In der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg (siehe dazu eine kurze Einführung von Gens 2009 bzw. Blogbeiträge von mir) wird davon ausgegangen, dass alle Menschen letztlich grundsätzlich die gleichen Bedürfnisse haben (Rosenberg 2004/2010: 13) – diese werden zur häufig in Listen erfasst (Liste 1 (Becker), Liste 2 (Lichtkreis), Liste 3 (Fritsch), Liste in Forendiskussion „Gewaltfrei im Norden“ 2007f.,… Liste aus verschiedenen Konzepten (Weckert 2011)).
Mit dem Konzept der „Gewaltfreien Kommunikation“ können Konflikte gelöst werden, wenn es den Beteiligten gelingt, sich über ihre Bedürfnisse klar zu werden, ihre Bedürfnisse mitzuteilen und Strategien zu entwickeln, mit denen sie ihre Bedürfnisse befriedigen können, ohne in Konflikt zu geraten.
Die in der Gewaltfreien Kommunikation zugrunde gelegten Bedürfnisse lassen sich einordnen nach dem Maß an Dringlichkeit, die mit den Extremen „Werde schnell sterben, wenn es nicht erfüllt ist“ und „kann lange leben, ohne dass es erfüllt ist“ charakterisiert werden. Ohne Luft werde ich z.B. schnell sterben, auf Sexualität oder Kreativität kann ich dagegen länger verzichten, so heißt es zumindest hier.
Die andere Dimension, nach der die Bedürfnisse sortiert werden, zeigt, wieviele Möglichkeiten es gibt, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Bei der Luft sind nicht so viele Strategien zur Bedürfnisbefriedigung möglich. Mir fallen nur Atmen und künstliche Beatmung ein. Mit etwas mehr Nachdenken fällt mir noch ein, dass die Art und Weise der Atmung auch eine große Bedeutung für mein körperliches und geistiges Wohlbefinden hat, also sogar hier gilt das Grundprinzip der GFK: Bedürfnisse und die Strategie zu deren Befriedigung zu unterscheiden, um insbesondere im Konfliktfall die Bedürfnisse nicht aufgeben zu müssen, aber günstigere Strategien finden zu können. Bei Bedürfnissen, wie jenem nach Gemeinschaft oder Bedeutsamkeit, Kreativität und Spaß gibt es im Unterschied zum Luft-Bekommen trotzdem eine viel größere Vielfalt an Strategien. Dies zu wissen, kann mir zu mehr Flexibilität und einer Bereicherung in der Vielfalt der Bedürfnisbefriedigung verhelfen.
Obwohl dieses Konzept auch zur Verständigung zwischen Menschen in politischen Streitfällen angewendet wird, bezieht es sich nicht auf übergreifende gesellschaftliche Strukturen, innerhalb derer die gesellschaftliche Arbeit zur Erzeugung der Mittel für die Bedürfnisbefriedigung erfolgt. Scheinbar lassen sich so alle Konflikte ohne eine Thematisierung oder Veränderung von gesellschaftlichen Verhältnissen, die über die unmittelbaren kooperativ-gemeinschaftlichen Bezüge hinausgehen, lösen.
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