Im Gegenzug zur Bereitstellung meiner Gedanken für die „Fragend-Voran-Hefte“ fand ich in den anderen Zuarbeiten dazu einen ganz herrlichen Text, den ich immer dann zu lesen vorschlage, wenn ich keinen neuen Blogbeitrag habe… 😉
Wir sind Wissenschaftler_Innen.
Wir bloggen nicht. Wir twittern nicht. Wir nehmen uns Zeit.
Versteht uns nicht falsch –
wir sagen Ja zur beschleunigten Wissenschaft des frühen 21. Jahrhundert.
Wir sagen Ja zu Wissenschafts-Blogs und Medien-Kontakten.
Wir sagen Ja zur zunehmenden Spezialisierung und Mannigfaltigkeit in allen Disziplinen.
Wir sagen auch Ja dazu das Forschung die Gesundheitsversorgung und zukünftigen Wohlstand fördert.
Auch, alle von uns sind selbst Teil dieses Spiels.
Trotzdem behaupten wir das nicht alles seien kann.
Wissenschaft braucht Zeit zum Denken.
Wissenschaft braucht Zeit zum Lesen, Zeit zum Scheitern.
Wissenschaft weiß vielleicht nicht immer wo sie gerade in diesem Moment steht.
Wissenschaft entwickelt sich unbeständig,
mit ruckartigen Bewegungen,
unvorhersehbaren Sprüngen nach vorn –
zu selben Zeit jedoch, kriecht sie auf einer sehr langsamen Zeitmaß,
für das Raum da sein muss und dem Gerechtigkeit gezollt werden muss.
Slow Science war so gut wie die einzig vorstellbare Wissenschaft für hunderte von Jahren;
heute, so argumentieren wir,
braucht diese Art der Wissenschaft Wiederbelebung und Schutz.
Die Gesellschaft sollte den Wissenschaftler_Innen die Zeit geben die sie brauchen.
Und noch wichtiger: Wissenschaftler_Innen müssen sich diese Zeit nehmen.
Wir brauchen Zeit zum Denken.
Wir brauchen Zeit zum Verdauen.
Wir brauchen Zeit uns gegenseitig Misszuverstehen,
besonders wenn wir den Dialog zwischen Gesellschafts- und Naturwissenschaften stärken wollen.
Wir können euch nicht andauernd erzählen was unsere Wissenschaft heißt;
wofür sei gut ist; weil wir es einfach noch nicht wissen.
Wissenschaft braucht Zeit.
– Bleibt bei uns, während wir denken.
Quelle: http://slow-science.org/
Oktober 23, 2011 at 10:01 pm
Vor gut 3 Jahren empfahl ich Studenten der Moskauer Lomonossow-Universität, „die alten Meister“ zu studieren. Sie wussten „weniger“ als wir, doch das, was sie wussten, wussten sie besser als wir es heute tun. Und das nicht, weil sie schlauer waren als wir, sondern weil sie mehr Zeit zum Nachdenken hatten. Der damalige Dekan des Physikalischen Instituts der Humboldt-Uni Berlin nickte heftig.
Für die Überschrift würde ich „MANIFEST LANGSAME WISSENSCHAFT“ vorschlagen.
Oktober 28, 2011 at 10:31 pm
Wissenschaft bedarf vieler Umstände. Eine generelle Finanzierung sollte erfolgen und eigentlich auch jeder Bürger eine Doktorarbeit schreiben 🙂 Wir brauchen allerdings nur bedingt mehr Zeit; wir brauchen Druck damit die Zukunft mehr Zeit bekommt, dann kommt es auf das Frustrationslevel bei den Einzelnen an. Ich hatte viel viel Zeit zum Studieren, deswegen kann ich das nicht ganz nachvollziehen, womöglich dringt Frustration durch?
Generell glaube ich: Die Ausgewogenheit zwischen Druck und dem Dahin, Dahin muss stimmen. Einerseits müssen wir effizienter werden, andererseits müssen wir auch Mensch sein dürfen 🙂
Schöner Blog Norman.
Oktober 29, 2011 at 3:40 pm
Hallo,
Norman, warum „müssen wir effizienter werden“?
November 4, 2011 at 9:58 am
Benny hat auf seinem Blog auch einen Artikel zur Entschleunigung in der Wissenschaft (http://tinyurl.com/3woj6pz).
Ich merke es ja auch jetzt gerade, wo ich mich mit so vielen Themen beschäftige: Einen Überblick zu bekommen, sich einzuarbeiten in neue Themengebiete, das braucht Zeit. Und gleichzeitig gibt es viele Synergie-Effekte, z.B. merke ich gerade, dass Selbstorganisation für kosmologische Prozesse ziemlich interessant ist. Und dann muss ich halt, wenn ich mich für Kosmologie interessiere, mich auch in die mathematische Beschreibung selbstorganisierter Prozesse einarbeiten.
Aber vieler solche Verbindungen nimmt man erst dann wahr und kann sie verfolgen, wenn man Zeit hat, sich mit allen interessanten Fragen zu beschäftigen, die einem über den Weg laufen, und nicht in schneller Folge verschiedene spezielle Fragen bearbeiten muss, damit man genügend Veröffentlichungen zusammen kriegt.