Version 1.0, 23.11.2019
Warum kriege ich Bauchschmerzen, wenn ich folgenden Witz sehe oder höre?
(„Ich habe Homo Sapiens“ – „Keine Angst, das geht vorüber“;
Mehr zu den Bauchschmerzen im Abschnitt “Die Rolle der Menschen“)
In den Vorwürfen an die Bewegung Extinction Rebellion (XR) von Jutta Ditfurth taucht die Bemerkung auf, hier würde alles versucht, „um den intellektuellen Hohlraum mit Versatzstücken religiös-gewaltfreier Ideologie zu verdecken“ (2019a) und es würden „spirituelle Gespenster“ aufgerufen (2019b). Auf diese Vorwürfe braucht man in ihrer Unklarheit eigentlich gar nicht einzugehen. Entgegen ihrem Vorurteil, es würde in XR „wird nicht dazu aufgefordert, zu lesen, zu streiten, sich politisch zu bilden“ (2019b) machen wir aber (zumindest in Jena) genau das. Dazu nützen ihre undifferenzierten Schimpfereien aber wenig – ich kann mich aber erinnern, dass es in den 90er Jahren in der Zeitschrift ÖkoLinX und in Büchern von ihr recht lehrreiche Artikel mit berechtigter Kritik an bestimmen Formen von ökobewegten Konzepten und Denkformen gab, an die wir durchaus anknüpfen können. Eine der immer wieder kritisierten Ökologieformen ist die Tiefenökologie, die bei XR mindestens dort eine Rolle spielt, wo es um die Bearbeitung der Trauer um die Verluste durch den Klima-Umbruch geht. Was ist nun davon zu halten? Was könnte an einer „Haltung liebevollen Mit-Seins“ (Klepsch, Gottwald 1995: 9) bzw. an der Entdeckung von „Mensch und Natur in ihrer wechselseitigen Verursachung und in ihrer Verbundenheit“ (ebd.: 10) kritisch sein?
In diesem Zusammenhang begann ich, Quellen zu dieser Bewegung und Auseinandersetzungen mit ihr (nach-)zu lesen (aufgrund der beschränkten Kapazitäten hierfür kann die Literaturübersicht nicht vollständig sein). Die kritischen Texte von ÖkoLinX sind oft nicht gut mit Quellen belegt (oder nur aus Sekundärliteratur zitiert), deshalb versuche ich etwas gründlicher zu arbeiten und wo immer möglich, die Originalquellen heranzuziehen. Diese Materialsammlung wird vor allem die kritischen Aspekte beleuchten, die sich speziell in einer Bewegung, die sich vorwiegend tiefenökologisch fundiert, nämlich Earth First!, deutlich zeigen. Beim Gründer der Tiefenökologie, Arne Naess (z.B. in Naess, 1976/2013), und auch auf aktuellen Webseiten, die die Tiefenökologie vertreten, sind solche problematischen Inhalte nicht auf den ersten Blick zu finden (obwohl es sie auch da gibt), es bleibt zu analysieren, ob die kritischen Punkte deutlich vom Grundkonzept unterschieden werden können, oder ob im Grundkonzept etwas steckt, was die problematischen Ansichten zumindest sehr nahe legt. Mit dieser Materialsammlung (die noch keine fertige Analyse ist) möchte ich dazu anregen zu lesen, uns politisch zu bilden und sachlich zu streiten – wie es uns Jutta Ditfurth nicht zutraut. Dieser Text dient u.a. der Vorbereitung von entsprechenden Bildungs- und Gesprächsveranstaltungen der Ortsgruppe Extinction Rebellion Jena.
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November 23, 2019 at 11:23 pm
Wow Annette, du bist so krass. 42 Seiten. Das ist wirklich schön wenn Menschen Kritik ernst nehmen. Großartig. Ich hoffe ich komm bald dazu.
November 24, 2019 at 9:28 pm
Habe die gleichen Bauschmerzen. Bei mir rühren die unter anderem daher, weil ich es für möglich halte, dass die zum Faschismus drängenden Kräfte, (die derzeit gemeinhin als Rechtspopulisten wahrgenommen werden, wie die AFD oder das regierende Trumputeam) zwar aktuell mit ihrer Anti-Klimahysterie-Retorik das Bedürfnis nach Verdrängung ausbeuten und gern auch Geld der braunen Öllobby-Thinktanks mitnehmen, irgendwann voll auf einen Stop den Klimawandel Trip einsteigen werden.
Sie werden den Liberalismus und die Globalisten verantwortlich machen, und das Ganze als Kampf der Nationen, Rassen oder Völker um knapper werdende Nahrung verkaufen, der buchstäblich um Leben und Tod geführt wird, Damit würden Menschen bzw. Menschengruppen wieder als zu vernichtendes Ungeziefer in Betracht kommen. Eine Endlösung der Klimafrage nach dem Vorbild Nazideutschlands oder mit Atombomben auf „Shitholecountries“ ein wenig Nuklearen Winter erzeugen würde dann denkbar.
November 25, 2019 at 8:05 am
Ja, damit hast Du wahrscheinlich leider Recht. Wenn Du (oder andere) mal Entsprechendes aus der neueren Zeit findest, informiere mich bitte mal.