„Die Warenästhetik ist gemacht, damit sich die Bedürfnisse in ihr spiegeln.“ Diese und weitere ausdrucksstarke Sätze begleiteten in ausgedruckter Form die Thematisierung der Warenästhetik“ beim Herbstwochenende der „Zukunftswerkstatt Jena“ in Bad Sulza.

Interessant war die praktische Erfahrung von K. aus dem Tupperwarenverkauf:

Auch da kommt es darauf an, nicht nur die Dose als Aufbewahrungsmittel zu verkaufen, sondern Geld- und Zeitersparnis sowie gesundheitlichen Nutzen ihres Gebrauchs zu versprechen. Außerdem sollen die potentiellen Kundinnen die Gegenstände möglichst lange in die Hand nehmen: „Was du länger als 30 Sekunden in der Hand hattest, das willst du haben.“

R. berichtete von einer selbst gehörten Aussage eines Mercedeshändlers: „Wir verkaufen keine Autos, wir verkaufen Image.“ Letztlich ist das ja alles bekannt. Den VerkäuferInnen wird es seit Generationen beigebracht, wir Kunden spielen entweder mit oder sind genervt. Und letzteres wird dann auch schon wieder trickreich gegen uns eingesetzt.

Wenn wir uns erinnern, so bestand auch die Anziehungskraft der westlichen Konsumwelt für DDR-Leute zu großen Teilen mehr aus dieser Ästhetik als aus dem reinen Gebrauchswert. Im Intershop-Laden „roch es schon ganz anders“. Und es gab einen Witz: Als ein DDR-Bürger nach einem Besuch im Westen gefragt wurde, wie es dort sei, antwortet der: „Ja, natürlich herrscht dort ein sterbender, faulender Kapitalismus – aber schön is er!“

Lange diskutierten wir dann folgendes Problem:

Wir versuchen in solchen Projekten wie dem „Umsonstladen“ den Umgang mit Gebrauchgütern zu „entwerten“, d.h. die Praxis und das Denken in der Kauf- und auch der Tauschlogik zu reduzieren. Was wir dabei völlig vernachlässigen ist genau diese Ästhetik. Für mich wird dadurch auch begrifflich klarer, was mich in Umsonstläden, die ich kenne, störte und warum ich ein Sozialkaufhaus, das ich wegen dem Prinzip, doch ein wenig Geld zu verlangen, nicht mag, trotzdem irgendwie anziehender fand als unsere Projekte. Und das „gern dort sein wollen“, die Attraktivität, die auch was mit Gestaltung und Design zu tun hat, spielt ja doch auch eine Rolle.


(drei davon sind in Jena, wers rausfindet, darf kommen und sich kostenlos was raussuchen! ;-))

Wir können zwar sagen: „Die Ästhetik ist Betrug zur Kaufüberredung – den haben wir nicht nötig“. Aber wie auch W.F. Haug betont: Die Warenästhetik und auch die Ästhetik der Präsentation von Umsonstgütern hat etwas mit UNSEREN Bedürfnissen zu tun, so wie sie nun einmal sind. Ohne Kapitalismus wären sie sicher geringer entwickelt, aber nach dem Durchgang durch ihn mag ich einfach keine lieblos aufgereihten Tassen mehr. Der Blick und das Gefühl sehen – wenn der Tauschwert ausgeschaltet ist – auch nicht nur den reinen Gebrauchsnutzen der Dinge. Sondern sie fühlen und sehen eine Lebenswelt mit diesen Dingen; entweder eine karge, aufs praktische Überleben getrimmte, oder eine voller Freude und Lebenslust.

Wie sich das gestalterisch im Umsonstladen umsetzen läßt, wissen wir noch nicht. Aber vielleicht wird’s ja noch…