Ich wurde nach Bremen eingeladen zum Treffen „Selbstbestimmte Technikentwicklung und -nutzung“. Dies ist eine Thematik, die mich und meine Freund_innen von der „Zukunftswerkstatt Jena“ immer wieder interessiert. Wir tragen Ideen und Internetadressen dazu zusammen (z.B. auf der entsprechenden Coforum-Seite). Deshalb musste ich auch nicht lange überlegen, was ich am Samstag in meinem Beitrag ansprechen möchte.

Was ist problematisch an der Technik?

Als wir uns in den 90er Jahren verstärkt um gesellschaftliche Alternativen bemühten, fiel uns auf, dass viele alternative Vorstellungen sich vorwiegend kritisch gegen die vorhandene Technik stellten, welche in der Produktion genutzt wurde.

Das war einerseits durch die ökologischen Probleme begründet, andererseits führte die vorherrschende Technik zu bedrückenden Zwängen für die Menschen (Fließbandarbeit!). Wie schon die Gesellschaftlichkeit insgesamt dem Einzelnen als bedrückend und beherrschend gegenüber stand, so auch die Großtechnik – beides zusammen wurde als „Mega-Maschine“ bezeichnet.

In der Tradition der Arbeiterbewegung und des realen Sozialismus stand man der Technik weniger kritisch gegenüber. Technik wurde als neutrales Werkzeug dargestellt, dass entweder sinnvoll gebraucht oder eben auch missbraucht werden könne. Als typisches Beispiel galt dann meistens das Messer, das zum Brotschneiden dienen kann – ebenso wie zur Ermordung eines Menschen. Innerhalb der italienischen Widerstandsbewegung (z.B. bei Rossana Rossanda) wurde aber auch schon diskutiert, dass es nicht ausreichen könne, die vorhandenen technischen Produktionsmittel in den eigenen Besitz zu übernehmen, sondern dass sie umgestaltet werden müssten, um in humaner Weise eingesetzt zu werden.

Was ist Technik überhaupt?

Wenn wir über „Technik“ reden, haben wir sofort die Vorstellung von gegenständlichen Dingen. Aber wir sprechen auch von „Meditations-Techniken“ oder „Sozial-Techniken“ (Popper) sowie von einer „Technik des Selbst“ (Foucault). Die Verdinglichung ist also schon eine sehr einseitige Sicht. Allgemein betrachtet ist unter Technik eher eine Handlungsform zu verstehen, mit der „einheitlich die Beziehungen des Menschen zu sich selbst, zu anderen und zur Umwelt in seinen wichtigsten Handlungszusammenhängen reguliert“ werden (Krohn 1976, S. 43).

Nun wird auch deutlich, dass wir auf Technik keinesfalls verzichten können, sondern menschliches Leben besteht aus einem ständigen Regulierungen von Beziehungen in der natürlich und gesellschaftlichen Umwelt.
Diese Regulierung der Beziehungen zu sich selbst, zu anderen Menschen, zur Gesellschaft und der Natur ist natürlich mehr, als in der Natur aus sich heraus geschehen würde. Günter Ropohl betont deshalb, dass Technik in vergegenständlichter Form, als von Menschen mit Bewusstsein erzeugten Artefakten mehr als Natur ist und dass Technik in den Entstehungs- und Verwendungszusammenhängen menschliche Praxis darstellt (Ropohl 1999: 55).

Es kommt nur darauf an, wie und unter welchen Bedingungen wir dies tun. Letztlich liegt eine zirkuläre Wechselbestimmung vor: das Regulieren der Beziehungen erzeugt konkrete gesellschaftliche Formen und die gesellschaftlichen Verhältnisse legen den Rahmen fest, innerhalb dessen wir unsere Beziehungen regulieren.

Es gibt aber einen wichtigen Unterschied: die einmal gegebenen gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse sind der relativ stabile Unter- und Hintergrund, der die Rahmenbedingungen für interaktives oder kooperatives regulierendes Handeln setzt. Gesamtgesellschaftliche Verhältnisse und interaktives bzw. kooperatives Handeln sind nun nicht voneinander unabhängig und es ist zu erwarten, dass in einer Gesellschaftsordnung, die durch Ausbeutung, Entwürdigung und Herrschaft strukturiert wird, andere Techniken entwickelt und genutzt werden als in einer Gesellschaft, welche durch selbstbestimmter Subjekte konstituiert wird.