Begriffsverwirrung

An einem Wort können sich Streite entzünden. Dabei scheint es so einfach zu sein. Marx schrieb im „Kapital“ zu den Gebrauchswerten:

„Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer ihre Form sei.“ (MEW 23: 50)

Demnach wird ein Ding zum Gebrauchswert, wenn es „menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt“ (ebd.: 49), d.h., wenn es nützlich ist.

Auf späteren Seiten im „Kapital“ wird der Gebrauchswert aber nur noch als Moment der Waren im Kapitalismus thematisiert, wobei der Gebrauchswert nun untrennbar vom Tauschwert wird, ja wo er zu so etwas wie „zur Erscheinungsform seines Gegenteils, des Werts“ (MEW 23: 70) wird. Man kann den Gebrauchswert nun nicht mehr trennen von dem, dessen Erscheinungsform es ist, dem Wert. (mehr …)

Aktuell zum 1. Mai 2017:

Nach 7 Jahren erneuter Kapital-Lektüre in der Gruppe konnte ich es nicht lassen, auch das unvollendete letzte Kapitel von Marx ernst zu nehmen. Außerdem gibt es ja genug Neues seit Marx über den Klassenkampf, worüber zu berichten ist. Das Ergebnis gibts nun auch als Broschüre beim Packpapier-Verlag (für 4 Euro zu bestellen):

 

 

Gasparazzo
Bei der Arbeit an den Texten „Kampf und Logik – Klassenkampf reloaded“ und „Klassenkampf in der kapitalistischen Entwicklungsdynamik“ hatte ich einige Zusammenfassungen zu Begriffen wie „Arbeit“, „Arbeiterklasse“ und „Klassenkampf“ geschrieben, die nicht in dieser Ausführlichkeit in den Texten verwendet wurden. Sie beziehen sich vor allem auf die Beiträge der sog. „autonomen Marxisten“ zu diesen Begriffen. Hier werden sie nachgeliefert (obwohl die Ausarbeitung noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann). (Die Literatur wird in den eben genannten Texten angegeben)

ZeroWorks
Arbeit im Kapitalismus
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Kampf und Logik
Klassenkampf reloaded

– ein von der Zeitschrift „Streifzüge“ abgelehnter Text –

„Ein Blick ins Buch hinein, und zwei ins Leben,
das mag die rechte Form dem Geiste geben…“ (Goethe)

„Lesen, bis der Kommunismus kommt“

Wir haben uns in einer kleinen Lesegruppe in Jena nach 7 Jahren nun endlich durch alle drei Bände des „Kapital“ von Marx hindurchgefressen. Einige von uns wurden in dieser Zeit Großeltern, andere Eltern. Generationen schon suchen im „Kapital“ Antworten auf die Fragen ihrer Zeit. Auch wir erweitern die Fraktion derer, die „lesen, bis der Kommunismus kommt“ (Sprügel 2014). Aber wie soll das je geschehen, wenn der Kapitalismus sich durch die Geschichte wälzt, wie die Rolle eines Schneemanns, der alles, was ihm in den Weg kommt, einfach nur integriert und dabei fetter und stärker wird?

Weiterlesen (als pdf-Datei)

Am vergangenen Wochenende war ich wieder einmal in Berlin und nahm an der Hans-Heinz-Holz-Tagung 2015 teil. Sie wurde veranstaltet von der Salzburger Gesellschaft für dialektische Philosophie und der DKP und fand im Marx-Engels-Zentrum in Berlin statt, das ich noch gar nicht kannte.

Hegel_Marx_Holz
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Das Problem der „materialistischen Umstülpung“

Marx schrieb im Nachwort zur zweiten Auflage des „Kapitals“, dass seine dialektische Methode das „direkte Gegenteil“ (MEW 23: 27) der Hegelschen wäre. Das, was er als das „Rationelle“ von Hegel übernehmen will, sind die „allgemeinen Bewegungsformen“:

„Die Mystfikation, welche die Dialektik in Hegels Händen erleidet, verhindert in keiner Weise, daß er ihre allgemeinen Bewegungsformen zuerst in umfassender und bewußter Weise dargestellt hat. Sie steht bei ihm auf dem Kopf. Man muß sie umstülpen, um den rationellen Kern in der mystischen Hülle zu entdecken.“ (MEW 23: 27)

Was wissen wir über diese allgemeinen Bewegungsformen und ihre Umstülpung?
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Am Freitag Vormittag des Seminarwochenendes in Hiddinghausen legten zwei Inputs die inhaltlichen Grundlagen. Der erste Input brachte die Themen des vorigen Jahrestreffens in Hiddinghausen in Erinnerung, als es um das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft mit seinen vielfältigen Vermittlungen und die Zielbestimmung einer commonbasierten bzw. commonsschaffenden Wirtschaft ging.

Interessant fand ich die Betrachtungsweise, die den Kommunismus nicht erst als Phase nach dem Kapitalismus, sondern bereits in aller Geschichte als vorhanden ansieht. Der Begriff des Kommunismus bezieht sich dabei auf menschliche Potenzen. Hiddinghausen 2014_3

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3. Geld als Kapital

Während Marx im ersten Band des „Kapitals“ lediglich den Unterschied von Geld in seiner Vermittlungsfunktion für den Austausch von Gebrauchswerten und Kapital als mehrwertheckend beschrieben und auf seinen Grund (die Aneignung unbezahlter Arbeit) zurückgeführt hat, untersucht er im zweiten Band des „Kapitals“ genauer, wann und wie Kapital eine Geldform annimmt.

Dazu wird das Kapital nicht mehr nur als einfaches Verhältnis betrachtet, sondern als „ein Prozeß, in dessen verschiednen Momenten es immer Kapital ist“ (MEW 42: 183). Diese Zirkulation ist keine kreislaufförmige, sondern eine „Spirallinie, sich erweiternde Kurve“ (ebd.: 190).

„Das Kapital wird abwechselnd Ware und Geld [… es ist] selbst der Wechsel dieser beiden Bestimmungen.“ (MEW 42: 186)

Der gesamte Kreislauf sieht folgendermaßen aus:
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Um es gleich vorwegzunehmen: ich denke wie viele andere auch, dass wir in der Gesellschaft, die nach dem Kapitalismus entstehen kann, kein Geld mehr brauchen. Ich stehe also nicht auf dem Standpunkt, dass es in einer arbeitsteiligen, komplexen Gesellschaft Geld geben muss, etwa um Austauschbeziehungen oder die Arbeitsteilung zu vermitteln.

Trotzdem weiß ich nicht, ob die Konzentration auf eine Kritik des Geldes bzw. die Forderung nach seiner Abschaffung die zentrale Forderung sein sollte, wenn es um die Abschaffung von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung geht.

Geld gab es bereits lange vor dem Kapitalismus, ebenso wie die Herstellung von Produkten für den Tausch. Vor dem Kapitalismus bestimmte diese Warenproduktion aber nicht die gesamte gesellschaftliche Struktur. Der Gegenstand des Marxschen „Kapitals“ ist der Kapitalismus, so dass alle Kategorien vor allem für Verhältnisse im Kapitalismus gelten werden. Trotzdem gab es häufig Vorformen für diese Verhältnisse auch schon vorher. Die Vorstellung, die „einfache Wertform“( x Ware A = y Ware B) aus dem Wertformkapitel bei Marx (MEW 23: 63) bzw. die Zirkulationsform W-G-W könnte historisch einer Gesellschaftsform der „einfachen Warenproduktion“ entsprechen (Engels in MEW 25: 20, 909), wird heute kaum noch vertreten. In einem Kinderbuch über Geld aus der DDR wird diese Vorstellung ganz lustig und „realistisch“ illustriert:
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Grad gefunden:

„[…], solange die Produktivkräfte noch im Schoße der Bourgeoisie selbst nicht genügend entwickelt sind, um die materiellen Bedingungen durchscheinen zu lassen, die notwendig sind zur Befreiung des Proletariats und zur Bildung einer neuen Gesellschaft – solange sind diese Theoretiker nur Utopisten, die, um den Bedürfnissen der unterdrückten Klassen abzuhelfen, Systeme ausdenken und nach einer regenerierenden Wissenschaft suchen.

Aber in dem Maße, wie die Geschichte vorschreitet und mit ihr der Kampf des Proletariats sich deutlicher abzeichnet, haben sie nicht mehr nötig, die Wissenschaft in ihrem Kopfe zu suchen; sie haben nur sich Rechenschaft abzulegen von dem, was sich vor ihren Augen abspielt, und sich zum Organ desselben zu machen.

Solange sie die Wissenschaft suchen und nur Systeme machen, solange sie im Beginn des Kampfes sind, sehen sie im Elend nur das Elend, ohne die revolutionäre umstürzende Seite darin zu erblicken, welche die alte Gesellschaft über den Haufen werfen wird.

Von diesem Augenblick an wird die Wissenschaft bewußtes Erzeugnis der historischen Bewegung, und sie hat aufgehört, doktrinär zu sein, sie ist revolutionär geworden.“
(MEW 4: 142)