Ich habs geahnt: Schon vor 10 Jahren schrieb ich Texte „Für eine Revolution der Rettung“ (Teil I, Teil II, Teil III). Mittlerweile hat sich – natürlich ganz unabhängig von mir – in mindestens 50 Ländern eine Bewegung mit dem Namen „Rebellion für das Leben“ entwickelt, auf Englisch: „ExtinctionRebellion“.

Ich war am Donnerstag bei einer Einführungsveranstaltung in Jena, in deren Ergebnis üblicherweise Ortsgruppen gebildet werden. Hanna aus Frankfurt erinnerte zuerst an die Dramatik der Situation und dass sich das Klima nicht nur „wandelt“, sondern auf eine Katastophe hin entwickelt, eine  Katastrophie, die in vielen Gebieten der Erde schon stattfindet. Vieles, was die Bewegung „Extinction Rebellion“ inhaltlich vertritt, gefällt mir außerordentlich gut. Sie fordert als erstes Ehrlichkeit über die Lage. Die Verantwortlichen in der Politik sollen alles dafür tun, dass die Wahrheit offen gelegt und an die Menschen herangetragen wird.

Die Lage erfordert es, dass „das Klima und die Ökosysteme der Erde so zu stabilisieren“ sind, „dass sie allen Menschen und allen Arten … ein sicheres Zuhause bietet“. Dies muss als zentrales Ziel der Gesellschaft gelten – dieser ungeheuren Herausforderung (denn selbstverständlich ist diese Sicherheit längst nicht mehr) entspricht die etwas provokante Forderung, die anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen über alle Sektoren hinweg bis 2025 auf Netto-Null zu reduzieren. (Nebenbei: dies ist für unsere Hochemmisionsländer klimagerecht, denn es lässt für die sich noch entwickelnden armen Länder Raum für mehr Emissionen in der Zeit bis zum endgültigen Ende).

„Extinction Rebellion“ will nicht bei Forderungen an die Politik stehen bleiben. Ihren Vertreter*innen ist bewusst, dass das genannte Ziel nur erreichbar ist, wenn das jetzige „toxische System“ vor allem der  Wirtschaft grundlegend umgestaltet wird.

Wie wir dann leben und wirtschaften werden, sollen wir Menschen selbst in sog. „Bürger*innenversammlungen“ entwickeln und entscheiden.

Was tun wir, wenn wir uns in dieser Bewegung engagieren? Ein Punkt, den Hanna nannte, fand ich besonders wichtig: Wir nehmen uns die Zeit und den Raum, zu trauern. Wie sind nicht nur  mit Faust und  Kopf, sondern mit dem Herzen und unseren ganzen Gefühlen dabei. Durch die Angst, die Trauer, die Ent-Täuschung können wir am besten gemeinsam gehen.

Und dann entwickelt wir Ideen für Aktionen. Diese orientieren sich an den Prinzipien des Gewaltfreien Widerstands, des Zivilen Ungehorsams. Mich erinnerten die Erzählungen von den bisherigen Aktionen an die Erlebnisse bei den Protesten gegen den Castor-Transport im Wendland. Wichtig ist dabei, dass wir dabei aufeinander acht geben, dass jede*r Beteiligte sich seinen Möglichkeiten nach einbringen kann, so gering sie auf den ersten Blick auch sein  mögen.

Letztlich kann auf diesem Weg, auch wenn er Härten mit sich bringt, auch schon ein Stück einer neuen Welt geprobt und erlebt werden – dieser Aspekt des aufkommenden anderen Lebens kam mir beim Vortrag von Hanna etwas zu kurz.

Aber wir sind auf dem Weg…