… wurde die Autorin von ihren Mit-Aktivistis in der Klimabewegung in den letzten Jahren immer wieder gefragt.
Es liegt nun (schon eine Weile) vor. Das Buch ist allen gewidmet, „die nicht aufgeben“. Einer nimmt sich das Leben, aber hat er aufgegeben? Alle kämpfen sich durch. Durchs Leben, genauer gesagt: durch ein widerständiges Leben. Die meisten begannen in den frühen 90er Jahren als Schüler:innen. Im Jahr 2014 aber wird Bilanz gezogen. Welcher Weg war und ist der Richtige? Brandanschläge auf dem Flughafen? Alternative Lobbyarbeit in Brüssel? Oder der Rückzug ins eigene, individuell zu verantwortende Öko-Leben? Wie soll man reagieren auf die verzweifelte Gewalttat, wenn man sie versteht und solidarisch sein will, aber die eigene Arbeit nicht gefährden will?
Dorothee Häußermann gibt in ihren „Romanfetzen“ einen Einblick in die Widersprüche derer, die sich in unterschiedliche Kämpfe verwickeln und deren Miteinander weiterhin durch eine tief verwurzelte, wenn auch oft lange unterbrochene, Freundschaft getragen wird. Die „Fetzen“ berichten vom Leben in einer besetzten Villa, einem verhinderten Flughafen, Institutssitzungen, verzweifelten Posts, um die Öffentlichkeit aufzuwecken und dem, was dieses kämpferische Leben mit den Menschen macht. Sie sind häufiger enttäuscht und verzweifelt als erfolgreich… und machen trotzdem weiter. Das heißt, sie haben ein erfülltes Leben, sie haben Freund:innen, sie gestalten, sie ringen, d.h. sie sind wirkliche Menschen. Ganz nah an der Schreibgegenwart gibt es DEN Aufruf, auf den die ganze widerständige Welt eigentlich wartet, an den aber nur noch wenige glauben: Es geht um „DEN weltweiten Aufstand gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur“. Und auch wenn diesmal wieder zu wenige „normale Leute“, die die die neue ausbeutungsfreie Welt mitgestalten müssten, mitmachen – sie werden weiter machen. Wer von uns macht es auch?
Empfohlen wird hiermit das Buch:
Dorothee Häußermann (2019): Wind aus Nord-Süd. Romanfetzen. Hamburg: tredition GmbH.
Hier gibt’s ein Interview mit der Autorin, über ihre Klimaaktivität und auch übers Buch.
August 2, 2022 at 8:30 pm
Ich bewundere nach wie vor Diejeniginnen ;-), die kämpfen und gekämpft haben, obwohl ihr Kampf schier aussichtslos scheint.
Auch jetzt sind wir von einer revolutionären Situation meilenweit entfernt.
Hierzu Karl Liebknecht: Eine Revolution gegen eine funktionierende Streitmacht ist aussichtslos.
Hierzu George Orwell: Revolutionen werden gemacht, um eine Diktatur gegen eine andere auszutauschen.
Der Kapitalismus ist ebensowenig in der Lage, die Zukunftsprobleme der Menschheit zu lösen, wie der „real existierende Sozialismus“, wie schon Robert Havemann feststellte (der derzeitige Finanzkapitalismus erst recht nicht).
Ich finde örtliche Gemeinschaften einen guten Ansatz, um Gemeinschaftssinn zu befördern. Wie aber kann dieser Geist in die digitale Parallelwelt getragen werden?
Dieser Gemeinschaftssinn und seine Einrichtungen werden aber nur solange toleriert werden, wie sie die herrschende Machtordnung nicht bedroht, s. das brutale Vorgehen gegen Proteste gegen G8 in Bayern und gegen das K-Wort.
Ich komme deshalb zurück auf meinen Bezug auf Brecht, dass es „den Menschen“ schlecht genug gehen muss. Wie gut er das gesehen hat, zeigt die Tatsache, dass das inzwischen von hiesigen Vertretern des Kapital-Bürgertums erschrocken thematisiert wird.