkräfte entwickeln.
Das Problem am philosophischen Idealismus ist, dass er von einer unmittelbaren gesellschaftlichen Wirksamkeit der eigenen Erkenntnis logischer Zusammenhänge (Meeresversauerung, eigene Zukunft) auszugehen und die Bedeutung der materiellen Bedingungen für die Entwicklung eines kommunistischen Idealismus in der gesellschaftlichen Praxis zu unterschätzen scheint.
Februar 21, 2017 at 9:33 pm
Was ist mit den elementaren Widersprüchen zwischen gesellschaftlichen: „Du sollst nicht töten!“ und individuellen Wünschen: „Ich begehre meinen verheirateten Nachbarn!“?
Februar 22, 2017 at 8:59 am
Solange das nicht mit einem Mordkomplott gegen den Nachbarn verbunden ist, keiner – vermute ich.
Februar 24, 2017 at 10:40 am
Sogar bei einer grundsätzlichen Übereinstimmung von individuellen und gesellschaftlichen Bedürfnisse hat ja keine/r behauptet, dass alles konfliktfrei laufen würde.
Für Konflikte zwischen Menschen im Zusammenhang mit Bedürfnisse gibt es übrigens das Konzept und die Praxis der „Gewaltfreien Kommunikation“: https://philosophenstuebchen.wordpress.com/2010/11/04/gewaltfreie-kommunikation-teil-i/
Da wird unterschieden zwischen Bedürfnissen und den Strategien zu ihrer Befriedigung. Man findet meist, dass die grundlegenden Bedürfnisse (die in der GFK auch in so was wie Listen zusammen getragen wurden) allen Menschen gemeinsam sind (wie die nach Anerkennung etc.), dass aber mitunter die Strategien zur Befriedigung aneinandergeraten. Die Lösung besteht dann darin, herauszufinden, welche Bedürfnisse dahinter stehen, und dass es auch andere Strategien gibt, bei denen anderen nicht geschadet wird…