Im Unterschied zu vielen, die viele Begriffe und Theorien des Marxismus als bloß „orthodox“ und überholt über Bord werfen, bemühe ich mich, sie inhaltlich besser zu verstehen und nach Konzepten zu suchen, bei denen die Mankos verbessert werden können. Besonders in einer Diskussionsgruppe über die „wissenschaftstheoretischen Grundlagen von Commoning-Theorien“ fiel mir auf, dass wir dort lieber über Luhmann oder Brodbeck sprechen, als über marxistische Autoren, die uns auch noch viel zu sagen hätten. Unkenntnis schützt vor Sackgassen nicht… Jetzt also bin ich auf Godelier gekommen, speziell einen Text-Sammelband aus dem Jahr 1990. Er weicht in einigen Fragen vom Marxismus ab, bei denen ich ihm nicht folge. Bei anderem hat er durchaus interessante Präzisierungen, vor allem weil Godeliers Wissen über menschliche Gesellschaften sehr erfahrungsgetränkt ist.

Dies betrifft z.B. die Unterscheidung zwischen nicht-ökonomischen und ökonomischen Gesellschaftstypen. Da die vorkapitalistischen Gesellschaftsformationen keine in gleicher Weise aus anderen Bereichen „entbettetete“ Ökonomie haben – worin Godelier einer Erkenntnis von Polanyi folgt – wird diese Differenzierung notwendig. Eine weitere Frage ist das Verhältnis von Materiellem und Ideellem. Die Bedeutung des wording auf das Denken und Handeln ist bekannt, auch dass Menschen sich ihre Umwelt, vor allem auch die gesellschaftliche Welt in Form von „Erzählungen“ vorstellen und diese dann ihr Handeln weitgehend leiten, wird häufig thematisiert, z.B. von Julia Fritzsche (2019) auf der Suche nach neuen linken Erzählungen. Godelier thematisiert solche ideellen Aspekte innerhalb seiner Theorie der Produktionsverhältnisse, nicht außerhalb davon und gerät dadurch nicht in Gefahr in eine Form des Idealismus abzugleiten. Im Zusammenhang mit der begrifflichen Fassung von „Produktionsverhältnissen“ wird auch das Verhältnis von Struktur/Verhältnissen und Verhalten/Handlung thematisiert. Auch diese Fragestellung begegnet mir immer wieder, wenn etwa versucht wird, Gesellschaftliches vorwiegend als Beziehungshaftes zu verstehen (Adamczak 2017, siehe dazu Schlemm 2018a, Schlemm 2018b, auch Schlemm 2011).

Ich stelle einige der durch Godelier erweiterten Begriffsbestimmungen vor, die m.E. unerlässlich für marxistisch inspirierte Gesellschaftstheorie sind. Ich bette sie jeweils ein in die entsprechenden marxistischen Traditionen, weil das Wissen darüber nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Manchmal ergänze ich auch weitere Quellen aus meinen Geschichts- und Gesellschaftsstudien.

Inhalt: (wird demnächst vervollständigt)