Dieser Text gehört zum Projekt „Anregungen von Maurice Godelier“
Auch im Kapitalismus sind es wieder die Eigentumsverhältnisse, die die Produktions- und damit die gesellschaftlichen Verhältnisse als Ganzes wesentlich bestimmen. Man kann kaum sagen, dass je ein bestimmtes Eigentumsverhältnis für je eine Gesellschaftsformation dominant ist. In jeder Gesellschaftsformation wirken verschiedene Eigentumsverhältnisse zusammen. Das persönliche bzw. haushaltbezogene Eigentum an Werkzeugen, Waffen sowie Vieh und die gemeinschaftliche Verfügung über das Territorium verweisen aufeinander. Dass diese Kombination so häufig auftritt, hat wohl den Grund darin, dass Vieh leicht ausgetauscht werden kann, Boden dagegen nicht (vgl. Godelier 1990: 122). Gemeinschaftlich genutzte Allmenderessourcen stützen häufig feudale Ausbeutungsverhältnisse. Die Selbstverwaltung der Dorfgemeinschaften enthebt die Feudalherren der direkten Einflussnahme und ermöglicht trotzdem oder auch gerade dadurch die Erhebung von Abgaben. Gemeinschaft geht mit „Flurzwang“ zusammen. Die sog. „asiatische“ und die feudale Gesellschaftsformation unterscheiden sich nach Godelier übrigens dadurch, dass in Asien der Staat oberster Eigentümer des Bodens blieb und Grundrente und Steuer zusammenfallen, während im Feudalismus Grundrente (an den Grundherrn) und Steuer (an den Staat) unterschieden sind (Godelier 1990: 126). Die Trennung des Eigentums an Produktionsmitteln und Arbeitskräften im Kapitalismus ermöglicht vorher unglaubliche Kooperationseffekte im konkreten Arbeitsprozess, deren Triebkraft sich von den unmittelbaren Bedürfnissen der Menschen abkoppelt. Gleichzeitig entstehen klassenspezifische Interessen, die jeweils mit ihrem spezifischen Eigentumspositionen im Zusammenhang stehen. Die gesellschaftlichen Strukturen, wie die Eigentumsverhältnisse wirken nicht nur als „Nahelegungen“ auf das individuelle Verhalten, sondern dieses ist in bestimmter Weise interessiert und auf diese Weise auch verständlich. (mehr …)