Dies gehört zum Projekt „Verstehen wir Gesellschaften als Systeme oder Verhältnisse?“.


Schellings Naturphilosophie sucht nach einer „“vernünftigen“, gesetzmäßige[n] innere[n] Ordnung“ in der Natur, damit versucht Schelling deren „eigentümliche Einheit und die ihr innewohnenden Entgegensetzungen zu ergründen“ (Warnke 1977b: 104). Er verlegt den Subjektcharakter, die „Ichheit“ die Fichte als selbstreflexive Struktur erkannt hatte, in die Natur, vor allem ihre organismischen Formen, hinein (vgl. Schlemm 2010). Solange auch die natürlichen Dinge jeweils durch andere bedingt sind, sind sie nur endliche (natura naturata), haben als solche aber Anteil an dem Unendlichen, das selbst nicht mehr durch Anderes bedingt ist (natura naturans). Im Zusammenhang beider untrennbaren Naturen bleiben auch die endlichen Zusammenhänge, die als offene Systeme, die mit jeweils einer äußeren Umgebung in Wechselwirkung stehen, gedeutet werden können (natura naturata) mit der Natur als Ganzes (natura naturans), „als ein geschlossenes System, das in sich zurückkehrt“ (Warnke 1977b: 142) verbunden. Diese in sich zurückkehrende Bewegung wird als produktiv gedacht, daher ist Schellings Begriff der Natur als natura naturans auch so eng verwandt mit Naturbegriffen, die die Dynamik und Selbstorganisiertheit der Natur betonen. Dabei ist alles Existierende eingespannt darin, dass es einerseits der Ausfluss der schöpferischen Natur ist, aber auch zu endlichen Gestalten „gerinnt“, in dem es etwas Hemmendes erfährt.

„Das „Seyn der Natur“ besteht in einer „continuirlich-wirksame(n) Naturthätigkeit, die im Produkt erloschen ist“. Alle Produkte also sind nur Ergebnis einer Hemmung dieser unendlichen Naturtätigkeit. Diese Hemmung wird von der unendlichen Tätigkeit selbst erzeugt, damit die Natur endlich darstellbar wird und nicht im Unendlichen „zerfließt“. […] (Schlemm 1997)

Diese beiden Pole bleiben quasi auf einer Ebene, es geht hin und her. Hegel kritisiert dies später als ein „perennierende[s] Herüber- und Hinübergehen von dem einen Gliede des bleibenden Widerspruchs zum andern“ (HW 5: 264). „Der Progreß ist daher gleichfalls nicht ein Fortgehen und Weiterkommen, sondern ein Wiederholen von einem und eben demselben“ (ebd.). Das, was Dasselbe bleibt, ist nämlich das Gesamtsystem, das den Teilen übergeordnete Ganze. Dieses entwickelt sich nicht, d.h. es bildet keine neue Qualitäten aus, sondern wird als unveränderlich vorausgesetzt. Dies kennzeichnet alle Systemtheorien. Eine Entwicklungstheorie ist damit nicht möglich. Für das Verständnis der Erhaltung der Systemhaftigkeit ist jedoch ein großer Schritt getan. Die Organisation, die das gewährleistet, ist damit bestimmt als „Struktur bewußtlos verlaufender Prozesse, durch die Selbstdetermination und Selbstbewegung zustande kommen“ (Warnke 1977b: 139). In dieser sich selbst reproduzierenden Struktur werden Kausalketten zum in sich geschlossenen Wirkungskreis zusammengeschlossen (ebd.: 142). Mit der Annahme, die Organisation sei  „das An-und-für-sich der Dinge, das als das Bleibende, Perennierende den Wandel der Erscheinungen durchhält, das den Erscheinungen immer schon und a priori vorausliegt“ (ebd.), entspricht dies auch der Systemvorstellung von Niklas Luhmann, der ausgehend vom Konzept der Autopoiesis annimmt, dass eine Systembildung „durch Konstitution „von oben“ zu erklären“ sei, statt durch „Emergenz „von unten““ (Luhmann 1984: 43).