Zu einem Artikel von Fritz Reusswig zu diesem Thema

Annette Schlemm zur Vorbereitung eines Seminars
des Gesprächskreises Dialektik & Materialismus mit Fritz Reusswig

Am 12.11.2021 findet online ein Seminar mit Dr. Fritz Reusswig vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) statt. Dieses Seminar wird vom Gesprächskreis Dialektik & Materialismus gestaltet. Beteiligte am Seminar bereiten sich bereits vorher auf das Thema vor und mein folgender Text ist ein Teil davon. Ich werde im Folgenden vor allem einen Text von Fritz Reusswig referieren und Ergänzungen aus meiner Sicht einfügen, die vor allem an Kritiken an Hegels Naturphilosophie von Renate Wahsner anknüpfen.


1 Fritz Reusswig zu Hegel und dem Klimaproblem

1.1 Die Bedeutung von Philosophie

Die Bedeutung von Philosophie für bestimmte Problembereiche hat Hegel selbst thematisiert. Er schrieb in seiner „Differenzschrift“ von 1802:“ Wenn die Macht der Vereinigung aus dem Leben der Menschen verschwindet […], entsteht das Bedürfnis der Philosophie“ (HW 2: 22). Reusswig konstatiert: „In der Klimadebatte ist es jetzt soweit: der Geist der Vereinigung – wenn es ihn je gab – hat dem Geist der Entzweiung Platz gemacht“ (Reusswig 2020). Fritz Reusswig sieht dabei insbesondere das dialektische Denken als einen der „Ansatzpunkte, um die Herausforderungen, die der anthropogene Klimawandel für Natur und Gesellschaft bietet, kognitiv und dann auch politisch-praktisch besser zu bewältigen“ (Reusswig 2013: 1). Für jede Gesellschaftstheorie habe die „normative Generalthese“ zu gelten, die „Gesellschaft so zu denken, dass ihre physische Reproduktion über die Zeit (und unter Einschluss des guten Lebens aller Gesellschaftsmitglieder) möglich bleibt“ (ebd.: 2). Leider herrsche derzeit eher eine „Krise einer naturvergessenen Sozialwissenschaft“ (ebd.).

1.2 Naturwissenschaft und (Natur-)Philosophie

Fritz Reusswig sieht in Hegels Philosophie, insbesondere der Naturphilosophie, wichtige Erkenntnisse, die auch heute noch fruchtbar sein können.

1.2.1 Reflexion der Naturwissenschaften

Hegel erkennt die Rolle der wissenschaftliche Erfahrung an (ebd.: 4f), kritisiert aber, dass die Naturwissenschaften selbst zu wenig über ihre geistigen und logischen Voraussetzungen nachdenken. So nennt er Newton einen „Barbar an Begriffen“ (HW 9: 11).[1] Reusswig meint, Hegel kritisiere die „unreflektierte Verdinglichung von Verstandesbestimmungen, die die [Durchstreichung AS] als mehr oder weniger unmittelbar unterstellt werden, wo sie doch in Wahrheit nur als Vermittlung von Erfahrung und Begriff im Kontext unseres geschichtlichen Umgangs mit Natur möglich sind“ (Reusswig 2013: 6-7). Dies wird heutzutage in der modernen Wissenschaftstheorie auch so gesehen. Die Vermittlung im Erkenntnisprozess enthält z.B. die Bildung von Grundgrößen, die verbunden sind mit Messtheorien (vgl. z.B. Borzeszkowski, Wahsner 1989), was bei Hegel noch nicht so klar herausgearbeitet wurde.[2](siehe hierzu auch 2.2.1) Deshalb gilt – schon bei Hegel – auch für die Naturphilosophie: „Nicht unmittelbar also kann Naturphilosophie auf Natur oder gar ihr Wesen losgehen, sondern sie muss auf unser Naturverhältnis reflektieren“ (ebd.: 11). Nach Reusswig geht es Hegel um die „kritische Rekonstruktion der Bedingungen ihrer [der naturwissenschaftlichen Ergebnisse, AS] Möglichkeit unter der Voraussetzung der Wirklichkeit des Geistes“ (Reusswig 2013: 9). Dabei erkenne Hegel auch gesellschaftliche Interessen in der Auswahl der gebildeten Begriffe und Theorien, so z.B. in Bezug auf die Farbenlehre (HW 9: 262).[3] Unabhängig von den einzelnen Sachfragen versteht sich Naturphilosophie bei Hegel als „Reflexion auf die eigentlichen Grundlagen des eigenen Tuns“, um zu „besseren Schlüssen zu motivieren und damit zu einem empirischen Erkenntnisfortschritt beizutragen“ (Reusswig 2013: 7).

„Die Wissenschaft will Aussagen über Realität machen, und genau das wird hintertrieben, wenn sie sich nicht über die Grenzen ihrer Begriffsbildungen, Analogien und Experimentalanordnungen im Klaren ist.“ (Reusswig 2013: 24)

Das Forschen selbst soll durch eine philosophische Deutung reflektierter werden (ebd.) und dies gilt auch für die Klimawissenschaft: auch sie muss sich der „Begrenztheit des naturwissenschaftlichen Klimabegriffs“ (ebd.: 33) bewusst werden – und, dies kann schon mal ergänzt werden: es sollte sich mit einer Wissenschaftstheorie der Klimaforschung (z.B. als simulierender Wissenschaft, vgl. Gramelsberger 2010) ein neues Fachgebiet herausbilden.

1.2.2 Mensch-Natur-Verhältnis

Reusswig stellt zuerst fest, dass Hegel den Begriff der Natur in unser praktisches und theoretisches Naturverhältnis einbettet. Dies ist gleich in den ersten Paragraphen des naturphilosophischen Teils seiner „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften“ zu finden (HW 9: 13ff.). Die Unterschiede zwischen praktischem und theoretischem Naturverhältnis seien in der folgenden Tabelle gezeigt:

Praktisches NaturverhältnisTheoretisches Naturverhältnis
Es „geht vom Auch-Naturwesen Mensch mit seinen Bedürfnissen und Wünschen als Zwecken des Handelns aus und betrachtet Natur als Ensemble von Mitteln der Bedürfnisbefriedigung“ (Reusswig 2013: 12)Hier begegnen wir Menschen der Natur mit einer „Haltung der Distanz, die uns erlaubt, Natur sie selbst sein zu lassen und uns nach ihr zu richten“ (Reusswig 2013: 15), – die Begierde wird gehemmt (HW 9: 17)
Hier hat es der Mensch mit einzelnen Dingen zu tun, nicht mit „der Natur selbst, des Allgemeinen derselben“ (HW 9: 14).Hier geht es um die „Bestimmung der Allgemeinheit für uns“ (HW 9: 16), d.h.: „Wir sind an Aussagen über Löwen überhaupt interessiert, nicht an Geschichten über diesen Löwen hier“ (Reusswig 2013: 16)
Dabei wird die Allgemeinheit negiert: „der Natur als ganzer kann sich die menschliche Praxis nicht bemächtigen“ (Reusswig 2013: 13).„Was in der Natur von Leben rauscht, verstummt in der Stille des Gedankens…“ (HW 9: 16)

Es komme nun darauf an, diese Unterschiede nicht bestehen zu lassen, sondern sie in ihrer Einheit zu begreifen: „Das begreifende Erkennen ist […] die Einheit des theoretischen und praktischen Verhaltens“ (HW 9: 22). Das heißt, die Einheit der Perspektive aufs Einzelne und aufs Allgemeine. Fritz Reusswig interpretiert das als „Einheit von allgemeinem Begriff und Einzelexemplar, als Gesetz und Fall, als Regel und Ausnahme, als Kraft und als Äußerung, als Produkt und Prozess etc.“ (Reusswig 2013: 19). Jede Perspektive erfasst etwas aus der wirklichen, der objektiven Welt – aber jede bedarf der Ergänzung durch die andere. Bei Hegel wird die Frage der Besonderung von Allgemeinem schnell zur Frage der Schaffung der Welt durch Gott (HW 9; 23). Materialistisch gesehen geht es um die Frage, welche Art Verallgemeinerungen und Vereinzelungen in der wissenschaftlichen Arbeit mit welcher Begründung (und Rechtfertigung) vorgenommen werden.

1.2.3 Ökologie

Ich hatte in der Tabelle vermerkt, dass nach Hegel das praktische Naturverhältnis der Menschen dadurch bestimmt ist, dass es „vom Auch-Naturwesen Mensch mit seinen Bedürfnissen und Wünschen als Zwecken des Handelns aus“ geht und „Natur als Ensemble von Mitteln der Bedürfnisbefriedigung“ (Reusswig 2013: 12) betrachtet. Das heißt: d.h. „das Bedürfnis geht darauf, die Natur zu unserem Nutzen zu verwenden, sie abzureiben, aufzureiben, kurz, sie zu vernichten“ (HW 9: 13). Dies bleibt auch in einem nachhaltigen, ökologisch vertretbaren Naturverhältnis der Menschen so. Hegel selbst verweist darauf, dass ich zwar meinen Willen in eine Sache lege, die mein Eigentum ist, dass dazu aber auch gehört, einiges nicht zu wollen, z.B. „Wild nicht schießen […], nicht Brut der Fische wegfangen, […] Wild schone[n] […], denn es ist ein Benehmen in Rücksicht auf die Erhaltung des Gegenstandes“ (HW 7: 122). Die Natur ist dem menschlichen Umgang mit ihr untergeordnet, denn: „Die Sache ist zum Mittel der Befriedigung meines Bedürfnisses herabgesetzt. Wenn ich und die Sache zusammenkommen, so muß, damit wir identisch werden, einer seine Qualität verlieren. Ich bin aber lebendig, der Wollende und wahrhaft Affirmative; die Sache dagegen ist das Natürliche. Diese muß also zugrunde gehen, und ich erhalte mich…“ (ebd.: 129). Eine Motivation für ökologisches Verhalten ergibt sich hier nur aus dem Eigeninteresse, dass die natürlichen Grundlagen für meine weitere Befriedigung der Bedürfnisse nicht verloren gehen. Fritz Reusswig fasst dazu zusammen, dass Hegel auf kategorialer Ebene kläre, „dass jedes praktische Naturverhältnis – auch ein nachhaltiges – die Dimension der Instrumentalisierung er Natur und von daher auch der Negation ihrer Selbständigkeit und Zweckhaftigkeit beinhaltet“ (Reusswig 2013: 14).[4]

1.2.4 Hegel und das Klima

Hegel thematisierte in seiner Naturphilosophie auch die Meteorologie als „elementarische[n] Prozess“ (HW 9: 143). Er behandelt sie nach der Mechanik, in der es für Hegel lediglich um die Bewegung schwerer Massepunkte geht.[5] Diese reiche nicht aus, denn in der physischen Natur geht es um „qualifizierte Materie“, dies ist bei ihm Gegenstand der Physik (HW 9: 107). Das heißt, dass es hier um „individualisierte Körper im Zusammenhang mit anderen“ geht (Reusswig 2013: 22). Diese Körper zeigen nicht nur jene Eigenschaften/Wirkfähigkeiten, die in einzelnen Theorien erfasst werden. Normalerweise wird das Erkenntnisobjekt von jenen Wechselwirkungen, die in einer Theorie nicht erfasst werden sollen, isoliert. „In der Retorte soll das Wasser seine Natur offenbaren…“ (HW 9: 145). In Wirklichkeit gilt aber, dass das „Was der Sache“ sich „nur in Beziehung auf besondere Gegenstände“ (ebd.) zeigt.[6]

Zwischen den üblichen wissenschaftlichen Laborbedingungen, in denen die Objekte von nicht erwünschten Wechselwirkungen isoliert sind, und der Wirklichkeit gibt es nun einen Unterschied. Darauf verweist Hegel, indem er eine Übertragung der im Labor gefundenen Ergebnisse unter „endlichen Bedingungen“ „auf das frei Naturleben“ als „ungehörig“ kennzeichnet (HW 9: 146). Solche Prozesse wie die Regenbildung, also die „Verwandlung der Elemente ineinander“ (ebd.) sind nach Hegel Gegenstand der „Physik“ im Unterschied zur vorher behandelten „Mechanik“. Gabriele Gramelsberger schildert ebenfalls gerade anhand des Fachgebiets Meteorologie die Besonderheiten von Wissenschaften, deren Leitdisziplin die Klimaforschung im Unterschied zur früheren Leitdisziplin Astronomie darstellt (Gramelsberger 2010: 105).

Die klimatischen Prozesse in der Atmosphäre werden eingeordnet in die Betrachtung des „geologische[n] Organismus der Erde“ (HW 9: 361). Die Diskussion der Zusammenhänge zwischen Atmosphäre, Meer und Erde (ebd.: 382f.) lässt an die moderne Erdsystemwissenschaft denken. Das, was heute Erdsystemwissenschaft heißt, taucht bei Hegel als „Geognosie“ auf (HW 9: 344). Die systemischen Zusammenhänge der Subsysteme werden hier vorgedacht: „Wie sich die himmlische Bewegung in der Luft materialisiert, so greift ebenso auf der anderen Seite Meer und Erde in sie ein und verflüchtigt sich in sie…“ (HW 9: 362) – aber ohne die Totalität (ebd.: 367f.) Hegel würde die Erde nicht als wirklich lebende „Gaia“ interpretieren, denn „die eigentliche Lebendigkeit“ setzt „zur Existenz eines Individuums ein anderes seiner Gattung“ voraus (ebd.: 363). Allerdings werden diese systemischen noch unbelebten Zusammenhänge, auch die geologische Natur, schon innerhalb des Kapitels „Organische Physik“ (ebd.: 337ff.) abgehandelt. Denn da das Anorganische „die im Organischen noch wirksame, dauerhafte Voraussetzung des Lebens“ ist (Reusswig 2013: 24), umfasst das Leben „auch seine anorganischen Voraussetzungen“ (ebd.: 24-25).

Es gibt ein dauerndes Wechselverhältnis zwischen Lebendigem und den klimatischen Bedingungen: „Organismen werden durch klimatische Bedingungen geprägt, aber setzen sich selbst aktiv in Beziehung dazu und spezifizieren durch ihre organismische „Eigenlogik“ (Autopoiesis) die Art und Weise,  in der klimatische und andere anorganische Voraussetzungen in ihre Gestaltung, Reproduktion und Entwicklung intervenieren können. In Hegels Terminologie: das Leben setzt die Macht der unorganischen Natur zu einem Moment seiner eigenen Reproduktion herab.“ (Reusswig 2013: 16) Auch für die Menschheitsentwicklung bekommen die natürlichen Voraussetzungen auch für Hegel eine Bedeutung: „Die Natur darf nicht zu hoch und nicht zu niedrig angeschlagen werden; der milde ionische Himmel hat sicherlich viel zur Anmut der Homerischen Gedichte beigetragen, doch kann er allein keine Homere erzeugen; auch erzeugt er sie nicht immer; unter türkischer Botmäßigkeit erhoben sich keine Sänger.“ (HW 12: 106)

Insgesamt entnimmt Fritz Reusswig dem im Hegelschen Sinne „naturphilosophisch inspirierte[n] Blick“, „dass eine Gesellschaft, die aufgrund eigener Widersprüche den schlichten Fortbestand der Gattung untergräbt, nicht vernünftig sein kann.“ (Reusswig 2013: 46)

1.3. Dialektik

Zur Dialektik im eigentlichen Sinne macht Fritz Reusswig explizit nur wenige Aussagen. Er spricht von einer Betonung des Werdens, der spezifische Begründung von Quantitäten und Zahlen, Figur,  des Umschlagens von Quantität in Qualität, der Sicht auf Ding-Eigenschafts-Komplex sowie zur begrenzten Rolle von Kausalerklärungen (Reusswig 2013: 44-45).

Dialektik ist auch ein Thema, wo es um den Zusammenhang zwischen theoretischer und praktischer Beziehung der Menschen zur Natur geht: „Das begreifende Erkennen ist […] die Einheit des theoretischen und praktischen Verhaltens“ (HW 9: 22). Reusswig zeigt hierfür auch, dass dies „Negation von Momenten [ist], die sich zugleich implizieren“ (ebd.).

2 Ergänzungen

2.2.1 Wissenschaftstheorie

Fritz Reusswig möchte Hegels Naturphilosophie auch in der Hinsicht der Notwendigkeit des Anknüpfens an die Alltagswahrnehmungen des Klimawandels beerben (Reusswig 2013: 34), außerdem verweist die Dialektik der wirklichen Zusammenhänge im Erdsystem auch auf die Notwendigkeit von stärkerer Interdisziplinarität (ebd.). Auch der Zusammenhang von Wissenschaft und gesellschaftlichen Wertungen kann nicht mehr getrennt werden (ebd.: 35ff.), sondern solche Ziele wie das Abbremsen der global-durchschnittlichen Erderwärmung auf unter 2 Grad oder 1,5 Grad folgen nicht aus der Naturwissenschaft selbst, sondern auf gesellschaftlichen Bewertungen, was noch vertretbar ist und was nicht.

Dazu gehört es auch, „die ethischen und ästhetischen Grenzen einer Naturaneignung“ im grenzenlos gesteigerten „System der Bedürfnisse“ (Reusswig 2013: 39) zu reflektieren und eine „Politik der Lebensstile als gemeinschaftliche Moralisierung des ansonsten destruktiven Systems der Bedürfnisse und eine ökologische Re-Orientierung des Staates“ (ebd.: 42) zu betreiben.

Hier möchte ich darauf verweisen, dass es bei den hierzu herangezogenen Sozialwissenschaften viel mehr „Auswahl“ gibt, als bei den doch ziemlich alternativlosen Naturwissenschaften. Wenn allein eine Ökonomie, die von vornherein auf preisliche Bewertungen setzt, zugrunde gelegt wird, wird auf eine Bepreisung oder Besteuerung von Naturwirkfähigkeiten gesetzt, was ihrer Qualität eher grundsätzlich entgegen steht (vgl. Schlemm 2019) und es werden grundsätzliche Alternativen ausgeschlossen.

Da es Fritz Reusswig als bedeutsam ansieht, dass durch die Hegelsche Naturphilosophie die Naturwissenschaften zu einer „Reflexion auf die eigentlichen Grundlagen des eigenen Tuns“ zu motivieren (Reusswig 2013: 7), muss dies aber weiter präzisiert werden. Tatsächlich muss das, was die Einzel(Natur-)wissenschaften machen, philosophisch (wissenschaftstheoretisch) untersucht werden. Dazu kann die Hegelsche Unterscheidung von unserem praktischen und theoretischen Verhältnis zur Natur in ihrer Einheit helfen, reicht aber bei weitem nicht aus.

Hegel misst die Ergebnisse der Naturwissenschaften am „Begreifen“, d.h. er will sie in Richtung des „Begriffs“ entwickeln. Er sieht in der Naturwissenschaft wie in der Naturphilosophie eine „denkende“ Erkenntnis (HW 9: 11, 17) , aber er begreift deshalb nicht die Spezifik der Naturwissenschaft (mindestens der Physik inkl. Mechanik) (vgl. Schlemm 2003). Er identifiziert die physikalische mit der analytischen Methode (Wahsner 1995: 793). Die einzelwissenschaftliche Methode besteht darin, Möglichkeiten der spezifischen Bewegungsformen zu erkunden und hierzu Bewegungen messbar zu machen und dafür Grundgrößen zu entwickeln. Diese sind nicht einfach nur irgendwelche abstrakten Allgemeinheiten (vgl. HW 9: 21: „Das Allgemeine der Physik ist abstrakt oder nur formell…“), sondern fassen spezifische, qualitativ bestimmte Wirkfähigkeiten innerhalb der jeweiligen Bewegungsform, deren Zusammenhang im Gesetz dargestellt wird. (Dialektische Widersprüche werden hierbei nur in dualisierter Form erfasst).[7]

Renate Wahsner kommt deshalb zu dem Schluss: „die Hegelsche Vorstellung vom Übergang vom naturwissenschaftlich gedachten Allgemeinen zum naturphilosophisch begriffenen Allgemeinen [ist] nicht realisierbar“ (Wahsner 2002: 116). „Man kann nicht über den Fall, die träge Masse, die Pflanze […] philosophieren, weil diese Begriffe Sinn und Bedeutung nur im Rahmen der jeweiligen Naturwissenschaft haben“ (ebd.: 133). Tatsächlich kann die Philosophie die kategoriale Grundlage der Naturwissenschaft, „die Grundlage, die ihre Begriffsbildungen leitet, analysieren, ihre kategorialen, sozialen, weltanschaulichen Voraussetzungen darstellen“ (ebd.: 117). Aber das Sinnlich-Konkrete der Naturwissenschaften „ist nicht an sich gegeben, sondern schon das Ergebnis menschlicher Tätigkeit. Diese Phase lässt Hegel aus…“ (ebd.: 132).

Vor einer möglichen Natur(verhältnis)philosophie (oder als erstes innerhalb ihrer) kommt also die Wissenschaftstheorie, um die Erkenntnismittel und -weise der wissenschaftlichen Arbeit zu untersuchen. Wissenschaft muss dabei verstanden werden als allgemeine, gesellschaftliche Arbeit. Das Naturverhältnis „der“ Menschen ist immer ein konkret-gesellschaftliches Naturverhältnis [1] und das wissenschaftliche Erkennen der Natur ist als bestimmter Arbeitsprozess zu verstehen. (Schlemm 2004, vgl. Schlemm 2005: 215)

Dann kann die Aufgabe der Naturphilosophie, „das ihr überlieferte verständige Allgemeine in den Begriff“ zu übersetzen (HW 9: 20), erfüllt werden, wenn das „verständige Allgemeine“ als das „spezifisch naturwissenschaftlich Erkannte“ begriffen wird und als „Begriff“ eine Theorie menschlich-gesellschaftlich erkennender und verändernder Praxis verstanden wird. Zwischen Naturwissenschaft und Philosophie bleibt ein Unterschied, denn die Naturwissenschaften fassen die Welt „unter der Form des Objekts“, während die Welt philosophisch „unter der Form des Subjekts (verstanden als  Gattungswesen), als Subjekt-Objekt-Einheit“ gefasst wird (Wahsner 2012: 20).

2.2.2 Mensch-(Gesellschaft)-Naturverhältnis

Hegel klärt auf kategorialer Ebene, „dass jedes praktische Naturverhältnis – auch ein nachhaltiges – die Dimension der Instrumentalisierung der Natur und von daher auch der Negation ihrer Selbständigkeit und Zweckhaftigkeit beinhaltet“ (Reusswig 2013: 14). Hegel thematisiert das Mensch-Natur-Verhältnis dabei als Verhältnis eines individuellen Menschen, eines „sinnlich[en] Individuum[s]“ (HW 9: 13). Daran ist zu kritisieren, dass „der“ Mensch sich gegenüber der Natur nicht wirklich als individuell-äußerliches und sinnliches Wesen, sondern innerhalb von gesellschaftlicher Praxis verhält. Daraus folgt, dass das praktische Verhalten der Menschen zur Natur von den konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen abhängig ist. D.h. die von Hegel erwähnten Zwecke (ebd.: 14) sind in unterschiedlichen Gesellschaftsformen unterschiedlich bestimmt. (Unterschiedliche Formen der „Negation ihrer Selbständigkeit und Zweckmäßigkeit“).

Hegel erkennt durchaus die wesentliche Rolle von Arbeit für das Verständnis des Mensch-Naturverhältnisses, aber dabei ist die Arbeit nicht nur zwecksetzend, wie er annimmt, sondern in Wirklichkeit ist sie „die Synthese eines Inneren mit einem eigenständigen Äußeren“ (Wahsner 2002: 129, vgl. Ruben, Warnke 1979). Das ihm Äußere kommt dem gesellschaftlichen Menschen mit der ihm eigenen Wirkfähigkeit entgegen, und es wird nicht nur von ihm „vernichtet“ (HW 9: 13), sondern es verwirklicht neue, ihm eigene Möglichkeiten. Deshalb ist „die Natur“ nicht nur das, was dem menschlichen Tun als Material zugrunde liegt, sondern sie verändert sich in diesem Tun. Sogar was unter Natur verstanden wird, ist das, was unter ihr jeweils verstanden wird. Das heißt: „Aussagen darüber, wie die Natur – vermeintlich – an sich selbst ist“ sind „stets Aussagen menschlicher Erkenntnis über die Natur“ (Wahsner 2012: 13).[9]

2.2.3 Ökologie

Renate Wahsner zeigt, dass bei Hegel die Natur nur durch den Geist zu etwas Lebendigem wird, ohne dies sei sie „ein Vieles, ein Auseinander, etwas Festes“ (Wahsner 2002: 124). Die Natur ist „nur äußerliche Beziehung gegeneinander selbständiger Existenzen (HW 10: 19) und „die Natur liegt überhaupt in den Banden der Vereinzelung“ (HW 8: 90-91). Natürliche Phänomene wie Luft, Licht oder Wasser erfüllen „ihre Bestimmung nur durch ihren Gebrauch und Abnutzung“ (HW 6: 457). Renate Wahsner meint hierzu: „Statt der in diesem Zusammenhang geführten Rede von der „Abnutzung“ der Natur könnte man auch die „Wirkungsfähigkeit der Natur“ denken“ (Wahsner 2002: 122). Denn man kann, entgegen Hegel, die Natur auch „als wirkungsfähig und wirkungsnotwendig“ verstehen, „als bestimmt durch ihr gegenseitiges Aufeinanderwirken“ (ebd.: 123). Dann „kann die Gesamtheit der Naturgegenstände sehr wohl als auch sich selbst heraus bestehend gedacht werden“ (ebd.). Dann kann das praktische Verhalten der Menschen zur Natur nicht nur als vernichtend gedacht werden, sondern „als Verwirklichung von Möglichkeiten der Natur, realer, in der Natur selbst enthaltener, jedoch aktuell nicht realisierten Möglichkeiten“ (ebd.: 125).

Welchen Wert hat diese Ansicht, wenn „Aussagen darüber, wie die Natur – vermeintlich – an sich selbst ist, stets Aussagen menschlicher Erkenntnis über die Natur sind“ (Wahsner 2012: 13)? Die Aussagen über die Natur an sich selbst sind nicht bloß beliebige Denkformen, sondern die menschliche Erkenntnis beinhaltet einen praktischen Umgang mit Naturphänomenen, bei denen sich zeigt, dass das in ihr erforschte Verhalten der Natur innerhalb ihrer Wirkmöglichkeiten liegen muss. „Natur als bloßes, totes Material könnte die vom Subjekt gesetzten Zwecke nicht realisieren“ (ebd.).

2.2.4 Klima(wissenschaft)

Für die philosophische Analyse der Klimawissenschaften gilt natürlich das in 2.2.1. (Ergänzungen: Wissenschaftstheorie) Formulierte. Das heißt: die spezifische Art und Weise, wie die Klimawissenschaft(en) ihren Gegenstand behandeln, muss erkenntnistheoretisch studiert werden (z.B. wie bei Gramelsberger 2010). Die Wissenschaft von komplexen Phänomenen wie dem Klima, insbesondere mit simulierenden Methoden entspricht nicht den Wissenschaften, die sich auf lineare Zusammenhänge beschränken. Diese Wissenschaften beziehen sich erst recht nicht wirklich nur auf „Fakten“, sondern ihre Evaluation erfolgt anders und neue Unsicherheitsquellen entstehen.

Dies betrifft einerseits die Untersuchung der naturwissenschaftlichen, wie auch der gesellschaftswissenschaftlichen Arbeit und deren Zusammenhang. Wenn Reusswig auf die „Politik der Lebensstile“ (Reusswig 2013: 42) verweist, so sei diese Thematik auf die Bedeutung unterschiedlicher Gesellschaftsformationen erweitert.

2.2.5. Dialektik und Klima

Reusswig schreibt von der Rolle der Dialektik „als „Denkform“ oder methodisches Rüstzeug“ (ebd.: 44), geht aber nicht ausführlich darauf ein. Tomasz Koniczs schrieb einmal über: „Die Dialektik des Klimawandels. Wie quantitative Änderungen der Treibhausgaskonzentrationen zu qualitativen Umbrüchen im globalen Klimasystem führen können.“ (Konicz 2014)

Reusswig verweist, wie oben(1.3.) schon referiert, auf die Betonung des Werdens, die spezifische Begründung von Quantitäten und Zahlen, die Figur des Umschlagens von Quantität in Qualität, die Sicht auf Ding-Eigenschafts-Komplexe und die begrenzte Rolle von Kausalerklärungen (Reusswig 2013: 44-45). Dabei vermischen sich hier Themen, die sich auf die Dialektik in der Natur (an sich) beziehen und jene, die sich auf die Dialektik der Naturerkenntnis beziehen. Wenn Dialektik wesentlich für Hegels Philosophie ist, dann besteht hier noch ein unbearbeitetes Feld.

Dabei darf m.E. nicht zurückgegangen werden hinter die wissenschaftstheoretische Erkenntnis, dass die Einzelwissenschaften, so interdisziplinär mit ihnen auch umgegangen wird, einen anderen epistemologischen Status haben als die Philosophie bzw. Aussagen über die „Natur an sich“ (d.h. wie sie ist, wenn wir sie nicht erforschten). Zuerst muss also die Dialektik des Erkenntnisprozesses für diese spezielle Thematik untersucht werden. Dabei ist herauszuarbeiten, wie mit den Widersprüchen der untersuchten Gegenstände umgegangen wird. Welche spezifischen qualitativen Wirkfähigkeiten werden wie erfasst? …

Tatsächlich können hier die Wissenschaftsbereiche, d.h. die Bewegungsformen der Materie nicht so fein säuberlich auseinander gehalten werden, wie bei anderen wissenschaftlichen Themen. Die jeweiligen Spezifika der Wissenschaften und ihrer Theorien müssen deshalb bekannt sein, damit sie untereinander kein Verhältnis des Reduktionismus oder ähnliches entwickeln.

Neben der Interdisziplinarität ist die Besonderheit des wissenschaftlichen Vorgehens angesichts komplexer, nichtlinearer Zusammenhänge zu untersuchen. Insbesondere der Status als meistens simulierende Wissenschaft erfordert hier neue Forschungen (vgl. Gramelsberger 2010).

Dies sind Forschungen, bei denen es nicht immer speziell um die Hegelsche Dialektik geht und das naturwissenschaftliche Erkennen passt auch nicht in die Abfolge von Verstand und Vernunft. Renate Wahsner bestimmte einmal Dialektik allgemeiner als „Negation der Isdolierung“ mit der Schlussfolgerung: „Wird aber die Dialektik als Negation der Isolierung begriffen, so wird sie unterschieden sein, je nachdem, welcher Art die Isolierung ist, die aufgehoben werden muß.“ Eine Isolierung aufzuheben, muss nicht heißen, alles „ineinander zu manschen“, sondern zu begreifen, warum bestimmte Trennungen z.B. bei der naturwissenschaftlichen Arbeit notwendig sind. Die begriffene Einheit des menschlichen Erkennens und Handelns konstituiert sich dann aus der gegensätzlichen Bewegung der widersprüchlichen Momente.

Dies betrifft einerseits die Subjekt-Objekt-Dialektik der Erkenntnisprozesse, andererseits auch unterschiedliche Momente in der objektiven Welt da draußen, die wir durch die Erkenntnisprozesse auch in ihren Wechselbeziehungen in unterschiedlichen Formen von Widersprüchen immer besser verstehen können. Die Dialektik orientiert auf die Wechselwirkungen, die Abhängigkeit von allem, das als „Etwas“ bestimmt werden kann, von (seinem bestimmten) „Anderem“. Jedes vorher von anderem Isolierte, jedes Endliche ist als „bestimmtes, […] endliches Sein […] ein solches, das sich auf anderes bezieht; es ist ein Inhalt, der im Verhältnisse der Notwendigkeit mit anderem Inhalte, mit der ganzen Welt steht“ (HW 5: 87).

Zu warnen bleibt vor der unreflektierten Historisierung der Hegelschen Logik, wie sie in marxistisch-leninistischen Traditionen häufig bei der Umstülpung vom Ideellen ins Materielle vorgenommen wird. Jede Historisierung braucht ihre eigene konkrete inhaltliche Begründung statt einer schematischen Subsumption unter scheinbare „Grundgesetze“. Aber dies ist schon wieder ein neues Thema.

Literatur

Borzeszkowski, Horst-Heino von; Wahsner, Renate (1989): Physikalischer Dualismus und dialektischer Widerspruch. Studien zum physikalischen Bewegungsbegriff. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Borzeszkowski, Horst-Heino von (1998): Hegels Newton-Bild in seinen „Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie“. Hegel-Jahrbuch 1998. S. 137-141.

Gramelsberger, Gabriele (2010): Computerexperimente. Zum Wandel der Wissenschaft im Zeitalter des Computers. Bielefeld: transcript Verlag.

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (HW 2): Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie (1801). In: G.W.F. Hegel: Werke in 20 Bänden. Band 2. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1970.

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (HW 6): Wissenschaft der Logik II. Auf d. Grdl. der Werke von 1832-1845 neu ed. Ausg. Band 6. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag. 1990.

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (HW 7): Grundlinien der Philosophie des Rechts. In: G.W.F. Hegel: Werke in 20 Bänden. Band 7. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag 1970.

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (HW 8): Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Erster Teil. In: G.W.F. Hegel: Werke in 20 Bänden. Band 8. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag. 1986.

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (HW 9): Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Zweiter Teil. In: G.W.F. Hegel: Werke in 20 Bänden. Band 9. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag. 1986.

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (HW 12): Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. In: G.W.F. Hegel Werke in 20 Bänden. Band 12. Suhrkamp Verlag 1970.

Konicz, Tomasz (2014): Die Dialektik des Klimawandels. Wie quantitative Änderungen der Treibhausgaskonzentrationen zu qualitativen Umbrüchen im globalen Klimasystem führen können. In: TELEPOLIS, 24. April 2014. Online: https://www.heise.de/tp/features/Die-Dialektik-des-Klimawandels-3364883.html (abgerufen 2021-10-09)

Reusswig, Fritz (2013): Hegel und der Klimawandel. Zur gesellschaftlichen Relevanz einer dialektischen Naturphilosophie heute. Beitrag für den Sammelband von Stefan Müller „Probleme der  Dialektik heute“. Online: https://www.researchgate.net/publication/302096479_Hegel_und_der_Klimawandel_Zur_gesellschaftlichen_Relevanz_einer_dialektischen_Naturphilosophie_heute (abgerufen 2021-10-09)

Reusswig, Fritz (2020): Greta Calling. Warum es eine Philosophie der Klimakrise braucht. Online: https://www.praefaktisch.de/klimakrise/greta-calling-warum-es-eine-philosophie-der-klimakrise-braucht/ (abgerufen 2021-10-09)

Ruben, Peter; Warnke, Camilla (1979): Telosrealisation oder  Selbsterzeugung der menschlichen Gattung. Deutsche Zeitschrift für Philosophie 27 (1979), S. 20-30.

Schlemm, Annette (2003): Naturwissenschaftliches Denken neben Verstand und Vernunft – oder – Die Wissenschaft ist besser, als Wissenschaftskritik oft annimmt. Vortrag auf der Öffentlichen Tagung der Ernst-Bloch-Assoziation 3.-5. Oktober 2003 in Göttingen. Online: http://www.thur.de/philo/project/goettingen.htm (abgerufen 2021-10-18), erschien auch in Vorschein Nr. 25/26. Jahrbuch 2004/2005 der Ernst-Bloch-Assoziation (Hrsg.: Doris Zeilinger). Nürnberg : ANTAGO Verlag 2006. S. 25-45.

Schlemm, Annette (2004): Wissenschaft als allgemeine Arbeit. Online: http://www.thur.de/philo/project/wissenschaft.htm (abgerufen 2021-10-18)

Schlemm, Annette (2005): Wie wirklich sind Naturgesetze? Auf der Grundlage einer an Hegel orientierten Wissenschaftsphilosophie. LIT-Verlag Münster.

Schlemm, Annette (2019): CO2-Steuer – Zwischenlösung oder Alibi? Online: https://philosophenstuebchen.wordpress.com/2019/05/20/co2-steuer-zwischenloesung-oder-alibi/ (abgerufen 2021-10-18)

Schlemm, Annette (2021): Mensch – Gesellschaftsformation – Natur, Teil 1. Online: https://philosophenstuebchen.wordpress.com/2021/09/09/mensch-gesellschaftsformation-natur-teil-i/ (abgerufen 2021-10-18)

Wahsner, Renate (1995): Die Newtonsche Vernunft und ihre Hegelsche Kritik. Deutsche Zeitschrift für Philosophie 43 (1995), S. 789-800.

Wahsner, Renate (2002): Die Macht des Begriffs als Tätigkeit (§ 208). Zu Hegels Bestimmung der Betrachtungsweisen der Natur. Wiener Jahrbuch für Philosophie. Band XXXIV/2002, S. 101-142.

Wahsner, Renate (2005): Zum Verhältnis von Natur- und Gesellschaftsdialektik oder Das dialektische Auge als intellectus archetypus? In: Marxistische Blätter (43 (2005), Nr. 2-05, S. 93-98; 43(2005), Nr. 3-05; S. 90-96.

Wahsner, Renate (2012): Kann eine moderne Naturphilosophie auf Hegelsche Prinzipien gegründet werden? Spekulatives und naturwissenschaftliches Denken. Preprint 427 des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte Berlin.


[1] Zur Kritik dieser Interpretation Newtons durch Hegel siehe Borzeszkowski 1998. Demnach identifizierte Hegel die Mechanik als physikalische Theorie mit einem mechanistischen Weltbild. „Soweit es die klassische Mechanik als physikalische Theorie betrifft, wird sie durch Hegels Argumente überhaupt nicht berührt.“ (ebd.: 137), vgl. auch Wahsner: „Hegels Kritik an Newton ist zum einen  eine völlig berechtigte Kritik am Mechanizismus, an dem „metaphysizierenden Empirismus“, die aber Newton nicht trifft“ (Wahsner 1993: 799).

[2] Außerdem beinhaltet schon die Naturwissenschaft eine (spezifische) Einheit von theoretischem und praktischem Verhalten (Wahsner 2002: 118).

[3] …wobei hier die Unterscheidung eher zwischen einer „psychologischen“/wahrnehmungsphysiologischen Theorie der Farben und einer physikalischen liegt.

[4] Über die Bedeutung der Hegelschen Analyse von Zweck und Mitteln siehe Wahsner 2002: 120ff..

[5] siehe hierzu die in Fußnote 2 angegebene Literatur.

[6] Tatsächlich jedoch sind die neuzeitliche Wissenschaften gar nicht mehr auf ein „Was der Sache“ aus, sondern auf „die Bewegung selbst, die Bewegung als substantiviertes Verhalten, die Bewegung unter einem jeweils bestimmten Aspekt“ (Wahsner 2012: 20). Sie basieren geradezu auf einer Wirkfähigkeit ihrer Objekte, auf deren „Verhalten, das sich erst im Gegeneinander […] konstituiert“ (ebd.); dies allerdings jeweils beschränkt auf die gerade untersuchte Bewegungsform.

[7] Zur Kritik von Hegel für dieses Thema siehe z.B. Wahsner 2002.: 106ff..

[8] siehe z.B.: Schlemm 2021.

[9] Diese onto-epistemische Verfasstheit bedeutet jedoch nicht, dass die Natur prinzipiell unerkennbar wäre, sondern in der Naturerkenntnis steckt auch wirkliche Natur. Im erkennenden  Verhältnis stehen erkennende Subjekte mit erkannten Objekten im Verhältnis, das Objekt versteckt sich nicht.


Hier gibts noch meine eigenen Überlegungen zum Thema „Dialektik und Klima-Umbruch“