Dieser Text gehört zum Projekt „Über Utopie und Transformation neu nachdenken“.


Vorbildhaft sind für die Commons-Debatten bei keimform.de schon lange die historischen und zeitgenössischen realen Commons gewesen. Im Kapitel über „Keimformen“ wird in Simons und Stefans Buch über die traditionellen Commons berichtet, die vor allem Elinor Ostrom untersucht hat (S&M: 221ff.) und im Kapitel über den „Commonismus“ wird der Bezug auf die „Commons“ in einem Kasteneinschub erläutert (ebd.: 156). Für mich bleibt dieser Bezug seltsam blass, wahrscheinlich auch, weil bewusst alle Konkretisierungen zugunsten der bloß „kategorialen“ Sicht ausgeblendet sind.

Ich finde die Abgrenzung gegenüber dem Begriff „Kommunismus“ ziemlich gekünstelt. Denn kategorial gesehen enthält auch „Kommunismus“ das, was im „Commonismus“ gewünscht wird. Das geteilte Ziel einer „Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“ (MEW 4, Man: 482) wurde schon erwähnt. Und auch dies gilt auch für den „Commonismus“:

„Die allseitige Abhängigkeit, diese naturwüchsige Form des weltgeschichtlichen Zusammenwirkens der Individuen, wird durch diese kommunistische Revolution verwandelt in die Kontrolle und bewußte Beherrschung dieser Mächte, die, aus dem Aufeinander-Wirken der Menschen erzeugt, ihnen bisher als durchaus fremde Mächte imponiert und sie beherrscht haben.“ (MEW 3, DI: 37)

Eine Kleinigkeit ist vielleicht anders. Während es für den Kommunismus hieß: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ (MEW 19, Kritik: 21), würde es hier eher heißen: „Jede* nach ihren Bedürfnissen, jede*r nach ihren Bedürfnissen“.

Da, wie in der Einleitung geschrieben wurde, der „Kommunismus seine Unschuld verloren“ hat (S&M: 15), soll der „Commonismus“ nun mit vollkommen weißer Weste antreten können. Dies empfinde ich als Geschichtsverleugnung und -verlust. Ich hatte schon in meiner „Kurzeinschätzung…“ darauf verwiesen, dass ich die Kritik des „traditionellen Marxismus“ (Kapitel 2.3., S. 57-64) als missglückt ansehe. Die reichhaltigen, wenn auch bitteren geschichtlichen Erfahrungen werden hier nicht angenommen, sondern abgestoßen. Mit neuen Setzungen, die das Schlechte abstrakt negieren, soll diesmal das Bessere ausgedacht werden. Simon und Steffen wollen lehnen die Einbeziehung von Bedingungen für ihre Utopie wohl vor allem deshalb ab, weil sie die Möglichkeit des (kategorial, d.h. von konkreten Gesellschaftsformen abstrahierenden) Utopischen nachweisen gegenüber Zweifelnden (vgl. S&M: 106) und damit Hoffnung begründen wollen. Da sie dieses Prinzip auch beim geschichtlichen Rückblick auf den Marxismus vertreten, können nicht wirklich Erkenntnisse aus den historischen Erfahrungen gezogen werden.


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