Die Thermodynamik der Erde
Das Leben auf dem Planeten Erde erlangt basiert auf dem Energiefluss von der Sonne. Hochwertige Energie erreicht die Atmosphäre und die Erdoberfläche und niederwertige Energie verlässt sie. Man kann auch sagen, dass sie „Entropie exportiert“. Diese Zufuhr von innerer Energie und die Abfuhr von Entropie treiben auf der Erdoberfläche Selbstorganisationsprozesse an. Selbstorganisierung führt zur Bildung und Aufrechterhaltung von Ordnungsstrukturen in begrenzten Gebieten auf Kosten der Entropiesteigerung in der weiteren Umgebung. Das folgende Bild zeigt die „Photonenpumpe“, die die Organisierungsprozesse auf der Erde „antreibt“ (Bild aus Ebeling, Feistel 1986: 67):
Die Energiebilanz ist dabei ausgeglichen – es werden ca. 230 W/m2 absorbiert und 230 W/m2 abgestrahlt. Die spektrale Verteilung der ein- und abgestrahlten Energie unterscheidet sich jedoch. So ist die abgestrahlte Energie ist langwelliger als die eingestrahlte, Entropie wird also in die Umgebung „exportiert“.
Wir sehen also, dass die Zufuhr von Energie und die Abfuhr von Entropie Ordnungsprozesse in begrenzten Bereichen ermöglichen kann, auch wenn sich insgesamt im Universum die Entropie tatsächlich erhöhen sollte.
Wenn wir uns also für die thermodynamischen Bedingungen für Lebens- und Produktionsprozesse auf der Erde interessieren, können wir die Erde verstehen als materiell geschlossenes, aber energetisch offenes System, in dem innere Energie gespeichert ist und dem ständig Energie zu- und Entropie abfließt.
Thermodynamik und Arbeit
Die Produktionstätigkeiten der Menschen sind eingebettet in diese natürlichen Prozesse. Naturgesetze können nicht verletzt werden – aber ihr Wissen kann dazu genutzt werden, Prozesse in gewünschter Weise so anzuordnen, dass bestimmte Zwecke erfüllt werden.
Eine spezielle natürlich entstandene, aber durch die mögliche bewusste Zwecksetzung auch über rein natürlich-unbewusste Prozesse hinausweisende Kraft ist die Arbeitskraft. Arbeitende Menschen verändern die Welt entsprechend ihren Bedürfnissen und setzen dazu auch verschiedene natürliche und eigene Energien ein.
„Das Tun der Menschen besteht […] aus dem Einsatz von Energie, um den allgemeinen Verfall des Universums in Richtung von Unordnung, erhöhter Wahrscheinlichkeit und Informationsverlust in höchst spezifischer, örtlich bestimmter Weise umzukehren.“ (Commoner 1977: 28)
Die Umformung natürlicher Gegebenheiten in der menschlichen Arbeit ist ein „physikalischer Prozeß der Energie- und Stofftransformation, der sich unter bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen vollzieht“ (Schyga 1997).
„Die Natur ist ebensosehr die Quelle der Gebrauchswerte (und aus solchen besteht doch wohl der sachliche Reichtum!) als die Arbeit, die selbst nur die Äußerung einer Naturkraft ist, der menschlichen Arbeitskraft.“ (Marx MEW 19: 15).
(Zu den Bemühungen, die Energie in die marxistische Debatte über Produktivkräfte einzubeziehen, insbesondere durch Podolinski, siehe u.a. Mártinez-Alier 1987.)
Wenn wir die Zusammenhänge der thermodynamischen Gesetze mit unserer produktiven Tätigkeit untersuchen, so haben wir es mit einer „dunklen“ und einer „hellen“ Seite der Thermodynamik zu tun: Auf der dunklen Seite geht es um die ökologischen Schäden der Entropieproduktion, bei der hellen Seite dagegen um die Produktivität durch Energieumwandlung (vgl. Kümmel 2004).
Ein nach Leslie White benanntes Gesetz besagt, dass der Grad des menschlichen Fortschritts jeweils bestimmt ist durch die erreichte Fähigkeit, Energie nutzbar zu machen und zu kontrollieren. Er unterscheidet 5 Phasen: 1. Energie aus eigener Muskelkraft, 2. Energie durch Domestikation von Tieren, 3. Energie aus Pflanzen (Landwirtschaft), 4. Energie aus natürlichen Ressourcen (Kohle, Öl, Gas) und 5. Kernenergie. Fortschrittsoptimistisch setzte der russische Astronom Kardaschow diese Skala fort und definierte eine Zivilisation vom Typ I als Zivilisation, die die Energie ihres Planeten ausnutzen kann, eine Zivilisation vom Typ II als Zivilisation, die die Gesamtleistung ihres Zentralsterns nutzt und eine Zivilisation vom Typ IIII als Zivilisation als Zivilisation, die die Energie ihrer gesamten Galaxis nutzt.
Für die geschichtliche Analyse war die Ausweitung der Nutzung von Energiequellen für menschliche Zwecke sicher von großer Bedeutung, denn „alle Geschichtsschreibung muß von diesen natürlichen Grundlagen und ihrer Modifikation im Laufe der Geschichte durch die Aktion der Menschen ausgehen.“ (MEW 3: 28) Ob das einfach pauschal für Zukunftsprognosen verallgemeinert werden kann, ist nach derzeitiger Lage eher in Frage zu stellen. Erstens steht noch völlig in Frage, ob ein „Exodus“ in den Weltraum überhaupt sinnvoll ist (angesichts seiner kaum fassbaren Schwierigkeiten und „Kosten“), zweitens würden wir die Fähigkeit dazu erst lange nach dem Auftreten größter Schwierigkeiten angesichts des Klimawandels erlangen können und drittens gibt es keinen Hinweis darauf, dass die quantitative Ausweitung des Energieverbrauchs tatsächlich wesentliche qualitative Fortschritte in der Lebensweise und der gesellschaftlichen Entwicklung mit sich bringt, oder ob diesbezüglich nicht längst eine „Sättigung“ eingetreten ist.
Welche natürlichen Energiequellen Menschen nutzen, verändert sich im Verlauf ihrer Entwicklung. Als Trend ist dabei festzustellen, dass immer mehr direkt von Menschen aufzubringende Bewegungsenergie durch andere natürliche Energiearten ersetzt wurde.
Die Zunahme des Energieeinsatzes in Gigajoule (GJ) pro Kopf und Jahr im Zuge der Neolithischen und der Industriellen Revolution (TS: Tonnage als Trockensubstanz) wird in der folgenden Abbildung gezeigt (aus WBGU 2011: 92):
Im Verlaufe der Menschheitsentwicklung wurde immer mehr nichtmenschliche Energie in die Produktionsprozesse gesteckt. Lange Zeit hinweg wurden dabei auch immer mehr Güter hergestellt, die von immer mehr Menschen genutzt wurden. Relativ gesehen veränderte sich aber auch das quantitative Verhältnis zwischen eingesetzter Energie und Arbeitskraft: Die eingesetzte Energiemenge stieg viel schneller als die Zahl der Menschen, so dass heute jeder Mensch die Leistung von vielen sog. „Energiesklaven“ nutzt (Ein Energiesklave hat 8 Stunden am Tag die Leistung von 300 W).
Bei den Jäger_innen und Sammler_innen (ohne die Beherrschung des Feuers) nutzte ein Mensch pro Tag ca. 2 kWh, dieser Wert stieg bei einfachen Ackerbauern vor 7000 Jahren auf 14 kWh und im 14. Jahrhundert war dieser Wert durch das Brennen von Keramik, Metallverarbeitung und neue Hausbaumethoden sowie Schiffsbau auf ca. 30 kWh gestiegen. (Lindenberger; Eichhorn; Kümmel 2001; Grahl, Kümmel: 2006). Die industrielle Revolution auf Basis der fossilen Energie machte die Ersetzung menschlicher Arbeit durch maschinelle Arbeit möglich (Schyga 1997).
Der Umstieg von der vorwiegenden Nutzung der direkten Sonnenenergie zum Verbrauch der in vielen Jahrmillionen gespeicherten Sonnenenergie aus fossilen Ressourcen (80% des Energieverbrauchs bis 2030) bringt einen grundlegenden Qualitätsumschlag mit sich: Das System Erde wird nicht mehr als offenes behandelt, sondern quasi als geschlossenes (Altvater, Geiger 2010: 47). Erst durch diese Loslösung von den realen Energie- und Entropieflüssen wurde die „Entbettung“ der kapitalistischen Wirtschaft aus den natürlichen Prozessen möglich.
„Dabei zeigt es sich, dass die fossilen Energieträger der kapitalistischen Produktionsweise systematischer Überschussproduktion höchst angemessen sind, weil sie als inputs verdichteter Energie den steigenden output möglich machen.“ (ebd.: 71)
Im Jahr 1995 war ein Bundesbürger beim Primärenergiebedarf von 133 kWh angelangt, was 44 „Energiesklaven“ entsprach. Das folgende Bild verdeutlicht die Ungleichheit der Verteilung der Energiesklaven (Bildquelle: Langner 2011):
Die gegenwärtige Entwicklungsphase der Menschheit ist dadurch gekennzeichnet, dass die Steigerung der Arbeitsproduktivität im Mittelpunkt der Bemühungen steht. Technik wird zu diesem Zweck entwickelt und eingesetzt.
„Die Produktivität der Maschine mißt sich daher an dem Grad, worin sie menschliche Arbeitskraft ersetzt.“ (Marx MEW 23: 412)
In traditionellen Wirtschaftstheorien zeigt sich dieser Effekt in der „Substitution von Arbeit durch Kapital“. Substitution bedeutet, dass durch die Vermehrung des Einsatzes eines Produktionsfaktors eine Verringerung der Einsatzmenge eines anderen Produktionsfaktors erzielt wird.
(aus Mamberer, Seider)
Dies zeigt auch die folgende Abbildung für die Zeit zwischen 1960 und 1980 für die BRD (aus Klodt 1984: 43):
Was dabei meistens nicht berücksichtigt wird, ist das Ersetzen von menschlicher Arbeit durch andere Energiequellen. Die Steigerung der Arbeitsproduktivität basierte zu einem großen Teil auf der Ersetzung von Arbeitskräften durch die „Energiesklaven“. Ein entsprechendes Substitutitionsdiagramm (aus Klodt 1984: 43) zeigt diesen Effekt zumindest bis in die 70er Jahre hinein:
Spätestens seit den 70er Jahren wird deshalb vorgeschlagen, die Energie als eigenständigen Produktionsfaktor (neben Arbeit, Kapital und Boden) in die Wirtschaftslehre einzuführen (z.B. Lindenberger; Eichhorn; Kümmel 2001; Grahl, Kümmel: 2006). Dabei hat die Energie eine höhere „Produktionsmächtigkeit“, als die Preise (wegen der guten Verfügbarkeit fossiler Energien) üblicherweise anzeigen. Bisher wurde für die Erklärung von 80% Wirtschaftswachstums auf so etwas wie „technischen Fortschritt“ verwiesen. Es zeigt sich, dass dieser Faktor zum größten Teil mit dem erhöhten Energieeinsatz zu erklären ist.
Verschiedene Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Arbeit bei Energiebilanzen bzw. die physikalische Bewertung von menschlicher Arbeit: werden auch diskutiert in Söllner 1996. Neben Arbeit und Energie ist, wie auch in den entsprechenden Arbeiten von Kümmel u.a., noch ein weiterer Faktor zu berücksichtigen: die menschliche Kreativität, die sich nicht auf die bisher genannten Faktoren reduzieren lässt (Söllner 1996: 161).
Zum Verhältnis von Arbeit und Energie möchte ich noch einige Aussagen aus einer Argumentation zu Energiesteuern (ohne dass ich dieses Thema hier aufmachen möchte) anführen:
- Für die Jahre 1960 – 2000 ergeben sich für Deutschland (ähnlich auch in USA und Japan) im Mittel folgende Produktionsmächtigkeit:
- Kapital: 33%
- Menschliche (Routine-)Arbeit: 12%
- Menschliche Kreativität: 14%
- Energie: 41%
- Diese Werte für die Produktionsmächtigkeit stehen in einem krassen Missverhältnis zu den Kosten der Faktoren:
- Menschliche Arbeit: 65%
- Energie: 5%.
- Eine Ausweitung des Faktors Arbeit um z. B. 10% lässt die Gesamtkosten um 10 x 0,65 = 6,5%, die Wertschöpfung nur um 10 x 0,12 =1,2% steigen.
- Wird dagegen der Energieeinsatz ebenfalls um 10% gesteigert, steigen die Kosten um 0,5%, die Wertsteigerung aber um ganze 4.1%!
-
- Der Faktor Energie ist also etwa fünf mal produktiver, als menschliche Arbeit.
Die gute Verfügbarkeit der fossilen Energiequellen bot die Möglichkeit für diese Substitution von Arbeit durch Energie, obwohl die Energieproduktivität selbst eher sank. Die Energieproduktivität in Landwirtschaft, Verkehr und der petrochemischen Industrie sank bis in die 70er Jahre hinein (Commoner 1977: 185).
In den hochindustrialisierten Ländern konnte das Wachstum der Produktion in gewissem Maß vom Energieverbrauch entkoppelt werden. Allerdings konnte der Energieverbrauch nicht langfristig gesenkt, sondern höchstens auf hoher Stufe stabilisiert werden. Nach neueren Angaben stieg auch die Energieproduktivität (bewertet allerdings auch nur entsprechend dem 1. HS und nicht dem 2. HS, dazu siehe hier) – allerdings weniger als die Arbeitsproduktivität (siehe aus Little 2004).
Auch Barry Commoner konstatiert, dass die erste Ölpreiskrise die alleinige Orientierung auf die Substitution von Arbeit durch Kapital ergänzte durch die Substitution von Energie durch Kapital (Commoner 1977: 52). Die Energieverteuerung verringerte die Arbeitsproduktivitätssteigerung durch Bindung die von Kapital und eine etwas andere (energieeffizientere) Ausrichtung der Technologie (ebd.: 53).
Es ist mehr als fraglich, ob die auf Kapitalakkumulation basierende Produktionsweise in der Lage ist, nicht nur die Energieeffizienz zu erhöhen bzw. in gewissem Maße umzusteuern in Richtung Erneuerbarer Energien (auch das kann schließlich Profite bringen), sondern einen grundlegenden Wandel hin zu einer ressourcenbasierten, „nachhaltigen“ Wirtschaftsweise zu gestalten.
Die in der folgenden Darstellung noch als „Hyperenergiegesellschaft“ dargestellte Zukunftsvariante scheint aus thermodynamischen Gründen (Klimawandel durch Klimagase und „thermische Verschmutzung“) ohne „Flucht ins Universum“ (entsprechend der Kardaschow-Skala) unrealistisch zu sein. Die Abbildung zeigt die Entwicklung der Energieflächenproduktivität, d.h. die Pro-Kopf-Energieflächenbedarf über dem Pro-Kopf-Jahresenergieumsatz in der Vergangenheit bis heute (schwarze Linie) und zwei alternative Zukunftsszenarien (Quelle: WBGU 2011: 354):
Es wird Zeit, umzusteuern!
Literatur:
Altvater, Elmar; Geiger, Margot (2010): Studie “Save our Surface” im Auftrag des Österreichischen Klima- und Energiefonds. Teilbericht 2: Weltwirtschaftliche Kausal- und Trendanalyse. Der Wandel des Energieregimes und die weltwirtschaftliche Entwicklung. Berlin.
Ayres, Robert (2009): Industrial Energy Efficiency Pays – Why isn´t it Happening? Energy Colloquia.
Commoner, Barry (1977): Energieeinsatz und Wirtschaftskrise. Die Grundlagen für den radikalen Wandel. Reinbek: Rowohlt.
Ebeling, Werner; Feistel, Reiner (1986): Physik der Selbstorganisation und Evolution. Berlin: Akademie-Verlag.
Grahl, Jürgen; Kümmel, Reiner (2006): Produktionsfaktor Energie – Der stille Riese.
Klodt, Henning (1984): Produktivitätsschwäche in der deutschen Wirtschaft. Tübingen: J.C.B. Mohr.
Kümmel, Reiner (2004): Die Produktionsmächtigkeit der Energie und Nichtgleichgewicht – oder: Die Wirtschaft auf der schiefen Bahn.
Langner, Tilman (2011): Wie viel Power hat der Mensch? – Arbeit und Leistung von Mensch und Maschine.
Lindenberger, Dietmar; Eichhorn, Wolfgang; Kümmel, Reiner (2001): Energie, Innovation und Wirtschaftswachstum. ZIE – Zeitschrift für Energiewirtschaft 25 (2001) 4, S. 273- 282.
Little, Arthur D. (2004): Methoden zur Nutzung rentabler Material- und Energiesparpotenziale.
Mamberer, Florien; Seider, Harald: Allgemeine Volkswirtschaftslehre.
Mártinez-Alier, Juan (1987): Energieberechnung und der Begriff der „Produktivkräfte“. In PROKLA 67. Ökologie und Ökonomie: S. 71-85.
Marx, Karl (MEW 19): Kritik des Gothaer Programms. Karl Marx, Friedrich Engels, Werke, Band 19.
Marx, Karl. Friedrich Engels (MEW 3): Die deutsche Ideologie. Karl Marx, Friedrich Engels, Werke, Band 23.
Marx, Karl (MEW 23): Das Kapital. Erster Band. Karl Marx, Friedrich Engels, Werke, Band 23.
Marx, Karl (MEW 25): Das Kapital. Dritter Band. Karl Marx, Friedrich Engels, Werke, Band 25.
Schyga, Peter (1997): Entropie. Historisch-Kritisches Wörterbuch des Marxismus Bd.3. Hamburg, Berlin. Spalten 512-523.
Söllner, Fritz (1996): Thermodynamik und Umweltökonomie. Heidelberg: Physica-Verlag.
WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung. Globale Umweltveränderung): Hauptgutachten: Welt im Wandel. Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation 2011.
Dezember 14, 2011 at 7:40 pm
„Zufuhr von innerer Energie“ klingt komisch, ebenso „höher-“ und „niederwertige“ Energie
„Wenn wir uns also für die thermodynamischen Bedingungen für Lebens- und Produktionsprozesse auf der Erde interessieren, können wir die Erde verstehen als materiell geschlossenes, aber energetisch offenes System, in dem innere Energie gespeichert ist und dem ständig Energie zu- und Entropie abfließt.“: Dieser Absatz muss formal-sprachlich und inhaltlich überarbeitet werden. Die Verwendung des bürgerlichen Materiebegriffes sollte begründet werden.
Maßeinheit und Bezeichnung „Jahresenergieumsatz“ passen nicht zueinander.
Es ist immer wieder schade, dass gutgemeinte Beiträge wie dieser wegen diverser Ungenauigkeiten unglaubwürdig werden.
Dezember 16, 2011 at 3:48 pm
Die Formulierungen „klingen komisch“, sie sind aber in diesen Fachgebieten durchaus üblich. An anderen Stellen (auch bei mir an anderer Stelle) wird mit Neubenennungen (Exergie, Anergie) experimentiert, aber letztlich muss man immer irgendwie darauf vertrauen, dass mitgedacht wird. Die Alternative wäre, jedes Mal die thermodynamischen Formeln hinzuschreiben, aber dann können eh nur nur Expert_innen mitreden.
Das Überarbeiten würde ich gern mal machen, im Moment bin ich bei der Material- und Gedankensammlung, bei der ich auch aufgrund der Lebensumstände nicht genug Muße habe, jedesmal alles perfekt machen zu können. Das Gute an diesen Blogsachen ist ja: Sie stehen unter Creative Commons und können von jedermensch verbessert werden… 😉
Wieso stimmt das mit dem Jahresenergieumsatz nicht? Ganz genau genommen müsste man natürlich noch „pro Person“ oder „pro Kopf“ hinzusetzen (was ich ja auch inm Text mache). Aber so etwas wird bei der Bezeichnung von Diagrammen oft „vereinfacht“, wenn die Grunddaten stimmen. Die Bildquelle ist immerhin eine fachlich durchaus versierte und anerkannte Institution.
Dezember 16, 2011 at 7:43 pm
Man kann Energie zuführen, jedoch nicht „innere Energie“, denn die ist definitionsgemäß nur innen.
Es geht auch ohne komplizierte Formeln, wie Dein Artikel zeigt 🙂
GJ/Jahr ist eine Leistungseinheit, ich sehe jedoch ein, dass „Jahresenergieumsatz“ für viele anschaulicher ist.
Ich möchte zu präziser und passender Wortwahl ermutigen. Wir sehen ja – leider, leider – am Marxschen Wertbegriff, wie eine Theorie gegen Wände läuft, wenn sie sich begrifflich nicht durchsetzen kann.
Dezember 16, 2011 at 12:10 am
„Spätestens seit den 70er Jahren wird deshalb vorgeschlagen, die Energie als eigenständigen Produktionsfaktor (neben Arbeit, Kapital und Boden) in die Wirtschaftslehre einzuführen“
Nunja, Boden ist ja längst dem Kapital einverleibt, warum der ein anderer Produktionsfaktor sein soll als das Constante Kapital (wie das Fabriktor oder die darin befindlichen Roboter) verstehe ich nicht ganz. Da frage ich mich jetzt, ob Sozial- und Ökobilanzen, CO2 Äquvalente) BBilanz, ökologischer Fußabdruck, virtiuelles Wasser usw. nicht diesem ollen Enthropiekram weit voraus sind.
Dezember 16, 2011 at 3:54 pm
Der Boden und die Energie erzeugen zwar keinen Wert, aber sie tragen in durchaus anderer Weise zum erzeugten „Reichtum“ bei als das Fabriktor und der Roboter. Genau darum geht es mir hier auch.
Dass die anderen Öko-Indikatoren wichtig sind, will ich nicht verleugnen. Aber letztlich „lebt“ alle Dynamik auf diesem Planeten von der Energieumwandlung (Selbstorganisation, ermöglicht durch Energiezufuhr und Entropieexport) und viele der derzeit problematischen Problemgebiete wurzeln gerade in der derzeit vorherrschenden Art und Weise der Energienutzung der Menschheit.
Vielleicht hast Du nicht die Fragen, die für Dich den „Entropiekram“ wichtig machen würden – aber ich habe welche.
Insbesondere geht es mir um die Frage, was es für die aus marxistischer Sicht doch wichtige Arbeitsproduktivität bedeutet (bedeuten wird), wenn die Menschheit die Art und Weise ihrer Energienutzung grundsätzlich ändert (ändern muss).
Dezember 19, 2011 at 5:32 pm
„Der Boden und die Energie erzeugen zwar keinen Wert, aber sie tragen in durchaus anderer Weise zum erzeugten „Reichtum“ bei als das Fabriktor und der Roboter. Genau darum geht es mir hier auch.“
Nunja, Fabriktore und Roborter erzeugen auch keinen Wert, zumindest keinen Warenwert. Mir kommt die Nennung des „Bodens“ als „Produktionsfaktor“ neben „Kapital“ und „Arbeit“ einfach seltsam vor. Ich denke, dass das ein Relikt aus der Zeit ist, die noch stark vom Feudalismus geprägt war. Meinetwegen möge zwischen. Kapital (Wertverwertungsvermögen), Arbeit(svermögen) und Naturbedingungen unterschieden werden. Aber Grundstücke sind in meinen Augen einfach ein sachlicher Bestandteil des konstanten Kapitals)
Energie als „zusätzlicher Produktionsfaktor“:
„Dass die anderen Öko-Indikatoren wichtig sind, will ich nicht verleugnen. Aber letztlich „lebt“ alle Dynamik auf diesem Planeten von der Energieumwandlung (Selbstorganisation, ermöglicht durch Energiezufuhr und Entropieexport) und viele der derzeit problematischen Problemgebiete wurzeln gerade in der derzeit vorherrschenden Art und Weise der Energienutzung der Menschheit.“
Das ist so wobei der zusätzliche Treibhauseffekt infolge der Nutzung fossiler Brennstoffe (oder auch einem Übermaß an Viehhaltung) noch gewichtiger ist. Die „Energieeffizienz“ ist gewiss ein zentraler Indikator einer (nicht) zukunftsfähigen Produktion, mehr noch aber der Treibhausfaktor – und der ist halt Teil einer allgemeinen Ökobilanz.
Wenn man schon „Produktionsfaktoren“ unterscheiden möchte, dann sollten das m.E. sein:
„Arbeitsvermögen“, (kapitalistisch: Fähigkeit zur und Bedürftigkeit an Vermietung bzw. Mietung des Arbeitsvermögens) Aus dem Blickwinkel eines weltgemeinschaftlichen Nachhaltigkeitsmanagements wären dabei neben der Information, wievel Arbeitsaufwand für einen nachhaltigen Wohlstand notwendig wäre und die klassische Frage nach dem erreichten Grad an Arbeitsersparnis, Fragen der Humanisierung notwendiger Arbeit wie Senkung der dabei aufzubringenden Durschnittsarbeitszeiten, andere Maßstäbe für humane Arbeitsbedingungen usw.)
Außerhalb des menschlichen Körpers vergegenständlichte menschliche (Re-)Produktions- bzw, Bereicherungsmittel (kapitalistisch: Kapital). Aus der Perspektive eines weltgemeinschaftlichen Nachhaltigkeitsmanagements wäre hier eben auch zu fragen, wie deren Entwicklung und Einsatz so gestaltet werden kann, dass dabei – vor allem auf lange Sicht – in optimaler Weise soziale bzw. ökologische Kosten (Unannehmlichkeiten) vermieden werden können.
Naturbedingungen messbar in Ökobilanzen in denen Nutzenergieverbrauch und -effizienz, CO2-Bilanz (CO2-Äquivalente-Bilanz), Bedeutung für den Erhalt von Meeres- und Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Klimastabität, eines bestimmten Maßes an Luftqualität usw.
Das ganze Sozialmanagement (kapitalistisch: Staatsquote bzw. staatliche Dienstleistungen) wäre eigentlich auch als ein Produktionsfaktor zu nennen.
„Vielleicht hast Du nicht die Fragen, die für Dich den „Entropiekram“ wichtig machen würden“
:-), ok, wer so launisch meckert, muss sich natürlich solche ketzerischen Fragen gefallen lassen.
“ – aber ich habe welche. Insbesondere geht es mir um die Frage, was es für die aus marxistischer Sicht doch wichtige Arbeitsproduktivität bedeutet (bedeuten wird), wenn die Menschheit die Art und Weise ihrer Energienutzung grundsätzlich ändert (ändern muss).“
Dazu brauche ich aber nicht zu wissen, was die langwelligen Wärmestrahlen an (Nicht-)Bedeutung erzeugen, die ohne irgend einen Nutzten ins All zurückgehen sondern z.B. was mit den Menschen wird, deren Arbeitsvermögen nicht mehr dazu verschwendet werden soll, sozial und ökologisch fragwüdige Dinge zu produzieren, und dabei Treibhausgase zu emmitieren, die diese langwelligen Strahlen hindern, ins All vorzudringen und so die Atmosphäre gefährlich aufheizen.
Gruß hh
Dezember 20, 2011 at 4:08 pm
@HH, Wir verfitzen uns hier ziemlich in Rede und Gegenrede. Was mir grad nicht klar ist: Findest Du die ganze inhaltliche Fokussierung auf das Thema Energie/Entropie als unwichtigen „Kram“, oder findest Du nur die Art und Weise, mit der das versucht wird zu fassen (als Produktionsfaktor oder als Widerspruchspol neben Pk und Pv) als nicht geeignet?
Dezember 21, 2011 at 2:23 am
Nein, ich finde die Frage des einsatzes energiesparender Produktionsmittel, -methoden, -orte, -zwecke, -mengen usw. zenral, wenn der Themenkomplex „Biomasse“, Bio-Fuel auch zeigt, dass auch nach links und rechts geschaut werden muss also z.B. auf die Frage der Biodiversität bzw. allgemein des Zustandes davon berührter Ökosysteme. Was die Entropie angeht, bin ich vielleicht ungerecht. Irgendetwas in mir wehrt sich sehr heftig dagegen, viel Zeit in die Ergründung dieser perspektive zu investieren – auch wenn der Sience-Slam-Vortrag wirklich nett war.
Was die Sache mit den Produktionsfaktoren angeht, geht es mir halt auch um ein energiesparendes Kategorisieren. „Boden“ als zusätzlicher Produtionsfaktor …. Siehe oben. Ich bin immer dafür, Produktionsbedingungen zu untersuchen. Hab nur Schwierigkeiten damit, wenn das als etwas den Produktionsverhältnissen äußerliches erscheint
Das menschliche Denken und Handeln stellt sich unter bestimmten Bedingungen her, klar, das Herstellen stellt sich unter bestimmten, z.B. kapitalistischen Produktionsbedingungen her, die eine bestimmte Art Produktionsbeziehungen sind, also eine bestimmte Art, den Stoff-/Bedeutungswechsel mit der Natur zu vollziehen.
Dezember 24, 2011 at 10:15 am
Die Produktionsbedingungen sind etwas, die weder ganz außerhalb noch ganz innerhalb sind. Um den Stoffwechsel zu vollziehen, müssen wir die natürlichen Bedingungen erst zu solchen „für uns“ machen und dazu gehört auch das Kennenlernen ihrer Eigengesetzlichkeit (die sie uns in der Praxis zeigt). Wenn wir über „Energie für uns“ reden (also über unsere Art, Energie zu nutzen), brauchen wir dann auch das Wissen über die „Entwertung“ von Energie, also den Verlust ihrer Fähigkeit, in Arbeit umgewandelt zu werden. Und das gelingt üblicherweise ganz gut mit der physikalischen Größe Entropie.
Wenn wir nun gesellschaftlich noch etwas weiter denken, dass wir als Menschen selbst mehr entscheiden über die Art und Weise des Stoffwechsels mit der Natur, dann müssen wir uns auch mehr von dem dazu nötigen Wissen aneignen und es nicht Expert_innen überlassen. Also: Wir müssen selber mitdenken müssen: Wie sähe denn ein vernünftiger Umgang mit der Energie (bestimmter Qualität) beim gegenwärtigen Entwicklungsstand der Menschheit aus? Das wäre auf jeden Fall ein Umgang, der die Unterschiedlichkeit von Energie mit „hoher Umwandelbarkeit in Arbeit“ oder eben mit geringerer berücksichtigt.
Ansonsten erst mal schöne Weihnachten!
Dezember 24, 2011 at 4:07 pm
„die Unterschiedlichkeit von Energie mit „hoher Umwandelbarkeit in Arbeit“ oder eben mit geringerer berücksichtigt.“
Ja, klar. Energieeffizienz wäre Entscheidungskriterium eines mitmenschlichen und ökologisch rücksichtsvollen Miteinander-Weltwirtschaftens, also kleinstmöglicher Einsatz von Primärenergieträgern zur Erzielung eines möglichst großen Nutzens bei möglichst wirksamer und umfänglicher Vermeidung von Risiken und Schäden. Aber eben nicht nur kleinstmöglicher Einsatz sondern auch möglichst umweltschonend und unter möglichst humanen Arbeitsbedingungen gewonnene Primäreergie. Außerdem: Reflektion des begehrten Nutzens (der berühmten „Bedürfnisse“) im Hinblick aus die sozialen bzw. ökologuischen Implikationen ihrer Befriedigung. Also auch möglichst umfassende Möglichkeiten zur Mitbestimmung dessen, was überhaupt als Nutzen, Schäden oder Risiken gelten soll.
„Ansonsten erst mal schöne Weihnachten!“
Oh, ja natürlich. Wünsche ich auch. Bin so froh, dass ich von hier aus dank nachbarschaftlicher Unterstützung Verbndung zum Internet habe, dass ichs gleich mal ausprobiere. Eigentlich zur Unzeit.
Bin ja ungläubig, aber wenn die Bezeichnung „Menschensohn“ für den Verkörperungsversuch einer humanistischen Entwicklungsperspektive steht, finde ich es natürlich gut, wenn das gefeiert wird. Und Weihnachten ist doch immer wieder auch ein guter Anlass, nett zueinander zu sein. Trotz allem Warensinn, der einem weihnachtsschlagermäßig – ziemlich energieverschwenderisch – entgegen schmalzt.
In dem Sinne
Gruß hh