Ich denke, ich lese nicht recht. Als Physikerin im Beruf musste ich immer peinlich genau darauf achten, dass alle Messungen und Berechungen auch wirklich stimmen. Schon im Studium lernt man (hoffentlich), dass man wenigstens die Größenordnung der Ergebnisse stets kritisch beäugen sollte.

Nun stellt sich heraus, dass die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zugeben musste, dass in einer Studie über den Infraschall von Windkraftanlagen von 2005 die Werte dieses Infraschalls um mehrere Tausend mal zu hoch angesetzt worden waren. In diesem Bericht werden Infraschallwerte von mehr als 100 Dezibel angegeben. Und das wäre wirklich ganz schön heftig – das entspricht einem Drucklufthammer oder dem Lärm in einer Diskothek!. Niemandem fiel auf, dass in so einem Schallsignal viel mehr Energie hätte stecken müssen als im gesamten Schallsignal (also über alle Wellenlängen hinweg, nicht nur im Infraschallbereich) (soviel zum kritischen Beäugen).

Aber genau dieser Wert wird seither von Gegnern der Windkraft als Argument verwendet. Das ist ja mal dumm gelaufen. Einen schönen Einblick in die Wissenschaft des Schalls gibt Stefan Holzheu. Er erläutert, inwiefern Schallwellen im Infraschallbereich (also einem Ausschnitt aus dem Wellenlängen- bzw. Frequenzbereich, in dem Schallwellen auftreten können) zwar nicht hörbar sind, wenn sie allerdings viel Energie in sich tragen, d.h. sehr laut sind, doch hör- und spürbar werden können.

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Der Trick mit ungedeckten Versprechungen

Schon seit 30 Jahren wissen wir, dass die Emissionen von Treibhausgasen drastisch sinken müssen. So gut wie nichts geschah; der reale Emissionspfad übertraf in der Emissionsmenge den „Business as Usual“-Pfad, der 1990 als der schlechtest-mögliche eingeschätzt wurde (siehe die folgende Abbildung unter Verwendung DB 1990: 52). Anstatt bei 36,5 GT CO2-Emissionen pro Jahr (2018) müssten wir weltweit bei ca. 16 GT CO2-Emissionen pro Jahr liegen! Und das zusätzlich ausgestoßene CO2 sammelt sich Jahr für Jahr weiter in der Atmosphäre an.

30 Jahre nach diesen Plänen sind wir noch nicht einmal „in den Knick“ (das Abknicken der Kurve von einer Steigung hin zu einer Senkung) gekommen und die Verzögerung führt dazu, dass die die Neigung der Reduktionskurve immer steiler nach unten weisen muss (d.h. die notwendigen Reduktionsraten steigen enorm). Mit der angestiegenen CO2-Menge in der Atmosphäre verringert sich auch das Zeitfenster, das wir bis zum Aufbrauchen des CO2-Budgets noch haben, d.h. das Ende der Emissionen muss noch zeitiger erreicht werden, als 1990 angenommen. Die durchgezogene rote Linie zeigt die aus heutiger Sicht  notwendige Reduktionskurve im Vergleich zu der von 1990: (mehr …)

Das für morgen zum Beschluss im Bundestag stehende „Kohleausstiegsgesetz“ ist wieder einmal Augenwischerei.

Die Scientists 4 Future kritisieren die Vorhaben:

  1. Die international vereinbarten Klimaschutzziele können mit diesem
    Gesetz nicht eingehalten werden.
  2. Der Kohleausstieg kann kostengünstiger und effektiver gestaltet
    werden als im Gesetzentwurf vorgesehen.
  3. Die Entschädigungszahlungen sind rechtlich nicht zwingend.
  4. Es gibt keine energiewirtschaftliche Notwendigkeit für weitere
    Zwangsumsiedlungen.
  5. Fossiles Gas ist nur begrenzt als Übergangstechnologie geeignet.

Und der Kohlewirtschaft wird das Geld noch hinterhergeschmissen, dafür, dass sie noch 18 Jahre lang sogar mit Braunkohle „systemrelevant“ sein dürfen, weil weder an der notwendigen  Senkung des Verbrauchs von Energie noch einer systemisch ausreichenden Umstellung auf Erneuerbare Energien gearbeitet wird.

(Karikatur von G.Mester aus SFV-Rundmail)

Dabei steht der Menschheit das Wasser bis an den Hals. Es wurde bekannt, dass 9 der 15 berühmten „Kipp-Punkte“ des Klimageschehens bereits „aktiviert“ sind (Quelle).

(Protest in Jena)

Gegen das Kohle-Gesetz gibt es viele Proteste, so u.a. von

 

Seit  Monaten wurde am „Klimaplan von unten“ gearbeitet. Es gab die Möglichkeit, sich in einem Wiki zu beteiligen oder bei regionalen oder zentralen Schreib-Treffen, so z.B. auch bei den Klima-Camps im vorigen Jahr. Die erste Auflage des „Klimaplans von unten“ ist nun fertig:

Für jedes  Themengebiet wird zuerst dargestellt, worin das zu lösende Problem besteht, was die vorgeschlagene Maßnahme beinhaltet, wie die Umsetzung aussehen kann und wie damit dem Klimawandel entgegengewirt wird. (mehr …)

Rechte Ideologien in Klima- und Umweltschutz

Wer verstanden hat, dass die (Um-)Weltzerstörung nicht ewig weiter gehen kann, ohne dass die Grundlagen allen Lebens und damit auch von uns gefährdet werden, versteht meist, dass sich etwas grundlegend ändern muss. Bei der Frage, was sich wie ändern muss, werden die Überlegungen aktiviert, die man sowieso schon darüber hat, was anders werden sollte. Linke Konzepte verweisen darauf, dass die Ursache für Ausbeutung und Unterdrückung in aller Welt und die Ausgrenzung jeweils Schwächerer oder „Anderer“ und für die Zerstörung der Lebensgrundlagen die gleichen sind: die Kapitalistische Wirtschafts- und die damit verbundene konsumistische Lebensweise und dazugehörige kulturelle Entsprechungen. Der Aufbau einer nicht-kapitalistischen Gesellschaft, ob sozialistisch, kommunistisch oder commonistisch sollte diese Wurzel ausreißen und auch ein neues Naturverhältnis ermöglichen. Rechte sehen eher ihre „Heimat“ gefährdet und verweisen auf den angeblich schädlichen Einfluss von allem „Fremden“ und sehen als Lösung z.B. die Verwirklichung von völkischen Siedlungsplänen (vgl. Röpke, Speit 2019). Oder sie sehen gleich alle Menschen als „Schädlinge“ an, oder als „Krebsgeschwür“.

Hoppla, letzteres wird ja häufig auch scheinbar ganz harmlos geäußert. Ganz harmlos? Unwissenheit schützt vor den Folgen nicht.

Darüber, wohin solche Konzepte wie die Tiefenökologie vor allem bei der radikalen Umweltbewegung Earth First! zu wahrlich menschenverachtenden Ideologie werden, hatte ich bereits berichtet (Schlemm 2019). Hier berichte ich über neuere Auseinandersetzungen mit rechten Tendenzen im Umwelt- und Klimaschutz.[1] Ich stütze mich dabei stark auf die Arbeiten der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN). Es geht darum zu erkennen, welche Denkmuster und Argumentationen ins rechte Repertoire gehören, denn: „[v]iele Forderungen der braunen Grünen decken sich mit denen von Umweltverbänden oder Bündnisgrünen. Doch wer genauer auf die Begründungen achtet, hört fast immer die rechtsextreme Gesinnung heraus: Umwelt- oder Tierschutz ist […] eingebettet in ein rechtsextremes Weltbild.“ (Staudt 2012: 14).

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Ich bin seit Freitag in Berlin. Am Wochenende haben wir in einer Veranstaltung über Utopien diskutiert und jetzt machen wir die Revolution, um die Utopie zu verwirklichen… Schön wärs. Wir  müssen erst mal eine Rebellion machen, um das Schlimmste zu verhindern.

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Der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) hat gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und Einzeklägern eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht. Grund: die unzureichende Klimapolitik in Deutschland.

Zum Hintergrund der Klage heißt es vom SFV:

Um die Grundrechte auf Leben, Gesundheit und Eigentum zu schützen, muss Deutschland mindestens die im Pariser Klima-Abkommen vereinbarte Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau einhalten und in der EU sein Gewicht dafür in die Waagschale werfen und die Emissionen in maximal zwei Dekaden in allen Sektoren auf null bringen. Zwar hat die Politik demokratische Entscheidungsspielräume. Diese erlauben es grundrechtlich jedoch nicht, die Grundlagen menschlicher Existenz und damit auch der Demokratie zu untergraben. Genau das riskiert aber die unambitionierte deutsche Klimapolitik.

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Friday4Future in Jena

Danke dafür, dass Ihr uns aus dem Schlaf der Verleugnung und Verdrängung holt. Oder aus der Einsamkeit der schon Verzweifelnden. Ihr merkt es bereits: Viele von uns schließen sich Euch an. Eltern und Wissen schaffende… für eine noch lebenswerte Zukunft. Manche von uns versuchen auch, Euch immer noch zu belehren.

Ich aber möchte mich zuerst einmal entschuldigen. Entschuldigen für die verlorenen Jahrzehnte der Umkehr. Wir hätten es wissen können. Auch in der DDR hat man von den Globalen Problemen der Menschheit erfahren, aber den meisten von uns waren Bananen, Westautos und Mallorcareisen zu wichtig, um uns beirren zu lassen auf dem Weg ins rücksichtslose Wirtschaftswachstum. Sogar viele in der DDR Umweltbewegte fanden am Westen auf einmal nicht mehr allzu viel schlecht. Die Deindustrialisierung der DDR und industrielle Modernisierungen mit höheren Umweltstandards verhalfen der BRD dann zu einem maßgeblichen Anteil an ihrer nicht allzu schlechten Umwelt- und Klimabilanz, aber kaum jemand stellte den nationalen und regionalen Standortwettbewerb in Frage, egal was es kostet an Zukunftschancen. Also entschuldigt, dass wir Euch mit materiellem Wohlstand befriedigen wollten und dabei Eure Zukunft „geklaut“ haben, wie Ihr so treffend ruft.

Und entschuldigt, dass wir schon wieder so halbherzig sind. In einer Meinungsrunde lobte Euch jemand und schlug vor, dass Ihr, wenn die Demos und Streiks am Freitag nichts bewirken, doch auch noch am Donnerstag streiken könntet. Ich stutzte: Verdammt noch mal, lassen wir nicht schon wieder die Kinder die Kartoffeln aus dem Feuer holen? Wie wäre es denn, wenn wir alle auch streikten?

Ich höre schon den Aufschrei: Das geht doch nicht, wenn das alle machten…! Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Ja, wenn das alle machten, würde mal einen Tag lang die Werbe- und Marketing-Maschinerie stillstehen und es bräuchten all die Dinge gar nicht hergestellt werden, die an diesem Tag den Leuten aufgeschwatzt werden. Und schon wäre ein Fünftel aller Energie, Rohstoffe und Lebenszeit gespart.

Aber was sagt denn dann mein Chef dazu? Ja genau, darum geht es. Hier täte es weh. Dem Chef und auch mir. Deshalb machen wir es nicht. Entschuldigt Ihr auch das?

Die Natur wird es nicht entschuldigen. Um zu einer ökologisch nachhaltigen Lebensweise zu kommen, in der das Klima nicht kippt und die planetaren Grenzen nicht überschritten werden, müssten wir hochentwickelten Industrieländer unseren Umweltimpact um 80% senken. Wir müssten also nicht nur am Freitag und nicht nur noch am Donnerstag aussetzen mit der Naturzerstörung, sondern fast die ganze Woche.

Naomi Klein schrieb zum Klima-Umbruch: „Das ändert alles!“ – Ja, das tut es. Die Losung „Systemwandel statt Klimawandel“ muss ernst genommen werden.

Menschliches Leben beruht auf der Nutzung von natürlich bereitgestellten Stoffen und Energien. Diese sind nicht einfach nur „da“, sondern bestehen aus Prozessen, in denen vieles miteinander zusammenhängt und die durch Rückkopplungen untereinander aufrechterhalten werden. Wie stark alle Faktoren des Lebens miteinander wechselwirken, zeigen u.a. AutorInnen, welche den Planeten Erde selbst als lebendigen Organismus betrachten und ihn deshalb „Gaia“ nennen (Lovelock 1982).

Das Problem damit ist, dass der Optimismus, den das „Gaia“-Konzept zu begründen hofft, sich lediglich auf den Planeten Erde bezieht. Der Planet selbst und natürliche ökologische Prozesse auf ihm wird es tatsächlich immer weiter geben – die Frage ist nur, ob Menschen darauf gut leben können, oder ob sich Gaia dieses „Schmarotzers“ entledigt…

Lange dachte man, dass die ökologischen Veränderungen durch menschliche Aktivitäten wie Rodungen usw. nur regionale Auswirkungen gehabt haben. Inzwischen wird vermutet, dass vor allem die Entstehung der Landwirtschaft vor ca. 8000 Jahren einen Beitrag an der Stabilisierung des Klimas im sog. Holozän geleistet hat. Derzeit geht es gerade um die Zerstörung dieser Stabilität, die für die Lebensgrundlagen der Zivilisation grundlegend ist. (mehr …)

… leider nur an den Schulen. Aber wenigstens da. Manche Eltern fragen sich, ob sie einen Entschuldigungszettel schreiben müssen, damit ihre Kiddis nicht doch  Probleme bekommen. In Wirklichkeit aber müssen wir uns bei ihnen entschuldigen für das Schlamassel, das wir ihnen hinterlassen:

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