Dies ist die erweiterte Form meines Beitrags aus den Marxistischen Blättern 05_2019:


Langform der Veröffentlichung in Marxistische Blätter 05_2019:

Dialektik als Logik welcher Entwicklung?

Richard Sorg hat in der Nummer 4_2018 der „Marxistischen Blätter“ die Frage gestellt, ob es einen „Unterschied zwischen einer ‚idealistischen’ (Hegel) und einer ‚materialistischen’ Dialektik (Marx und Engels)“ gibt. Seine Ausführungen zeigen, dass der Unterschied nicht so groß ist, wie er häufig angenommen wurde und wird. Er verweist auf den „impliziten Materialismus“[1] (Sorg 2018: 107) bei Hegel. Trotzdem gibt es natürlich Unterschiede in der Art und Weise, wie Hegel in verschiedenen Themenkomplexen vorging und wie Marx und Engels daran herangingen. Richard Sorg skizzierte das unterschiedliche Vorgehen. Ich möchte diese Themenstellung noch ein wenig weiter führen, indem ich problematisiere, dass die Dialektik als Entwicklung sich insbesondere bei Hegel i.a. nicht auf zeitliche Veränderungen bezieht, sondern ) logisch-strukturell (bzw. logisch-systematisch) auf den „Gesamtzusammenhang“ (MEW 20, DN: 307 bezogen ist und sich von einer logisch-zeitlich (bzw. logisch-historisch) verstandenen Dialektik unterscheidet[2]. Diese Unterscheidung darf nicht verloren gehen, weil sonst viele Stellen bei Hegel und Marx falsch verstanden werden und das eigene dialektische Denken fehlgeleitet werden könnte. (mehr …)

Ein Panel auf der Konferenz „Great Transformation: Die Zukunft moderner Gesellschaften“ beschäftigte sich mit dem Ökosozialismus. Später las ich nach, dass es ein „Netzwerk Ökosozialismus“ gibt. In Bezug auf die Einschätzung der Lage waren alle Beteiligten hier sehr drastisch. Frieder Otto Wolf etwa sagte: „Wir müssen die Katastrophen jetzt einbauen in die Realität.“ Das entspricht etwa dem, was mir klar wurde, als ich „Crashtest für Utopien“ schrieb.

Diese Lage führt auch dazu, dass man sich den Sozialismus nicht mehr als möglichst reiche Gesellschaft ohne Mangel vorstellen kann, sondern es geht, so Bruno Kern, um eine „absolute Verbrauchsreduktion“. Dies relativierte Frieder Otto Wolf, indem er von selektiver Schrumpfung, Aufrechterhaltung wichtiger Bereiche und gar Wachstum anderer (wie ökologischer Landwirtschaft) sprach. Und dies alles geht nicht mit und im Kapitalismus, sondern erfordert eine neue Gesellschaftsform, den Sozialismus. Sozialismus wird in unterschiedlichem Maße verbunden mit Staatlichkeit. Nicht alle teilen die Meinung von Bruno Kern, der von der Notwendigkeit einer verstärkten Staatlichkeit zu Beginn der Umgestaltung (aufgrund ihrer Durchsetzungsmacht angesichts widerstrebender Interessen) ausgeht. Alle verweisen auf die entscheidende Rolle von „Aktivität und Selbsttätigkeit der Menschen“ (Wolf). In der Diskussion verwies ich darauf, dass die Erfahrung gezeigt hat, dass gerade ein stark agierender Staat diese Selbsttätigkeit der Menschen radikal einschränkt. Das ist nicht nur eine Folge von Unterdrückung, sondern auch von Bequemlichkeit: Immer wenn jemand anders sich den Hut aufsetzt, kann ich mich zurück lehnen.

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Auf diese Seite kommt im September die lange Version meines Artikels für die Marxistischen Blätter…

Dieser Text gehört zum Projekt „Über Utopie und Transformation neu nachdenken“.


Dem entspricht auch der Verzicht der Thematisierung der Klassenstruktur in Klassengesellschaften. Als neue Begriffe der Unterscheidung dessen, wovon die Transformation ausgeht und wohin sie führen soll wird nicht mehr vom Übergang von Klassengesellschaften zu einer klassenloser Gesellschaft gesprochen, sondern vom Überwinden der Exklusionslogik und der Durchsetzung der Inklusionslogik als gesellschaftliches Prinzip (S&S: 155). Exklusionslogik kennzeichnet Bedingungen, die den Menschen nahelegen, ihre Bedürfnisse auf Kosten anderer zu befriedigen (ebd.: 31), während die Bedingungen in einer inklusionslogischen Struktur den Menschen nahelegen, die Bedürfnisse anderer mit einzubeziehen (ebd.: 34). (mehr …)

Dieser Text gehört zum Projekt „Über Utopie und Transformation neu nachdenken“.


5.1. Aufhebungstheorie

Das gerade vorgestellte kategorial-utopische Ziel soll durch eine aufhebende Transformation aus dem jetzigen Zustand heraus  erreicht werden. Kategorial-utopisch wurden Bedingungen des Commonismus genannt, die dann verwirklicht sein sollen: Freiwilligkeit und kollektive Verfügung, wie sie auch im idealisierten Commonsbegriff enthalten sind. Aus der Möglichkeit, wie sie erst einmal unabhängig von konkret-historischen Bedingungen entwickelt wurde, soll eine konkret-historische Wirklichkeit nach dem Kapitalismus werden. (mehr …)

Ich habe bereits einen ersten Teil meiner Kommentierung und Kritik an dem Buch „Kapitalismus aufheben“ von Simon Sutterlütti und Stefan Meretz veröffentlicht.

In den nächsten Tagen wird der zweite Teil erscheinen, der sich auf auf das Thema Transformation/Keimformtheorie bezieht.

Frigga Haug hat im vorigen Jahr ein neues Buch mit vorwiegend schon älteren Texten veröffentlicht, die sie durch Vor- und Zwischenworte nachträglich in einen persönlichen Entwicklungs- und Erkenntnisweg einordnet. Ich kann es nur empfehlen, wenn man sich mit der Vielfalt ihrer Gedanken und Praxen einlesen möchte oder mehr Hintergründe dazu wissen möchte. Deshalb habe ich auch eine Rezension für die junge Welt geschrieben.

Zur Rezension bei der jungen Welt

Dieser Beitrag gehört zum Text „Trägt oder trügt die Hoffnung aus einer dialektischen Geschichtsphilosophie?“


Die dialektische Entwicklung in der Geschichte verbürgte für viele MarxistInnen ihren Fortschrittsoptimismus. Kuczynski schrieb nach der „Wende“: „Der einzige Trost in der gegenwärtigen Situation ist, daß man weiß, wie auch Engels sagt, daß die Geschichte im Zickzack verläuft, und daß sich letztlich stets die fortschrittliche Zickperiode durchsetzt.“ (Kuczynski 1994: 92) Ist er damit ein „hoffnungsloser Fall von Optimismus“, wie das Buch heißt, aus dem dieses Zitat entnommen ist? Ernst Bloch jedenfalls wusste um die Möglichkeit des Scheiterns (EP: 70), der Vereitelung der Utopie (PH 364): „Also, Hoffnung muß enttäuscht werden können, sonst kann sie keine Hoffnung sein.“ (Bloch 1975: 233) (mehr …)

Den meisten Büchern, die anlässlich des Marxjahres erschienen, bringe ich kein Interesse entgegen. So führte mich auch nur ein Hinweis aus der Veranstaltungsreihe, innerhalb derer ich in drei Wochen in Hamburg sein werde, zu dem Buch von Kurz Bayertz mit dem nicht so besonders aufregenden Titel: „Interpretieren, um zu verändern. Karl Marx und seine Philosophie.“

Gleich das erste Kapitel, das ich las, begeisterte mich jedoch wegen der analytischen Klarheit. Hier geht es um die „philosophischen Voraussetzungen“ der Marxschen Theorie“, die Marx zu einem großen Teil nicht explizit erläuterte. Bayertz wählt für seine Darstellung das „Prinzip der wohlwollenden Interpretation“:

„Die Marxsche Theorie soll so stark gemacht werden wie möglich – aber nicht stärker. Wohlwollen zeigt sich nicht darin, dass man Unklarheiten und Inkonsistenzen kaschiert.“

Im folgenden Beitrag werde ich aus dem Kapitel V: „Geschichte, Fortschritt, Revolution“ berichten. (mehr …)

Ich war nach Dresden eingeladen, um in einer Veranstaltungsreihe anlässlich des Geburtstages von Karl Marx mit dem Motto „…an allem ist zu zweifeln!“ vorzutragen. Als Titel habe ich gewählt: „Täuscht die Hoffnung aus einer dialektischen Geschichtsphilosophie?“

Von der Notwendigkeit des Fortschritts sind wir längst nicht mehr so überzeugt wie früher. Können wir wenigstens Hoffnung auf den »dialektischen Gang der Geschichte« haben? Was geschah, als Marx und Engels die Hegelsche Dialektik materialistisch »umstülpten« und welche Probleme sind damit verbunden? Der drohende Klima-Umbruch der nächsten Jahrzehnte und vielleicht Jahrhunderte sollte uns Geschichtsphilosophien überdenken lassen, die sich bisher allzu leicht von der Hoffnung auf die Dialektik tragen ließen.

Hier gibt es die Präsentation auf Slideshare.