Die Abkehr von Karl Marx von der Vorstellung eines menschlichen „Gattungswesens“ und die Bezugnahme auf die „wirklichen“ Menschen wird von Klaus Holzkamp (1927-1994), der mit der „Kritischen Psychologie“ eine „marxistische Individualwissenschaft“ (Holzkamp 1983/1985: 239) entwickelt hat, ebenfalls geteilt. Er kritisiert jedes Konzept, in dem der „Mensch“ „nicht als Inbegriff des wirklichen Menschen im historischen Lebensvollzug gesehen [wird], sondern [als] ein der Geschichtlichkeit und der gesellschaftlichen Bedingtheit entzogenes, als „absolut“ gesehenes Gedankengebilde“ (Holzkamp 1972: 60). Auch für Ernst Bloch kann es keine statische Bestimmung des Menschlichen geben, denn „wichtig ist, daß gar nicht gesagt werden kann, was der Mensch ist, weil er eben am stärksten drängend von allem, was es gibt, sich nicht hat, sondern wird“ (Bloch EM: 172).

Klaus Holzkamp unterscheidet eine „positive“ und eine „kritische“ Absicht von Anthropologie als „generalisierende[r], die Einzelwissenschaften transzendierende[r] Frageweise, in der man zu Aussagen über die Eigenart, die Natur, das Wesen etc. des Menschen als Menschen gelangt“ (Holzkamp 1972: 36). In „positiver“ Absicht, die er nicht teilt, würde eine „affirmative Lehrmeinungen über Eigenart, Natur Wesen des Menschen als Menschen“ entwickelt (ebd.: 36). In „kritischer“ Absicht können bestimmte Wissensbereiche und Denkansätze auf ihre impliziten anthropologischen Voraussetzungen hin hinterfragt werden, wobei bestimmte Einengungen und Partialisierungen erkennbar werden. So kritisiert Holzkamp das in der Psychologie weit verbreitete Bild des „organismischen Menschen“: „Die „Umwelt“ des Menschen ist hier nicht im Geschichtsprozeß gewordene und der Möglichkeit nach vernünftig gestaltete Welt, sondern die Umwelt wird als naturhaft vorgegeben, vom Subjekt unveränderbar und vernünftiger Beeinflussung nicht zugänglich betrachtet…“ (ebd.: 58). Eine andere Beschränkung nennt Ute Osterkamp: „[P]assiv-bewußtloses Verhalten, wie es in Anpassung an die kapitalistischen Verhältnisse nahegelegt ist“ kann nicht als allgemeingültiges Modell menschlichen Verhaltens stilisiert werden (Osterkamp 1996b:12).
Auch für Ernst Bloch ergibt sich nichts Festes, keine „feststellbare Gegebenheit, aber eine gegen das „Entmentschte“ gerichtete Tendenz der Entwicklung:

„Der Mensch schlechthin ist nur eine Richtung, keine schlechthin festellbare Gegebenheit; äußerstenfalls läßt sich an seinen Negationen, an dem „Entmenschten“, dem „Unmenschlichen“, dem „Selbstentfremdeten“ worthaft zeigen, was es mit dem Positiven des Allgemeinen bereits auf sich habe, jedoch das sogenannte Gattungswesen selbst ist in concreto allemal ein sehr variiertes, sehr gärendes.“ (Bloch PA: 181)

Wenigstens implizit ist hier natürlich auch eine positive Vorstellung dessen, was eingeengt und partialisiert wurde, vorhanden: Die Umwelt des Menschen ist eine im Geschichtsprozess gewordene und der Möglichkeit nach vernünftig gestaltete Welt und Menschen können sich aktiv-bewusst verhalten. Auch Klaus Holzkamp geht davon aus, dass „Verkürzungen und Verarmungen von Konzeptionen über den Menschen natürlich nur auf dem Hintergrund einer weniger verkürzten und weniger verarmten Sicht möglich sein können“ und setzt dann fort: „solche positiven Aussagen setzen indessen […] keineswegs voraus, daß man sich auf eine Bestimmung des Wesens etc. des Menschen überhaupt einlassen müßte, wobei der „Mensch“ (und auch der Autor) als der Geschichtlichkeit entzogen zu betrachten wäre, noch müssen die aus Negationen von Einengungen und Partialisierungen gewonnenen quasi-anthropologischen Konzepte zu einem geschlossenen „Menschenbild“ zusammengefügt werden.“ (ebd.: 36)