Zum Buch „Kapitalismus aufheben“
von Simon Sutterlütti und Stefan Meretz
Das Buch „Kapitalismus aufheben“ von Simon Sutterlütti und Stefan Meretz vereint viele Gedanken, deren Entwicklung ich zum Teil schon ca. 20 Jahre lang mitverfolgt habe. Debatten zu den hier besprochenen Themen liefen im Kontext des Projekts „Oekonux“ und später des Blogs „Keimform“. Dieses Buch zieht also gewissermaßen Bilanz – zumindest aus der Sicht der Autoren. Es legt einen theoretischen Rahmen fest und öffnet sich dann auch weiteren Diskussionen, vor allem da, wo festgestellt werden muss, dass keine eindeutigen Antworten auf wichtige Fragen dazu, wie wir den „Kapitalismus aufheben“ könnten, gegeben werden können.
Ich selbst gehe davon aus, dass auch der theoretische Rahmen noch diskussionswürdig ist. Um meine damit verbundene Kritik begründen zu können, muss ich meist etwas weiter ausholen. Im schlimmsten Fall könnte diese Kritik länger als das Buch werden (wird es aber nicht ;-)), weil ich ja vor allem auf inhaltliche Verkürzungen und Reduzierungen aufmerksam machen und diese wenigstens kurz skizzieren will. Ich nenne auch viele Zitierungen, um eine weitere Beschäftigung mit den Inhalten anzuregen und zu ermöglichen. Manchmal ziehe ich auch frühere Texte eines der Autoren, Stefan Meretz, zu Rate, insbesondere wo entsprechende Ausführungen im Buch „Kapitalismus aufheben“ fehlen, aber ihre Ergebnisse mit zugrunde gelegt werden (wie z.B. zum Fehlen der Kategorie „Klasse“).
Was mich bewegt beim Aufschreiben dieser Texte, ist nicht der Wunsch, an dem Buch herumkritteln zu können; es ist ein wenig Enttäuschung darüber, dass durch bestimmte kategorische (!) Begriffseinengungen viele interessante Fragestellungen abgeschnitten wurden und im Verlaufe des Schreibens erfreue ich mich immer mehr daran, solche Fragestellungen aufzugreifen und wenigstens für mich selbst einmal genauer zu durchdenken. Es wäre schön, wenn andere auch Gefallen an dieser „Verkomplizierung“ haben…
Inhaltsverzeichnis der folgenden Blogbeiträge:
- 1 Ein Buch zur „rechten“ Zeit
- 2 Kurzeinschätzung der Ergebnisse
- 3 Theoretische Grundlagen und Methoden
- 3.1 Begriffe und Theorien
- 3.1.1 Begriffe sind mit Theorien verknüpft
- 3.1.2 Ineinandergliederung der Theorien und Metatheorien
- 3.1.3 Reduktion der Begriffe
- 3.2 Gesellschaftstheorie
- 3.2.1 Reduzierte Kapitalismuskritik
- 3.2.2 Das Fehlen der Klassenbeziehungen
- 3.2.3 Reduzierter Eigentumsbegriff
- 4. Abstrakte Utopie (Utopietheorie)
- 4.1 Anthropologie in der Kritischen Psychologie
- 4.2 Kategoriale Utopie als Voraussetzung für Kritik?
- 4.2.1 Kritik am Maßstab des Begriffs?
- 4.2.2 Der anthropologische Maßstab
- 4.2.3 Konkrete Tendenz statt abstraktes Ideal
- 4.2.4 Kategoriale Utopie als Aufzeigen der Möglichkeit
- 4.3 Das Verhältnis von Abstraktem und Konkretem
- 4.3.1 Abstrakter und konkreter Begriff
- 4.3.2 Abstrakte und konkrete Möglichkeiten
- 4.3.3 Grenze als Schranke
- 4.4 Der Commonismus als kategoriale Utopie
- 4.4.1 Vorläufer
- Nähe zum Anarchismus
- Commons und „Kommunismus“
- 4.4.2 Welche Inklusionslogik?
- 4.4.3 Strukturelle Bedingungen der Inklusion
- Kollektive Verfügung
- Freiwilligkeit
- Stigmergie
- Eingebettete Allgemeinheit
- 5. Transformation als 5-Schritt-Abfolge
5.1. Aufhebungstheorie - „Inklusionslogik“ statt oder als Abschaffung der Klassengesellschaft“
- Weg und Ziel, Konstitution und Bruch
- 5.2. Keimformtheorie
5.2.1 Fünfschritt bei Klaus Holzkamp - 5.2.2 Fünfschritt in der Aufhebungstheorie
Keimformtheorie und allgemeine Entwicklungstheorie - Keimformtheorie und Geschichte
Entstehung des Kapitalismus in 5 Schritten - Probleme der Keimformtheorie
Abhängigkeit von der Bestimmung der Gegenwart
Einlinigkeit
Verlust der Möglichkeitsfelder
Reduzierung der Sicht auf die Vielfalt der Faktoren
Finalistische Perspektive
Not-Wendigkeit statt Determinismus?
„Träger“ der Irreversibilität
Verschleierung der Sicht auf Kämpfe - Keimformtheorie für die Zukunft? I
Woher kommt die Zielbestimmung? - Keimformtheorie für die Zukunft? II
Finalismus, Einlinigkeit, Verlust der Möglichkeitsfelder, Multifaktorialität
Umgang mit Kampfbedingungen
Wer will denn kämpfen… - Literatur
Oktober 7, 2018 at 9:22 am
[…] im Titel dazu ein, „über Utopie und Transformation neu nachzudenken“. Damit habe ich mit einer neuen Beitragsserie in meinem Blog begonnen. Das „Nachdenken“ führt weniger zum Nacherzählen dessen, was ich sympathisch an den […]
Oktober 10, 2018 at 6:02 am
Hi Annette,
ich lese gerne deine Beiträge bei Keimform und finde es gut, dass du ausführlicher über „Utopie und Transformation neu nachdenken“ willst. Ich finde es auch ganz richtig, dass „neu nachdenken“, nicht heißt, bei Null Gedanken zu beginnen. Ich bringe daher nicht das nötige Interesse auf, um dieses Buch zu lesen. Sorry dafür!
Aber wie du auch, haben andere schon länger begonnen, „neu nachzudenken“ – ohne Bewährtes über Bord zu werfen. Ich bin sicher, dass alle diese verstreuten Gedanken irgendwann sich zu einem gemeinsamen Gedankenstrom vereinen werden.
Wenn du möchtest, lade ich dich ein, deine Beiträge zu dem Thema als „Zweitverwertung“ auch ins Marx-Forum zu stellen.
Beste Grüße!
Wal Buchenberg
Oktober 14, 2018 at 8:38 am
[…] können theoretische Debatten führen, wie wir wollen – die Zukunft wird hier entschieden. Hier und in allen Praxen, in […]
Oktober 15, 2018 at 9:57 am
Das ist zuviel Text. Muss man erst das Buch lesen? Könnt ihr nicht
die thesen in ein paar sätzen zusammenfassen. Und was ist mit der
Organisationsfrage..
Fangt einfach mal an mit der Praxis.
Oktober 15, 2018 at 4:55 pm
Wenn man sich für die Inhalte interessiert, muss man schon das Buch lesen. Zusammenfassungen haben immer das Problem, dass damit nicht wirklich mitgedacht werden kann und man dadurch auch nicht in der Lage ist, selbst weiter zu denken. Man kann bloß zustimmen oder ablehnen und kommt dadurch nicht wirklich weiter. Oder man wird wieder nur zum Nachbeter und Mitläufer von irgendwem, der vielleicht mal was „schön“ formuliert hat, ohne dass man wirklich selber darüber entscheiden kann, ob es sinnvoll ist oder nicht.
Mit der Praxis ist das auch so ein Ding: Es gibt viele Möglichkeiten, irgend etwas praktisch zu machen. Aber man muss sich entscheiden, und seine Kraft auf etwas konzentrieren, was erwartungsgemäß mehr Sinn macht als vielleicht etwas anderes. Und darüber muss man halt auch mal nachdenken, vor allem, nachdem eine Form der Praxis, die im vorigen Jahrhundert jahrzehntelang probiert wurde, so gründlich schieggegangen ist und viele andere praktischen Versuche auch nicht viel gebracht haben…
November 18, 2018 at 10:49 am
[…] des Kapitalismus nicht Produktionsverhältnisse und Ausbeutung vernachlässigt. In Annettes langer Kritik – vielen Dank dafür! Kritik stößt ja im bestenfalls an und hilft Positionen zu klären – […]