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Ausbremsen der Photovoltaik durch das Energiekonzept


Dieser Tage läuft ein Streit für oder wider eine stärkere Senkung der Einspeisevergütung für Solarstrom. Da die schwarz-gelbe Regierung zeitgleich mit Plänen zur Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke zu planen scheint, die Einspeisevergütung für Solarstrom stärker zu kürzen, als es das Erneuerbare-Energien-Gesetz vorsieht, scheinen sich alle politischen Vorbehalte gegen eine Regierung mit dieser Einfärbung zu bewahrheiten.

Aber ist das so einfach? Warum streiten sich sogar innerhalb der Solarbranche diejenigen, die weiterhin möglichst viel Vergütung für den eingespeisten Solarstrom wollen mit denen, die für eine schnellere Senkung der Vergütung eintreten?


Mehr zur Einführung in die Problematik siehe auch in dem verlinkten Video.

Wie ich meiner Tageszeitung entnehmen kann, fordern einerseits Verbraucherschützer eine „radikale Kürzung“ der Einspeisevergütung:

„Verbraucherschützer haben bei Spitzengesprächen über die Subventionen für die Solarbranche radikale Kürzungen gefordert. Ansonsten könnten die Kosten für Verbraucher in „nicht mehr tragbare Dimensionen“ steigen, warnte der Verbraucherzentrale Bundesverband in einem Positionspapier vor den Gesprächen am Mittwoch in Berlin.“(TLZ am 13.1.10)

Genau genommen geht es dabei nicht um „Subventionen“, sondern die Gelder, die als garantierte Einspeisevergütung für ins Netz eingespeisten PV-Strom an die Anlagenbetreiber gehen und zumeist über eine Umlage durch den Strompreis der (vor allem der kleinen) Verbraucher getragen wird. (Wer bezahlt für das EEG? (1), (http://www.wind-energie.de/fileadmin/dokumente/Themen_A-Z/Strompreise%20-%20Energiepreise/BMU_%20eeg_stromint_Hintergrund.pdf))

Auf der anderen Seite stehen Vertreter der Solarwirtschaft:

„Wenn die Förderung drastisch reduziert wird, besteht Gefahr für diese junge Industrie, die mühsam aber erfolgreich aufgebaut worden ist“, sagte eine Q-Cells-Sprecherin. (Quelle)

Die Verbraucherschützer schlagen vor, die Vergütung für Solarstrom zum 1. Juli einmalig um durchschnittlich 30 Prozent zu kürzen. Schon lange setzten sich die FDP, der Energie-Verband und z.B. das Rheinisch-Westfälische Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) für eine starke Reduzierung der Solarstromförderung ein. Letztere wollen das EEG gar ganz abschaffen.

Die Solarindustrievertreter können sich eine Senkung um bis zu 5% mehr als bereits gesetzlich vorgesehen vorstellen. Was steckt dahinter, gibt es Sachargumente, oder geht es nur um Lobby-Kampfgeschrei?

Ganz verrückt wird es noch, weil an dem Tauziehen die verschiedensten Koalitionen in die unterschiedlichen Richtungen ziehen. An dem einen Ende FDP/CDU/CSU – am anderen CSU-Vertreter und auch die CDU/SPD-Koalition in Thüringen; an einem Ende der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) – am anderen Ende die Photovoltaik-Fachzeitschrift PHOTON. Und nicht zuletzt ist hat das Ganze auch eine Ost-West-Dimension, denn die negativ betroffenen Solarunternehmen haben ihren Sitz vorwiegend im Osten.

Der letzte Stand ist wohl, soweit ich das sehe, dass der Umweltminister Norbert Röttgen vorschlägt, die Einspeisevergütung für Strom aus Photovoltaik zum Sommer 2010 einmalig um 15 bis 25 Prozent zu senken. (20.1.10, die Entscheidung wird wohl vom Bundestag Anfang April getroffen) Dabei sinkt die Vergütung, die ein PV-Betreiber 20 Jahre lang erhält, für Anlagen, die ab Anfang 2010 errichtet werden, sowieso schon um 9 % (warum, wird hier etwas später erklärt).

1. Einspeisevergütung, exponentiell wachsender Markt und Kostensenkung der PV-Herstellung

Bereits das erste zaghafte Photovoltaik-Förderprogramm, das die Installation von gerade mal 1 000 Dächern in der Bundesrepublik ab 1991 unterstützte, schien zu beweisen, dass die Hoffnungen auf einen Öko-Kapitalismus nicht aufgehen. Ich beobachtete die Entwicklung damals von einer umweltorientierten ABM aus. Allerdings hatte das seit 1999 in Kraft gesetzte 100 000-Dächer-Programm schließlich einen ausreichenden Umfang, um die Nachfrage nach Solarmodulen anzukurbeln. Die dafür geplanten Finanzen waren bereits im Jahr 2002, statt wie geplant im Jahr 2005, ausgeschöpft. In drei Jahren konnten damit die Produktionskapazitäten der Solarindustrie verdreifacht werden und es konnten – über Skalen- und Lernkurveneffekte beim Übergang von Kleinserien zur industriellen Produktion – die Kosten für Solarstrom um 20 % gesenkt werden (PHOTON Januar 2009: 169).

Im Jahr 2000 wurde schließlich das „Erneuerbare Energiengesetz“ (EEG) in Kraft gesetzt. PV-Anlagen wurden seitdem nicht mit Investitionszuschüssen oder Steuervorteilen gefördert sondern durch die gesicherte Vergütung des erzeugten und ins Netz gespeisten Solarstroms für 20 Jahre, verbunden mit einer Abnahmegarantie. Dadurch rechnen sich die Investitionskosten für den Betreiber einer Solaranlage, denn er kann die fälligen Kreditkosten mit seinen Erlösen für den Solarstrom bedienen und gewinnt sogar noch etwas hinzu. Dadurch wird die Solaranlage auf dem eigenen Dach wurde so etwas wie eine „Solarsparkasse“. Dabei gilt folgende Regelung: Da zu erwarten ist, dass die Anlagen von Jahr zu Jahr günstiger zu erwerben sind (aufgrund der Kostensenkung in der Herstellung), sinkt die garantierte Einspeisevergütung (die dann für die entsprechende Anlage 20 Jahre lang gilt) in jedem Jahr um einige Prozentpunkte (Stand 2007: um 5%). Man musste also ganz genau mitrechnen, wie groß bei welchem Preis die jährliche Kreditbelastung sein kann und wie die Vergütung hier dagegen gerechnet werden kann. Ab 2004 stagnierte der Preisverfall für Solarmodule, weil Silizium knapp wurde und die Kosten dafür die Preise hochdrückten (zumindest wurde dies als Argument genannt, auch wenn die Siliziumkosten im Normalfall nur mit 7% der Anlagenkosten zu Buche stehen).

Aber ab 2008/2009 lohnt sich eine Investition in eine PV- Anlage sogar für Menschen ohne viel Geld (wie ich selbst bei einer Bekannten erlebe, siehe auch Stiftung Warentest).

Das Ziel des EEG besteht natürlich nicht darin, für immer und ewig eine zusätzliche Vergütung für PV-Strom zu bieten. Sondern es soll den PV-Markt so weit entwickeln helfen, dass die PV-Industrie die Kosten so weit senken kann, dass PV-Strom von selbst konkurrenzfähig wird.

Regelkreis

Das Prinzip zeigt die folgende Abbildung. Ein durch das EEG gefördertes Wachstum der PV-Anlagen lässt (über sog. Lernkurven, siehe unten) die Produktionskosten und damit die Preise fallen, was den Markt für weitere Teilnehmer öffnet und dadurch zu neuem Wachstum führt. Beim erwarteten Übergang von Herstellungskostensenkung zu Preissenkung für Betreiber wirken mindestens zwei entgegen wirkende Faktoren: Einerseits werden nicht alle gesenkten Kosten an günstigere Preise weiter gegeben, um den Profit zu steigern und um Forschung und Entwicklung zu finanzieren – andererseits wirkt der wachsende Konkurrenzdruck der Firmen untereinander zu Preissenkungen.

Abb. 1: Regelkreis mit EEG

 
Zu einzelnen Faktoren und deren Wirkungsweise morgen mehr…


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