Ich hatte gestern ein recht streitbares Gespräch mit jemandem, der das neue Buch von Fabian Scheidler wärmstens empfohlen hat (Danke für die Anregung 😉 ). Auch für Ernst Ulrich von Weizsäcker ist dieses Buch „ein großer Wurf“. Es handelt sich um den Titel: „Der Stoff aus dem wir sind. Warum wir Natur und Gesellschaft neu denken müssen“.

Ich bin mir noch unsicher, ob ich dieses Buch lesen möchte. Ich habe schon ein ganzes Regal voller Bücher aus den 90er Jahren über das damalige „Neue Denken“, deren Echo ich in der Leseprobe auf der Website von F. Scheidler höre:

Fabian Scheidler zeigt, wie sich die Vorstellung einer durch und durch berechenbaren, maschinenartigen Welt, die vom Menschen beherrscht werden kann, zusammen mit dem Kapitalismus über die letzten 400 Jahre entwickelt hat.[…]
Währenddessen haben die Wissenschaften selbst jedoch eine ganz andere Entwicklung genommen: Von der Quantenphysik über die moderne Biologie bis zur Bewusstseinsforschung haben sie eine Welt zutage gefördert, die auf Verbundenheit, Selbstorganisation, Empathie und Kreativität beruht.

Etwas mehr kann ich auf TELEPOLIS nachlesen. Hier schreibt Scheidler von einer „mechanistischen Wissenschaft, die in der Neuzeit entstand und prägend für unsere Zivilisation werden sollte“. Und dass diese die Natur als „aus von Menschen getrennte Objekte, die sich beliebig zerlegen, analysieren, neu zusammensetzen und kontrollieren ließen“ behandeln würde. Dann verweist er darauf, dass wir auch „in unserem alltäglichen Bewusstsein und Handeln“ die Natur noch als etwas behandeln würden, das „unabhängig von uns „da draußen“ existiert“. Naja, der Andromeda-Nebel da oben ist schon ziemlich unabhängig von mir, oder bin ich so fundamental für die Welt, dass er in seiner Existenz und Verhaltensweise wirklich von MIR abhängig ist??? Aber Scheidler meints natürlich anders.

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Aufgrund von Covid-19 fand das halbjährig stattfindende Wochenend-Treffen des Commons-Instituts (CI) über Videokonferenzen statt, so dass ich teilweise daran teilnehmen konnte. Wer möchte, kann bei solchen Treffen Workshops einbringen und hosten. Mir fiel dabei ein, womit ich mich gerne weiter mit anderen beschäftigen möchte und brachte das dann als Workshop-Vorschlag für die jetzt folgende „Open-Space-Woche“ mit ein. Dafür eröffnete ich auch  Mattermost-Kanäle im MM-Bereich des CI. Die Themen sind:

  • Klima und Commons
  • Wissenschaftstheorie zu den Commons-Konzepten/Theorien
  • Kämpfe um Commons

Zu letzterem hab ich heute in „keimform.de“ einen Beitrag veröffentlicht:

Dieser Text gehört zum Projekt „Über Utopie und Transformation neu nachdenken“.


Für die Wissenschaft der Geschichte können drei Ebenen unterschieden werden: Da ist zuerst (1) jener Bereich, in dem bestimmte zeitlich, räumlich oder auch thematisch beschränkte geschichtliche Geschehnisse empirisch und theoretisch untersucht werden. In der damit befassten Wissenschaft „Geschichte“ geht es darum, „der Bewegung des Konkreten so wie es ist genau auf der Spur zu bleiben“, was „ jedoch stets bedroht ist von der Gefahr, sich in seiner unausschöpflichen Besonderheit zu verlieren, ohne daß es gelingt, die allgemeine innere Notwendigkeit zu fassen“ (Séve 1976: 137). (mehr …)

Dieser Text gehört zum Projekt „Über Utopie und Transformation neu nachdenken“. (Version 1.8 ab 25.10.18)


3. 1 Begriffe und Theorien

Zu den theoretischen Grundlagen gehört die Konzeption von Begriffen und Theorien. Stefan und Simon folgen hier, wie auch sonst vorwiegend, den entsprechenden Ausführungen von Klaus Holzkamp in der „Grundlegung der Psychologie“ (1983).

3.1.1 Begriffe sind mit Theorien verknüpft

Nach Klaus Holzkamp sind die „Kategorien“ Grundbegriffe, mit welchen für eine Wissenschaft ihr Gegenstand bestimmt wird und damit auch „seine Abgrenzung nach außen, sein Wesen, seine innere Struktur, bestimmt sind“ (Holzkamp 1983: 27). Diese Kategorien bestimmen dann auch darüber, was als „Empirie“ fassbar wird (ebd.: 35). Wenn Emotionalität kategorial als Verhältnis zwischen Innerem und Äußerem gefasst wird, nämlich als „Bewertung von Umweltgegebenheiten am Maßstab der eigenen Befindlichkeit“ (ebd.: 98), so ist der Gegenstand anders bestimmt, als wenn Emotionen lediglich (nur innere) „Gemütsbewegungen“ sind wie in Wikipedia (Wikipedia: Emotion). Diese Gegenstandsbestimmung hat auch Folgen für die Theorie, die mit diesen Kategorien arbeitet: „Solche Kategorien schließen stets eine bestimmte methodologische Vorstellungen darüber ein, wie man wissenschaftlich vorzugehen hat, um den Gegenstand adäquat zu erfassen.“ (Holzkamp 1983: 27-28) (mehr …)

Wissenschaft in der Zeitgeistbewegung
Durch die Begegnung mit Menschen, die sich der Zeitgeistbewegung verbunden fühlen, bin ich vor einigen Wochen herausgefordert worden, mir dazu eine Meinung zu verschaffen. Bisher hatte ich gedacht, dass der Hype um die „Zeitgeist“-Filme doch inzwischen vorbei sei und die dadurch inspirierte Bewegung „Zeitgeist-Movement“ wohl auch keine längere Lebensdauer haben würde, als viele andere.

Wir hatten inzwischen auch einen sehr lebhaften Diskussionsabend in der „Zukunftswerkstatt Jena“ dazu. Ich habe mich nun noch einmal mit einer Kernfrage der Leitlinien der Zeitgeist-Bewegung beschäftigt: Ihrem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Ich referiere erst die in den Leitlinien der Zeitgeistbewegung genannten Ansichten dazu und stelle dem dort Gefundenen wichtige Argumente aus einer umfassenderen Wissenschaftstheorie gegenüber.
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An der Universität Jena fanden nach 1990 mehrmals sog. „Alternativ-Unis“ statt. Nach der Durchsetzung der Bachelor-Master-Studien war dazu dann einige Jahre lang keine Kraft mehr vorhanden. Aber jetzt gibt es wieder so etwas Ähnliches: Die Alternativen Orientierungstage (ALOTA).

Ich werde heute nachmittag einen Workshop zum Thema „Welches Wissen brauchen wir?“ mit gestalten. Dabei fiel mir wieder einmal die klassische Rede von Schiller hier in Jena aus dem Jahr 1789 ein.

Er unterscheidet da zwischen den Brotgelehrten und den philosophischen Köpfen. Das liest sich immer wieder gut…

„Wo der Brodgelehrte trennt, vereinigt der philosophische Geist. Früher hat er sich überzeugt, daß im Gebiete des Verstandes, wie in der Sinnenwelt, alles in einander greife, und sein reger Trieb nach Uebereinstimmung kann sich mit Bruchstücken nicht begnügen. […]schiller
Neue Entdeckungen im Kreise seiner Thätigkeit, die den Brodgelehrten niederschlagen, entzücken den philosophischen Geist.“
„Zu allem was der Brodgelehrte unternimmt, muß er Reiz und Aufmunterung von aussen her borgen: der philosophische Geist findet in seinem Gegenstand, in seinem Fleiße selbst, Reiz und Belohnung. […]
Nicht was er treibt, sondern wie er das, was er treibt, behandelt, unterscheidet den philosophischen Geist.“

Sepideh
Zum zweiten Mal habe ich mir den Film „Sepideh – ein Himmel voller Sterne“ angeschaut. Die Geschichte dieses iranischen Mädchens geht mir sehr nahe, denn ich finde mich zum großen Teil in ihr wieder.

Glücklicherweise hatte ich mehr Glück mit meinem Geburtsland. In der DDR hatte ich soziale Sicherheit und alle Unterstützung, die ich mir wünschen konnte. Abitur zwar auf einem Umweg, dann Physikstudium… mein Brief an einen berühmten Astronomen wurde auch freundlich mit der Zusendung eines Buches beantwortet… (erst die „Wende“ stoppte meinen Weg dahin, meine Berufung auch zum Beruf machen zu können).
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Holzkamp als Vertreter der „logisch-historischen“ Interpretationslinie

Holzkamp

Gleich zu Beginn der systematischen Entwicklung der Kritischen Psychologie beteiligte sich Klaus Holzkamp an der streitbaren Debatte über die logisch-historische versus logisch-systematische Lesart des „Kapitals“. Er nahm Stellung gegenüber Joachim Bischoff, der 1973 ein Buch zugunsten der logisch-systematischen Lesart veröffentlicht hatte (Bischoff 1973). Holzkamp argumentierte gegen Bischoffs Ansicht, das Historische habe keine konstitutive Funktion im Begründungszusammenhang der Kritik der Politischen Ökonomie. (Holzkamp 1974: 7)

Er folgt dabei der von Engels vorgezeichneten logisch-historischen Interpretationslinie. Die Herleitung der Geldform gilt für ihn als „Rekonstruktion der Stufen ihrer historischen Ge-wordenheit“ (Holzkamp 1974: 31). „Entwicklung“ bedeute hier „keine logische Gedankenentwicklung, sondern die wirkliche Entwicklung des materiellen gesellschaftlichen Lebensprozesses“ (ebd.)
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realitaet
In der aktuellen Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“ (Heft 7/14) fragt der Titelbeitrag „Was ist Realität?“. Er wurde von Meinard Kuhlmann, einem Professor für Philosophie in Bielefeld geschrieben. Der Artikel schließt mit einem Aufruf zu einem besseren Zusammenwirken von Naturwissenschaftlern, speziell den Physikern, und Philosophen.

Damit hat er unbedingt Recht. Nachdem in „Spektrum“ schon recht ominöse Interpretationen der Quantentheorie aufgetaucht waren, ist dieser Beitrag wohltuend sachlich. Fachlich exakt, gleichzeitig schön erläuternd und er bringt auch einen Teil der Lösung der Titelfrage: „Was ist Realität?“

Trotzdem möchte ich hier ergänzend darauf eingehen, denn erstens ist die Frage falsch gestellt und zweitens gibt es bessere Antworten zu dem Thema schon seit 30 Jahren. (mehr …)

Bisher war in den Schlagworten meines Blogs nur das Schlagwort „Wissenschaftskritik“ aufgetaucht, aber natürlich bin ich in erster Linie eher  Wissenschaftlerin als -kritikerin. Wenn ich was daran zu kritisieren habe, dann vor allem auch ALS Wissenschaftlerin. Etwas von der Faszination, die mich einst zum Physikstudium brachte, finde ich jetzt wieder gegeben in den „Symphonien der Wissenschaft“…

😉

Ohne Worte gehts auch so:
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