Die Rebellionswelle ebbt ab. In Berlin war ich am Samstag noch auf der Stresemannstraße vor dem Umweltministerium. Das Bild war von Gemütlichkeit, Festlichkeit, Spielen, Workshops, Musik und Tanzen geprägt.
Die Anarchistin Emma Goldmann hätte sich wohlgefühlt („Wenn ich nicht tanzen darf, möchte ich an eurer Revolution nicht beteiligt sein“).
Es wurde aber auch echt gearbeitet. Bei einer Bürger*innenversammlung wurde diskutiert, welche Möglichkeiten es gibt, den Klima-Umbruch möglichst abzufedern oder zu verhindern. Auf diese Weise wurde bereits eingeübt, was eine wichtige Forderung der Bewegung Extinction Rebellion ist: Überall auf der Welt Bürger*innenversammlungen einzuberufen, um sich gemeinsam den Globalen Problemen auf dieser Welt zu stellen.
Wieder zu Hause lese ich nun auch öfter die Kritiken an der Bewegung und ihren Forderungen; sie werden z.B. als „naiv“ eingeschätzt. Ach ja. Da wartet man nun Jahrzehnte darauf, dass endlich mal was passiert, und dann wird an diesem oder jenem Manko gemeckert, anstatt sich hineinzubegeben und daran zu arbeiten, diese zu beheben.
Wenn man „drin“ ist merkt man auch, dass jede zu verallgemeinernde Einschätzung fehl geht, weil diese Bewegung so divers ist wie Menschen, die sich halt wegen der Gefahr für das Leben auf der Welt zusammenfinden. Ich traf niemanden, für den die Worte eines der Gründer der Bewegung, Roger Hallem, „Gesetz“ wären. Es ist deutlich, dass z.B. die Unterschiede der Länder – z.B. für die Konzipierung der Rolle der Bürger*innenversammlung – deutlich sind und dementsprechend reflektiert werden. Über alles, was „die Bewegung XR“ betrifft, wird diskutiert, wenn auch von außen nicht ganz transparent wird, wie das funktioniert. Es gibt eben nicht die großen Checker, an denen sich dann alle ausrichten. Die vielen Plena können auch gehörig nerven, aber so läuft das halt in den neuen Formen von gesellschaftlicher Ideenentwicklung und -aushandlung.
Das Wichtigste an dieser Woche sehe ich in der persönlichen und kulturellen Entwicklung, die hier angestoßen wurde. Viele Akteure werden noch jahrzehntelang von diesem Impuls zehren. Viele gesellschaftspolitische Theorien werden daraus lernen.
Da die Probleme nach wie vor nicht gelöst werden, wird es weiter gehen mit dem Protestieren, mit dem Lernen, mit den Aktionen. Das war nur ein Anfang…
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