In meinem Bericht über die Konferenz „Utopia Now 2010“ in Erfurt schließe ich jetzt das Thema „Zukunftswerkstätten“ an. Petra Eickhoff aus Köln stellte am ersten Abend eine erfolgreiche Zukunftswerkstatt zur Stadtgestaltung von Aachen vor. Die Zukunft wird nicht von noch so guten Referent_innen gemacht werden – sondern hoffentlich durch uns. Eine Methode, mit der Menschen selbst ihre eigenen Lebensumstände gestalten können, ohne dass neue Hierarchien entstehen und ohne dass ein unorganisiertes Chaos entsteht, ist die „Zukunftswerkstatt“.

In meinem Freundeskreis „Zukunftswerkstatt Jena“ haben wir uns die Idee einer Zukunftswerkstatt als Grundlage unserer Gemeinsamkeit zu eigen gemacht. Wir wollen gleichberechtigt viele Themen und Fragestellungen auf methodisch unterschiedliche Weise in der Gruppe bearbeiten, wobei sich Kritik, Vision und praktische Umsetzung miteinander verbinden. Deshalb lag es auch nahe, diese Art der Zukunftsgestaltung, die methodisch Utopien und Visionen herausfordert, aber auch auf die Verbindung zur Realität achtet, in der Konferenz selbst auszuprobieren.

Am Samstagnachmittag, der Projektzeit der Konferenz, fand eine Zukunftswerkstatt zum Thema „Wer macht Stadt?“ statt. Was inhaltlich in so einer Zukunftswerkstatt passiert, hängt von den Teilnehmenden ab. Wenn viele Menschen direkt aus Erfurt mit konkreten eigenen Problemen teilnehmen würden, würden deren Probleme ausgepackt und angepackt. Hier jedoch gab es mehr grundsätzliches Interesse am Kennenlernen der Methode und am Thema „Stadtgestaltung“. Auch hierzu wird es noch eine ausführlichere Dokumentation geben.

Ich war wieder beeindruckt, neue Methoden für die einzelnen Phasen der Zukunftswerkstatt (Kritik, Vision, Realisierung) und vor allem die Übergänge dazwischen kennen zu lernen. Petra schafft es ja immer wieder, für die kreativen Phasen Darstellungsformen zu wählen, die mitunter die ganze Körperlichkeit herausfordern…

Ausgehend der Kritikpunkte der Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen visionäre Stadtstrukturen entwickelt, die erstaunlich ähnlich wurden. Die jetzige zentrale Stadtstruktur mit Autoverkehrdominanz wurde aufgebrochen in relativ selbstständige Stadtquartiere, die mit z.T. solarzellenüberdachten Fahrrad-, Inlineskate- und (kostenlosen) Nahverkehrstraßen verbunden wurden. Viel Grün, Gewässer, Gärten, Mitmachcafés…

Für die Realisierungsphase nutzten wir eine besonders interessante Methode: Die Idee an sich wird nicht mehr in Frage gestellt, so z.B. die des „Mitmach-Cafés“ oder der „Polyzentralen Selbstverwaltung“. Es wird ein Kreis auf dem Fußboden festgelegt, in den sich jeweils Ideengeber- und entwickler_innen stellen können. Daneben gibt es einen Kreis für die „Mache_innen“. Die in diesen Kreis Tretenden sagen, was konkret getan werden muss, um die Idee zu verwirklichen.

Naturlich bleiben zweifelnde und kritische Positionen nicht aus. Die finden ihren Platz in einem dritten Kreis, den der „Kritiker_innen“. Indem die Beteiligten jeweils ihre Meinung vertraten, betraten sie den entsprechenden Kreis und auf diese Weise entwickelten sich Gespräche, bei denen die Einzelnen die Kreise öfter auch mal wechselten und insgesamt eine ausgewogene, sich im Dialog fortentwickelnde Projektgestaltung entwickelte. Ich denke, besonders diese letzte Methode kann auch in anderen Debatten öfter mal verwendet werden. Sie ist auch bekannt als Walt-Disney-Methode.

Auf diese Weise konnte auch diese sehr kurze Zukunftswerkstatt für die Beteiligten zu einem erfolgreichen Teil der Utopien-Konferenz „Utopia Now 2010“ werden. Wir haben erfahren, was andere wünschen für eine Stadt, in der wir gern leben würden und wir sind angeregt worden, diese Methode für künftige Projekte verstärkt zu nutzen.

Mehr zur Utopienkonferenz gibt’s hier…