In einer schon lange zusammen arbeitenden Diskussionsgruppe kam es letztens zu starken Differenzen über das Thema: Wie halten wirs mit Hegels Dialektik bei geschichtlichen Fragen?
Für traditionelle Marxisten/Leninisten scheint das klar zu sein: Die zeitliche Aufeinanderfolge von Zuständen in Natur und Gesellschaft folgt über ausreichend große Zeiträume gesehen den dialektischen Gesetzen: Im Laufe der Zeit schlagen quantitative Veränderungen in qualitative um, die Gegensätze durchdringen sich und in einer Negation der Negation entstehen qualitativ neue, höhere Zustandsformen.
Erst als ich Hegel im Original studierte, wurde mir die Abenteuerlichkeit der umstandslosen Identifizierung des logischen Entwicklungsgangs bei Hegel mit dem historischen bewusst. (siehe auch meine Texte (1, 2) dazu).
Ich möchte das Problem nun noch einmal dar- und zur Diskussion stellen. Ausgangspunkt dafür ist eine sehr schöne kurze Erläuterung der Dialektik von Reiner Winter.
In dieser Darstellung liegt der Schwerpunkt auf der Erläuterung der logischen Grundfigur des „Übergreifenden Allgemeinen“, für die das folgende Bild steht:
Ich habe dieses Beispiel auch schon häufig verwendet, um darzustellen, dass Leben und Tod zwei aufeinander bezogene, gegensätzliche Kategorien sind, deren konkrete Einheit im Gattungsprozess (also dem Leben im höheren Sinn als dem individuellen) zu sehen ist. Der Gattungsprozess ist jener Prozess, aus dem sich das Leben der Individuen und auch ihr Tod erklärt.
Das Verhältnis von Allgemeinem (dem Leben) und dem Besonderen (dem Tod) ist nicht entsprechend einer nur formalen Logik zu begreifen, bei der Allgemeines und Besonderes nur als Verhältnis von Gattung und Art bzw. von Menge und Teilmenge oder Element gedacht wird. Nein, in einem dialektischen Verhältnis des übergreifenden Allgemeinen erzeugt dieses Allgemeine sich selbst und sein Gegenteil aus sich selbst heraus.
Reiner Winter thematisiert nun den Unterschied zwischen Hegel und Marx. Da geht es um das Verhältnis von Materie und Geist. Während für Hegel der Geist das Übergreifend-Allgemeine ist, der sich und sein Gegenteil, die Materie hervorbringt, so ist bei Marx die Materie das Übergreifend-Allgemeine und bringt sich (d.h. ihre unterschiedlichen Formen) und darunter auch ihr Gegenteil, den Geist, hervor:
Wie kommt er darauf? Für ihn „ist es bei geschichtlichen Verhältnissen hilfreich zu fragen, was denn zuerst da war (z.B. das Tier vor dem Menschen), so dass dieses Erste auch die übergreifende Gattung ist“ (S. 14). Hinter diesem „hilfreichen“ Gedanken steckt implizit auch die Identifizierung der logischen und der historischen Entwicklung. Wenn, wie Materialisten annehmen, die Materie zeitlich vor dem Geist da war, müssen wir halt das Hegelsche Denken „umstülpen“ – das entsprechende Marxsche Zitat ist allbekannt.
Für die Logik bzw. die Erkenntnislehre macht diese Umkehrung aber keinen Sinn. Natürlich sind es materielle Wesen, in deren materiellem Gehirn sich die Welt wiederspiegelt – aber damit verfehle ich das Wesen des Erkenntnisprozesses, gerade als Widerspiegelung. Es ist sinnvoll, sich den Widerspiegelungsprozess direkt in Form der Spiegelmetapher zuvorzustellen:
Auch wenn Materialist_innen weiterhin davon ausgehen, dass sich die zu erkennenden Objekte außerhalb des Bewusstseins (des Spiegels) befinden, kann das Verhältnis von Erkenntnisprozess (Spiegel) und seinem Inhalt (Spiegelbild) in der von Hegel dargestellten Logik gedacht werden. Dies kennzeichnet Hans Heinz Holz als logische Lesart der Spiegelmetapher:
„… Wie das Spiegelnde seinen Gegenstand als Spiegelbild enthält, so enthält das Denkende seinen Gegenstand als Begriff; in diesem Sinne greifen Spiegelbild bzw. Begriff über ihren Gegenstand über“ (Holz 2005: 188-189).
Die Aufeinanderfolge der logischen Stufen, die auch Winter – erkenntnislogisch – als „drei aufeinander folgende Betrachtungsebenen“ bestimmt, kennzeichnen dann jeweils vertiefende Erkenntnisweisen bis hin zum vollständigen Begreifen des gegebenen Gegenstands. Das Ziel dieses Erkenntnisprozesses steht von vornherein fest: Unser Wissen von ihm soll den Gegenstand vollständig erfassen.
Für zeitlich aufeinander folgende Zustände, die Geschichte und Entwicklung, müssen Materialist_innen hier nun eine Grenze setzen. Die Hegelsche Methode ist für Marx „keinesfalls […] der Entstehungsprozeß des Konkreten selbst“ (MEW 42: 35).
Wenn es in der geschichtlichen Entwicklung ähnliche Übergänge gibt, wie in der logischen, so ist die Beziehung hierzu explizit neu zu thematisieren. Sogar Hegel tut das, wenn er in der Weltgeschichte und noch deutlicher in der Geschichte der Philosophie die logische Kategorienfolge auch in den zeitlich aufeinander folgenden Zuständen und Denkformen wieder findet („Es hat sich also erst aus der Betrachtung der Weltgeschichte selbst zu ergeben, daß es vernünftig in ihr zugegangen sei…“ (HW 12: 22)).
Das Problem für Materialist_innen entsteht daraus, dass sie das wichtigste Argument bei der Begründung der Parallelisierung von Logik und Historie nicht übernehmen können. Dies besteht nämlich in der Voraussetzung des Endziels. In der logischen Betrachtungsweise ist das in Ordnung, denn hier ist die Identität von begreifendem Denkender Wirklichkeit und dieser Wirklichkeit das Ziel. Aber worauf soll die historische Entwicklung hinauslaufen?
Bei Hegel ist dieses Endziel dadurch gegeben, dass er voraussetzt, der absolute Geist habe sich entäußert und sei dabei, wieder in sich zurück zu kehren. Der absolute Geist selbst – nun angereichert durch die Mannigfaltigkeit seiner Stufen bis zu ihm hin – ist das Ziel; er selbst ist die Bewegung, die zu sich selbst hinführt.
Für die Natur als das Übergreifende könnte das nur in ziemlich mystifizierender Weise gedacht werden.
Natürlich wollen auch fortschrittsoptimistische Materialist_innen einen Weg hinauf in jeweils höhere Entwicklungszustände finden. Aber wodurch werden sie „angezogen“, wenn sie nicht einen solchen sich selbst findenden Weltgeist voraussetzen wollen? Marx und Engels sprachen von „inneren Widersprüchen“, deren Lösung jeweils einen solchen weiteren Schritt erfordert und gleichzeitig möglich macht (wobei nicht vorausbestimmt ist, ob diese möglichen Fortschritte gelingen, oder nicht).
Eine solche Sichtweise unterscheidet sich dann aber auch von dem frühen Marxschen Konzept der sog. „Entfremdung“. Dies setzt ein überhistorisches „Gattungwesen“ voraus, dem die Menschen im Kapitalismus „entfremdet“ sind und das Ziel besteht darin, diese Entfremdung aufzuheben und das eigene „Gattungswesen“ zu verwirklichen.
Diesem Gattungswesen wird damit aber der Charakter des absoluten Geistes zugesprochen.
„Der „wirkliche Mensch“ als Gattungswesen […] soll [ …] als objektiver Zielpunkt und letzte Konsequenz der geschichtlichen Entwicklung selbst erscheinen. Die Geschichte wird damit zum Prozeß der Selbstentfremdung und Selbstverwirklichung des menschlichen Gattungswesens im Prozeß der Arbeit.“ (Wagenknecht 1997: 160)
Marx selbst ist mit guten Gründen von dieser Konstruktion abgekommen (er formuliert das nicht ganz ehrlich als Selbstkritik, sondern als Kritik an anderen linkshegelianischen Philosophen). Letztlich ist jede konkrete Lebens- und Gesellschaftsform von Menschen menschlich-gesellschaftlich. Der Kapitalismus ist nicht „ungesellschaftlich“ und auch nicht wirklich „unmenschlich“ – er ist eine Form der Gesellschaftlichkeit und eine Möglichkeit des Umgangs von Menschen miteinander und der sie umgebenden Natur. Das, was den Menschen als Gattungswesen gegenüber den Tieren auszeichnet, also dass er „seine Lebenstätigkeit selbst zum Gegenstand seines Wollens und seines Bewußtseins“ (MEW 40: 516) macht, ist auch im Kapitalismus so. Unter welchen Bedingungen er das macht, verändert sich jedoch, nicht zuletzt durch sein eigenes Handeln.
Es gibt zwei Varianten für das Denken des Verhältnisses von allgemein-Menschlichem und je besonderen Gesellschaftsformen:
- Ich verstehe das allgemein-Menschliche als das formal-Allgemeine und das Gesellschaftsformspezifische als das formal-Besondere. Jede Gesellschaftsform ist ein Element der Menge von allgemeiner Gesellschaftlichkeit.
- Das Allgemein-Menschliche ist das übergreifend-Allgemeine. Dann weiß ich aber auch nur, dass jede neue konkrete Gesellschaftsform einen neuen Gegensatz gegenüber dem Allgemeinen enthalten wird. Die menschliche Geschichte als Ganzes wird die Mannigfaltigkeit aller jemals existiert habenden und werdenden Widersprüche enthalten. Dies gibt mir auch keine Orientierung für den konkreten Übergang von unserer jetzigen zur nächsten Gesellschaftsform.
Dass es in der menschlichen Geschichte „vernünftig“ zugeht, dass es Fortschritt immer wieder und auch tendenziell fortschreitend gibt, das denke und hoffe ich auch – ich muss nur dafür andere Begründungen finden als den Weltgeist.
Wie verhalte ich mich damit gegenüber Hegel? Ich sehe drei alternative Möglichkeiten, mit denen ich ihn „beerben“ kann:
- Hegel in Konzept und Methode folgen: dann muss ich aber auch historische Entwicklungsprozesse als teleologische denken; das Ziel ist vorherbestimmt und bestimmt auch den Verlauf der Entwicklung.
- Hegel materialistisch „umstülpen“: Dann funktioniert die Methode aber auch nicht mehr für die Erklärung des Erkenntnisprozesses (Spiegelmetapher) und die Übertragung der logischen Entwicklung auf die historische folgt nur einem Analogieschluss und hat keine konkrete inhaltliche Begründung.
- Die Methode und das Grundkonzept in Fragen der Erkenntnis-Logik weiter verwenden (Spiegelmetapher), aber in Fragen der historischen Zustandsveränderungen nicht vollständig.
Auch Engels hatte Hegel „zerteilt“ und die Methode übernommen, das System jedoch nicht. Das Problem dabei ist, dass die Methode ohne das System nicht mehr wirklich funktioniert. (Woher beziehen die Widersprüche ihre transzendierende Kraft, wenn nicht vom übergreifenden systemischen Prozess?). Ich mache die Unterscheidung an anderer Stelle.
Letztlich mache ich sie dort, wo mich die Zukunft interessiert, die Hegel aus seinen Überlegungen völlig ausschließt.
Dann kann ich mich auch mit der Variante 1 anfreunden (die dann in Variante 3 übergeht). Denn Hegels Bild von der „Eule der Minerva“ macht deutlich, dass er seinen Gegenstand eindeutig auf die Geschichte beschränkte, die bis hin zu ihm hinführte. In dieser Retrospektive ist es durchaus legitim, die Schritte bis hin zum jeweils gegenwärtigen Standpunkt auch mit seiner Methode nachträglich zu rekonstruieren (diesen Weg geht auch Klaus Holzkamp bei der Entwicklung seiner 5 Schritte beim Qualitätssprung). Ob seine Argumente, in welcher Weise die Aufeinanderfolge der logischen Schritte auch historisch (in der Geschichte der Philosophie und der Weltgeschichte) gültig sind, kann nur die Analyse der konkreten Inhalte dazu zeigen. Dass Hegel die Entwicklung der Menschheit nicht als abgeschlossen betrachtete, zeigt sein weitsichtiger Hinweis auf Amerika als „Land der Zukunft“ (HW 12: 114), das er aber als Thema der Weltgeschichte explizit und letztlich auch konsequenterweise (denn was ist Geschichte anderes als das Vergangene?) ausschloss.
Für die Verwendung der Hegelschen Methode für Überlegungen über die Zukunft muss ich den Bezug auf ihn neu begründen. Ich verwende dazu das Bild der „Virtuellen Eule der Minerva“. Ausgehend von vorausgehenden Analysen über die Widersprüchlichkeit und mögliche neue Zustände kann ich mich geistig bereits in eine zukünftige neue Welt versetzen und von da aus gedanklich zurück gehen bis in die Gegenwart und darüber nachdenken, was sich wie verändern muss, um von der Gegenwart in diese Zukunft zu gelangen oder sie zu vermeiden. Ich nehme also eine virtuelle Rekonstruktion der zukünftigen Vergangenheit vor. Welche Widersprüche führten zum Ende der vorherigen Bewegungsform der Widersprüche, welche Bedingungen veränderten sich wie, so dass welcher weitere Weg beschritten werden konnte/musste? Ich kann dies jeweils nur für die Regionen tun, die heute schon absehbar sind, ich habe keine gottähnliche Perspektive.
Aber wenigstens dies kann ich tun und das Hegelsche Konzept ist eine fundamentale Grundlage dafür.
P.S. : Ich bitte alle Diskussionen, die speziell die Spiegelmetapher betreffen, auf der dies thematisierenden Blogseite zu führen.
Februar 9, 2014 at 8:57 am
Hallo Annette, leider schreibst du nicht was du unter dem Weltgeist verstehst und wieso du ihn ablehnst.
Außerdem sieht es für mich so aus, als würdest du Erkenntnistheoretisch beim nur formellen Begriff stehen bleiben. Dieser ist noch rein Subjektiv, die Überwindung der Trennung vom Erkenntnisgegenstand ist nicht entwickelt, erst An Sich.
Erst in der Idee, dem Selbstzweck ist diese Überwunden. Dem Selbstzweck liegt der subjektive Zweck ganz real zugrunde.
Februar 9, 2014 at 6:45 pm
Unter dem Weltgeist verstehe ich das, was bei Hegel vorausgesetzt wird für alles in der Welt, d. h. das Logische, Natürliche und Geistige (=Gesellschaftliche): das, was sich in dem zuletzt gezeigten Bild entäußert und im Entwicklungsprozess wieder findet. Bei Hegel ist das keine Systemkategorie (er verwendet das Wort z.B. in HW 4: 63, HW 10. 247, HW 7: 508) – im System ist das Höchste, das sich entäußert und wieder findet, der „Absolute Geist“.
Wie geschildert, kann ich damit mitgehen,dass man sich selbst – also z.B. Hegel als begreifendes Individuum – als Moment dieses Weltgeistes (d.h. den Entwicklungsprozess bis zu sich hin) an einem (bisherigen) Ende des Prozesses vorstellt und von daher beschreibt, was man von der Welt an dieser Stelle wissen kann.
Man kann von daher auch gute Gründe haben, die „Vernunft in der Geschichte“ zu sehen und das als „Weg des Weltgeistes“ interpretieren.
Die ganze Evolution seit mehreren Milliarden Jahren (von der wir wissen) und darüber in beide Richtungen hinaus als das Werk eines allgemeinen Weltgeistes zu sehen… das gelingt mir nicht.
Februar 15, 2014 at 8:34 am
Mit diesem letzten Bild habe ich auch massive Probleme. Einmal verstehe ich nicht, was die Natur dort zu suchen hat. In dem Kreis Logik-Natur-Geist haben nur die allgemeinen Bestimmungen des Geistes etwas zu suchen, nicht die schon viel konkreteren des absoluten Geistes. Dieser gehört zum Kreis subjektiver-objektiver-absoluter Geist. Dabei handelt es sich um eine andere Ebene innerhalb des Geistes. Beides ist nicht zu vermischen.
Februar 15, 2014 at 8:44 am
Noch viel wesentlicher ist aber deine Aussage, bei Hegel würde alles aus dem Absoluten Geist hervorgehen, dieser wäre vorausgesetzt. Das ist zwar richtig, jedoch ist der Absolute Geist genauso Voraussetzung wie Resultat. Das Hegelsche System ist ein Gesamtsystem, welches sich einzig und allein durch sich selbst bestimmt. Das Vorausgesetzte bleibt nicht als solches stehen, sondern wird hereingeingeholt und begründet.
Deine Aussagen über Hegel sind also unvollständig und treffen daher nicht zu. Erkenne das doch bitte als dein eigenes Verständins an und schreibe es nicht Hegel zu.
Februar 15, 2014 at 5:09 pm
„Das Vorausgesetzte bleibt nicht als solches stehen, sondern wird hereingeingeholt und begründet.“
Da hast Du Recht – das ist der Anspruch des Systems. Aber: Ich kann die Begründung nicht vollständig nachvollziehen. Das kann an mir liegen (nicht umsonst formuliere ich das oben auch häufig in der Ich-Form) – aber es kann auch daran liegen, dass das System nicht für alle Fragen, die ich heute klären will, ausreicht. Bzw. dass die Aussagen, die ich aus dem System ableiten könnte, mich nicht überzeugen.
Februar 15, 2014 at 5:17 pm
“ Dabei handelt es sich um eine andere Ebene innerhalb des Geistes. Beides ist nicht zu vermischen.“
Ja, um das Bild vollständig zu machen, hätte ich das ganze Fraktal nachmalen müssen, in dem sich die Kategorien von Hegel zeigen lassen. Mir geht es um die Architektur: das Ganze bestimmt die Bewegung jedes Einzelnen… so ist die Wirklichkeit tatsächlich in weiten Bereichen „gestrickt“.
Aber dann muss das Ganze auch vorliegen. Das Ganze der Geschichte unseres Universums oder auch nur der menschlichen Zivilisation ist aber nicht gegeben. Deshalb muss Hegel die Zukunft auch aus seinen systematischen Überlegungen ausschließen.
Februar 9, 2014 at 6:51 pm
Erkenntnistheoretisch mag das von mir Geschilderte noch nicht das Ende sein (es wurde noch nicht vom Begriff zur Idee übergegangen), aber was in der Idee verwirklicht ist, die Einheit von Objekt und Subjekt, habe ich angedeutet.
D.h., ich habe verdeutlicht, warum in diesem Bereich das „Endziel“ einigermaßen leicht verständlich ist – für die Weltgeschichte ist das dann aber eben nicht so einfach – außer, wenn ich eben „meinen“ Standpunkt als das jedenfalls bisher erreichte „Endziel“ deklariere.
Februar 10, 2014 at 11:37 pm
Könnte dein Problem vielleicht daher rühren, dass du von Marx/Engels (Öko-) Kommunismus nichts wissen wills?.
Februar 15, 2014 at 5:20 pm
Ich weiß nicht, was das damit zu tun hat?
Ich thematisiere hier ein grundsätzliches Problem, zu dem weder Marx noch Engels abschließende und endgültige Antworten gegeben haben.
Februar 15, 2014 at 5:36 pm
Was allerdings niemand behauptat hat.
Februar 15, 2014 at 7:00 pm
Du bestimmst die von mir aufgeworfenen Fragen als „dein Problem“ und suchst den Grund dafür, das ich dieses Problem habe darin, dass ich vom Marx-Engelschen Kommunismus nichts wissen wolle. Das lese ich so, dass Du meinst, dass im Marx-Engelschen Kommunismus die Antwort auf meine Fragen schon drin ist, und wenn ich davon was wissen wollte, hätte ich das Problem nicht.
Also: Siehst Du das Problem und hast Du eine andere Antwort darauf, als andere Themen bei Marx und Engels anzusprechen? Bzw. Wieso ist das von Dir Geschriebene eine Antwort auf das Problem? Denn wenn es das sein soll, so habe ich es nicht verstanden.
Februar 15, 2014 at 8:21 pm
Ich meine nicht, dass du Probleme hast, sondern sehe die Schwierigkeiten beim Lösen dieser Frage
.
Ich würde nie behaupten, dass die Ausseinandersetzung mit Marx/Engels Kommunismus als (übergreifede) Perspektive der weiteren Mensch(heits)werdung abschließende und endgültige Antworten auf deine (oder meine) Fragen liefert, Die kann es eh nicht geben. Nur denke ich dass dies eine notwendige Bedingung ist, in der Sache voran zu kommen.
Februar 11, 2014 at 9:56 pm
Ich kann mir nicht vorstellen, das Marx irgendwann behauptet hat,“die Materie“ sei vor „dem Geist“.da gewesen. Insoweit mit „Geist“ menschliches Bedenken gemeint sein sollte wäre wohl kaum erwähnenswert, dass die Welt schon etwas älter ist, Von schwarzen Löchtern hatten meines Wissens weder Marx noch Engels schon irgendwas wissen können. Und wir wissen heute auch nicht, ob der geistlose Zustand vor dem Urknall (Materie ohne Raum und Zeit) nicht ein temporärer Zustand innerhalb ewiger Kreisläufe war bzw. ist.
Geist und Materie sind auch nicht Gegenstand der marx/engelsschen Geschichtsauffassung bzw. -perspektive. Vielmehr gehts darum, die materiellen Grundlagen der menschlichen Vorstellungswelt,deren Veränderung und vor allem deren Veränderbarkeit ausreichend bedenken bzw. (bzgl Weltverändeung) in die Wege leiten zu können.
Also zu ergründen, was die historisch spezifischen Behauptungsbedingungen (-muster, -zwänge, -spielräume usw.) sind, denen die Menschen unerschiedlicher Epochen (Klassen usw. regional usw. ungleichzeitig) unterworfen sind? Welche Produktivräfte und -mittel stehen jeweils zur Verfügung bzw. können in der jewiligen historischen Epoche – unter welchen Umständen – entwickelt werden?
Welche Mechanismen und Umstände machen welcherart Entwicklung möglich bzw. notwendig? Warum, wie und in wieweit nötigt Produktivkraftentwicklung im Hinblick auf die Her- und Bereitstellung, Pflege, Reproduktion usw. der zur menschlichen Existenzsicherung und Bereicherung nötigen Mittel zu bestimmten historischen Formen ausbeuterischer Arbeiteilung, bzw. Teilung von Verantwortung, Genuss, Mühe, Risiken usw.? Die dazu im Ganzen nicht vernünftig lenkbar sind? Unter welchen Umständen kann (oder muss) die weitere Entwicklung der menschlichen Produktivkräfte zur Etablierung globaler(Re-) Produktionsverhältnisse nötigen UND ermöglichen?
Gehe darauf demnächst etwas näher in meinem Blog ein.
Festhalten möchte ich an dieser Stelle, dass Marx/Engels die Perspektive der welt- bzw. ökokommunistischen Ententfremdung keineswegs aufgegeben hatten. Ohne marx/engelsschen Kommunismus muss alles Spekulieren über deren Auffassung einer dialektische Bewegung geschichtlicher Prozesse reines Dampfplaudern bleiben. Ich empfehle, Engels Aufsatz über die Bedeutung der Arbeit für die Menschwerduung des Affen zur Diskussion zu stellen. Dessen „übergreifende“ Perspektive ist die fortgesetzte Menschwerdung im Sinne einer ausreichenden Entwicklung bzw. Verallgemeinerung der spezifisch menschlichen Fähigkeit zur zweckmäigen (und in so fern vernünftigen) Gestaltung der eigenen Lebensumstände. Was logisch die fortgesetzte Menschheitswerdung bedingt.
Die Herstellung einer solche handlungsfähigen Menschheit muss das zentrale Projekt dieses Jahrhunderts werden. Das zu begreifen könnte als Lohn der Bemühungen heraus springen.
Februar 15, 2014 at 5:25 pm
Ja, das sind alles wichtige Fragen. Die befinden sich alle im Möglichkeits-Bedingungs-Diskurs, den ich auch favorisiere. Der obige Beitrag bezieht sich jedoch vor allem auch auf eine andere Sichtweise, die sich stärker am ganzen Hegel ausrichtet als es der spätere Marx getan hat.
Natürlich war Marx auch später gegen alle Erscheinungen, die man (oder „die Philosophen“) auch als „Entfremdung“ bezeichnen kann. Aber mit dieser Bezeichnung war beim frühen Marx auch ein stark hegelianisches geschichtsphilosophisches Konzept gemeint, das er später selbst (an „den Philosophien“, siehe MEW 3) kritisiert hat.
Februar 15, 2014 at 7:49 pm
Allerdings sah Marx in in dem, was auch Entfremdung genannt werden kann, nicht verschiedene Erscheinungen sondern das Wesen des Kapitalismus: voranschreitende Vergesellschaftung durch zwangsläufig ihre privateigentümliche Existenzsicherung und Bereicherung verfolgenden Subjekte, die genötigt sind, ihre (welt-) gesellschaftlichen (Re-) Produktionsbeziehungen hinterrücks herzustellen, d.h. ohne sie sich als ihre gemeinsamen, gesellschaftlichen Beziehungen durch den Kopf (ihren Geist) gehen lassen zu müssen bzw. zu können. Also in ihrer gesamtgesellschaftlichen bzw. ökologischen Dimension nicht auf eine Art, die dermenschlichen Art prinzipiell gegeben ist, nämlich die eigenen Lebensbedingungen bewusst gestaltend, d.h. in der Produktion der Lebensbedingungen die sozialen bzw. ökologischen Ergebnisse der Bemühungen ideell vorwegnehmend.
Das marx/engelssche Projekt war es zeitlebens (und bleibt es über ihren Tod huinaus), die Bedingungen einer (welt-) kommunistischen (ökokommunistischen bzw. ökohumanistischen) Aufhebung der privateigentümlichen Isoliertheit menschlicher Behauptungsbedingungen / Rechtfertigungsbeziehungen herauszuarbeiten. Deren kommunistische (ökohumanistische) Geschichtsphilosophie ist darin nicht negiert. Sie ist in der Aufgabe aufgehoben, die in den sozialen Entwicklungsprozessen (-bedingungen, -möglichkeiten) entstehenden und vergehenden Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Entwicklung und schließlichen Etlabierung (welt-) kommunistischer (re-) Produktionsbeziehungen zu sichten und deren zunehmend bewusste Nutzung herauszuarbeiten.
Den Prozess der Entidealisierung in Richtung, Soziologisierung und schließlich Bewerkstelligung dieser Aufgabe kann man bereits in den Pariser Manuskripten beobachten. Allerdings, finden sich, das ist richtig, hier Eierschalen einer essentialistischen Sicht, bei der das menschliche Wesen eher idealisierend vorausgesetzt ist, Aber bei weitem nicht in der Artm, wie es beispielsweise Althusser unterstellt. Lesenswert ist das allemal, z.B. die marxschen Überlegungen, wie Menschen beim Menschlichwerden unmenschlich werden,. . .
Das gilt zum Beispiel für die folgende Passage:
Siehe https://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1844/oek-phil/3-2_prkm.htm §3
Natürlich gibt es keine „Lösung der Geschichte“.Es kann höchstens die mit der Produktivkraftentwicklung entstehenden und vergehenden Notwendigkeiten und Möglichkeiten aufgezeigt und in diese zunehmend bewusst und effektiv also (wet-) gemeinschaftlich eingegriffen werden,
Zur Frage „Wohin mit Marx Perspektive der Ententfremdung“ hatte ich vor Jahren mal was formuliert. Wird Zeit, das weiter auszuarbeiten.
Klicke, um auf wohin-mit-marx-ententfremdung.pdf zuzugreifen
Februar 11, 2014 at 10:05 pm
Der Satz war noch nicht fertig. Solte heißen:
Unter welchen Umständen kann (oder muss) die weitere (dialektische) Entwicklung der menschlichen Produktivkräfte zur Etablierung globaler(Re-) Produktionsverhältnisse nötigen (bzw. kann diese möglich machen), die nicht mehr ausbeuterisch sind und eine hinreichend vernünftige, und daher weltgemeinschaftliche Zweck- und Mittelbestimmung erlauben?
Februar 12, 2014 at 7:04 am
Sollte „als solche handlungsfähige Menschheit“ heißen. Es gilt, die ökokommunistische Bedeutung dieser Perspektive zu verstehen und zugleich faktisch d.h. als eine soziale Tatsache herzustellen oder vielmehr deren Herstellung förderlich zu sein. Was heißt, reale (soziale) Bewegungen nicht allein in ihren diesbezüglichen Mängeln zu betrachten sondern in ihrem entsprechenden EntwicklungsPOTENZIAL. Das gilt z.B. auch für „linke“ Hassobjekte wie die Idee eines (Red-) Green New Deal, Nachhaltigkeitsstrategien und -zeile usw.
Februar 16, 2014 at 4:23 pm
Kommunismus als „wirkliche Aneignung des menschlichen Wesens durch und für den Menschen; darum als vollständige, bewußt und innerhalb des ganzen Reichtums der bisherigen Entwicklung gewordne Rückkehr des Menschen für sich als eines gesellschaftlichen, d.h. menschlichen Menschen“ (Marx)
Ja, danke für die Erinnerung an dieses Zitat. Das ist genau das, was ich mehr und mehr in Frage stelle.
Das entspricht voll Hegel: „Das Ansich regiert den Verlauf. Die Pflanze verliert sich nicht in bloße ungemessene Veränderung. So im Keim der Pflanze. Es ist dem Keime nichts anzusehen. Er hat den Trieb, sich zu entwickeln; er kann es nicht aushalten, nur an sich zu sein. Der Trieb ist der Widerspruch, daß er nur an sich ist und es doch nicht sein soll. Der Trieb setzt in die Existenz heraus. Es kommt vielfaches hervor; das ist aber alles im Keime schon enthalten, freilich nicht entwickelt, sondern eingehüllt und ideell. Die Vollendung dieses Heraussetzens tritt ein, es setze sich ein Ziel. Das höchste Außersichkommen, das vorherbestimmte Ende ist die Frucht, d. h. die Hervorbringung des Keims, die Rückkehr zum ersten Zustande. Der Keim will sich selbst hervorbringen, zu sich selbst zurückkehren.“ (HW 18: 40f.)
Bei der Pflanze kann ich das aus ihrem Lebenszyklus heraus erklären. Bei der gesamten Menschheitsgeschichte sehe ich nicht das, was da zu sich zurückkehren sollte. Teile aus dieser Vorstellung sind in Ordnung, damit meine ich alles das, was von Möglichkeiten und Bedingungen und von deren Veränderung ausgeht. Ich übernehme dabei den Standpunkt der „schlechten Unendlichkeit“, das ist mir durchaus bewusst. Aber ich sehe nicht, dass es bei der menschlichen Geschichte tatsächlich ein „Ganzes“ gäbe, das von ihrem glücklichen Ende her schon als „Ansich“ die weitere Geschichte „regiert“.
Ich spreche hier von der Realgeschichte, nicht von dem Denken, für das Hegel die ganze Sache thematisiert („In allem anderen als im Denken kommt der Geist nicht zu dieser Freiheit“ HW 18: 42).
Februar 16, 2014 at 4:36 pm
Das weitere Zitat „ihre (welt-) gesellschaftlichen (Re-) Produktionsbeziehungen hinterrücks herzustellen, d.h. ohne sie sich als ihre gemeinsamen, gesellschaftlichen Beziehungen durch den Kopf (ihren Geist) gehen lassen zu müssen bzw. zu können“ gibt mir auch die Gelegenheit noch einen Anknüpfungspunkt heraus zu arbeiten. Ja, ich denke auch, dass es in diese Richtung weiter gehen kann.
Aber ich bin skeptisch gegenüber auch meinen früheren Verbindungen dieser Gedanken mit dem Bild, dass die Menschen erst dabei „ihr Wesen verwirklichen“ oder so ähnlich. Es ist nicht so, dass Menschen, die ihre gesellschaftlichen Produktionsbeziehungen nur hinterrücks herstellen, weniger menschlich wären als diejenigen, die gar nicht frei waren (Sklaven), von ihrer Freiheit nichts wussten oder sie in jeweils anderen Beschränkungen erlebten…
Hegel macht in dieser Frage einen Unterschied zwischen Inhalt und Form: Der Inhalt (Menschlichkeit) ist überall gleich, aber die unterschiedliche Form ist hier wesentlich. Damit gehe ich noch mit, aber daraus entsteht eine Theorie der Gesellschaftsformen, die einander ablösen – die Grundlage dafür sind veränderte innere und äußere Bedingungen und damit Möglichkeitsfelder… aber nicht das „regierende Ansich“.
Hegel schreibt auch: „Er [der Geist] hat den Trieb, sich zu entwickeln; er kann es nicht aushalten, nur an sich zu sein. Der Trieb ist der Widerspruch, daß er nur an sich ist und es doch nicht sein soll.“
Ich suche nun nach einer Begründung dafür, die NICHT diese Art der Religiosität (Rückbindung) voraussetzt, dass das Spätere/Ganze/Vollständige halt schon im früheren Ansich vorhanden sei.
Wahrscheinlich ist diese Suche müßig, weil sie noch eigentlich den statischen Standpunkt voraussetzt: Ich setze Ruhe/Nichtbewegung/Nichtentwicklung als „normal“ und suche einen zusätzlichen Grund für die Bewegung/Entwicklung. In der Physik bestand der Paradigmenwechsel in der Neuzeit darin, nicht mehr die Ruhe, sondern die (gleichförmig-geradlinige) Bewegung als das Normale, den Standard zu setzen, so dass Kräfte nicht mehr für die Verursachung von (gleichförmig-geradliniger) Bewegung gebraucht werden, sondern nur noch für eine Veränderung des Bewegungszustandes.
Für uns hieße das einfach: Es ist eben so, dass sich die Welt entwickelt, das bedarf keiner weiteren Erklärung… Im Marxismus-Leninismus wurde das in die Übernahme der Leninschen Sprechweise von der „Unerschöpflichkeit der Materie“ hineingesteckt.
Februar 17, 2014 at 7:28 am
Über einen möglichen Tiefsinn der Bemerkung, dass die Materie unerschöpflich sei, brauchte ich ja bisher – vielleicht dank Gnade westlicher Sozilisationsbedingungen – noch nicht nachdenken. So wie du das hier vorstellst, klingt das jedenfalls wie ein von Lenin umgestüptes „Gott-ist-Groß“. Im marx/engelsschen Kontext ist ja wie gesagt nicht „die Materie“ von Interesse. Bemerkenswert sind hier die materiellen Verhältnisse. Für mich ist die Quintessenz: Die sozialen Grenzen des notwendigen Produktions- und Konsumtionsverhaltens bezüglich Mitmenschlichkeit und ökologische Vernunft sind von historischen Mögichkeiten (und Notwendigkeiten) bestimmt, d.h. vom Grad der Produktivkraftentwicklung und den Formen iher Entwicklung und Anwedung,d.h. der Formen (der Arbeitsteilung), in denen die technologschen und der davon nicht zuletzt abhägigen geistigen, kulturellen usw. Produktivkräfte entwickelt und angewandt werden (können)..
Es ist m.E. notwendig, in den (immer wieder sehr lesenwerten) Pariser Manuskripten keine immer währende Wahrheiten zu suchen, sondern darin Momentaufnahmen eines Entwicklungsprozesses (bzw. von diversen Entwicklungsprozessen) zu entdecken. Die hier zu findene Beschwörung einer künftigen (Wieder-) Aneignung des (gesellschaftlichen) menschlichen Wesens durch die Gesellschaft selbst kann durchaus als Stichwortgeber einer regressiven Idealisierung dienen. Ich nehme sie aber (in ihrem Potenzial) als Momet einer Entreligionsierung (= Entidealisierung) in Richtung einer weltgesellschaftlichen (sozialen) Perspektive, d.h. in Richtung Herstellung globaler (Re-) Produktionsbedingungen, die hinreichend Mitmenschlichkeit (und ökologische Vernunft) erlauben, Im Gegensatz zu Althusser halte ich es für notwendig, gerade in der Theoriearbeit einen Begriff von Menschlichkeit zu entwickeln und zu verteidigen, anhand dessen wir „zivilisatorische“ Fort- oder Rückschritte in der weiteren Menschwerdung erkennen (diskutierbar machen) können.
Muss das jetzt leider unterbrechen …
Februar 18, 2014 at 7:18 am
Ja, m.E. kommt es einereits darauf an, Entwicklungsbedingungen und -potenziale eines nachhaltig guten (Zusammen-) Lebens zu erkennen und andererseits die menschliche Fähigkeit zur bewussten (Mit-) Gestaltung der eigenen Lebensbedingungen, d.h. zur Produktion von bereits im Geiste vorweggenommenen Zuständen oder Möglichkeiten und diese Erkenntnisse emanzipationsproduktiv anzuwenden bzw. einzubringen.
Das geschieht in Kooperation von Wissenschaft, sozialer Bewegung und Philosophie.
Die Dialektik sozialer (historischer) Entwicklungsprozesse zu verstehen heißt für mich zum Beispiel danach zu schauen, wie Widersprüche zwischen sozialen bzw. ökologischen Zuständen und der Herstellung von Möglichkeiten sozialer Fortschritte (und umgekehrt) bestimmte Entwickungen erst ermöglichen. Dass zum Beispiel als „unmenschlich“ erkannte Zustände oder Formen der Vergesellschaftung nicht nur die Notwendigkeit sondern meist auch die Möglichkeiten zur Herstellung von Zuständen schaffen können, die es den Globalisierten dieser Erde schließlich gestatten, die wesentlichen Formen, Zwecke, Bedingungen ihre Interaktionen als ökologisch reflektierte Mitmenschen zu gestalten.
Politisch praktisch heißt das für mich z.B. die ökokommunistischen bzw. ökohumanistischen Potenziale der Formulierung von UN-Nachhaltigkeitszielen zu sehen und deren entsprechenden Weiterentwicklung förderlich zu sein statt aus antikapitalistischem Trotz und Unverstand (der kindischen Kultivierung unschuldiger Ungeduld) auf die zarten Pflänzchen der entsprechenden UN-Prozesse herumzutrampeln, wie es leider vielfach zu beobachten ist (wie es gerade in einem Beitrag auf der Berin21 Website zu beobachten ist).
Februar 18, 2014 at 7:23 am
Bitte kleinere Fehler und stilistisch noch Unausgereifes großzügig zu übersehen.
August 28, 2014 at 5:12 am
Dankbar für den Dialog.
(Meine erste Denksprache ist spanisch, später, als heranwachsender, lernte ich auch auf deutsch zu Denken)
Wie halten wir´s mit Hegels Dialektik bei geschichtlichen Fragen?
Eine Kurzfassung:
Hegels Dialektik ist eine Dialektik der Selbstbewegung. Mit dieser Logik kann keine wechselwirkende Realität „konstruiert“ werden. Der Raum (Simultanität der Bewegungen in der Zeit) ist mit dieser Logik nicht greifbar. Geschichtliche Fragen befassen sich immer mit wechselwirkender Entwicklung.
Aus fragwürdige theologischen Gründe, bestimmt Hegel eine einzige Singularität als Gegebenheit. Das führt zwangsläufig zur Erfassung von Selbstbewegung.
Hegel kennt nur die Selbstentwicklung des Begriffs, kennt nur Selbstbewegung
Der Marxismus blieb idealistisch behaftet. Verblieb im Eklektizismus der Selbstbewegung. Quantität, Qualität und Negation der Negation sind Begriffe der Selbstbewegung. Beschreiben Zeitfolge (das Davor, das Danach). Die Simultanität (die Relation, die Wechselwirkung) in der Zeit ist hier nicht erfaßt. Nach diesen zwei Gesetzten der Selbstbewegung in der marxistischen Logik, wird das Gesetzt der Einheit und des Kampfes der Gegensätze“ unbegründet aufgesetzt. Aus der Bewegung die Selbstbewegung, und dann die Relation von Selbstbewegungen. Selbstbewegung ist ein „geschlossenes System“ und kann nur nebenher mit anderen Selbstbewegungen stehen. Ein bedingtes miteinander (oder gegeneinander) wird nicht erfaßt.
Die Widerspiegelung ist eine Grundeigenschaft der Materie.
Besser:
Die Materie hat zwei Grundeigenschaften: Veränderung (Zeit) und Wechselwirkung (Raum); wechselwirkende Veränderung oder verändernde Wechselwirkung. Der Gegenstand des Materialismus ist immer eine Gegenstandsrelation in der Welt.
Die einzige Selbstbewegung die im Materialismus gedacht werden könnte, ist die metaphysische Betrachtung der Welt al Ganzheit. Als Subjekt, in dieser Ganzheit stehend ist der Mensch Teil von wechselwirkender Veränderung. Die Welt kann nur als Externalität als Selbstbewegung erfaßt werden. Aber wenn es um die Internalität der Welt geht, so sind wir immer wechselwirkende Veränderung.
Der Marxismus diskutiert die ganze Zeit Wechselwirkungen (Relationen, Antagonismen)
kennt aber nur das Attribut der Bewegung. Ein folgendschwerer Irrtum.
Die Umstülpung beginnt bei der Sinnlichkeit. Hegel kennt nur die Phänomene des Geistes, des Bewußtsein. Der Materialismus setzt die gegenständlich sinnliche (Inter-) Aktivität des Menschen im Mittelpunkt. Quelle und Validationsinstanz der relativen Wahrheit des Materialismus, ein Materialismus der Sinnlichkeit.
Nein, ich halte nichts von einer Logik der Selbstbewegung. Ich brauche eine Logik der Wechselwirkung bei geschichtlichen Fragen. Eine Logik die nicht aus theoretischen, sonder aus praktischen Gründe entscheidet die Sinnlichkeit im Mittelpunkt zu stellen. Gerade die Sinnlichkeit, wovon Hegel abstrahiert.
Saludos
Lonquén – Chile
P.D.: Morus Markard irrt. Der Mensch ist immmer Wechselwirkung. Wie alle Singularitäten der Welt
August 28, 2014 at 3:33 pm
Hallo André,
danke für den Kommentar. Ich verstehe jedoch nicht, wieso und somit sich Morus Markard irren würde. Hat er je behauptet, der Mensch sei nie (in) Wechselwirkung?
August 29, 2014 at 7:04 am
Oder Dein Beutrag:
„Eine kleine philosophische Nebenbemerkung zum Thema scheint noch wichtig zu sein: Es gibt nicht bloß die Alternative, dass zwei Themenbereiche entweder ununterscheidbar vermischt werden oder dass sie strikt zu trennen seien – sondern ein dialektisches Vorgehen vollzieht sich in der Analyse ihrer Unterschiede (auch Gegensätze) auf der Basis dessen, was ihr Zusammenhang (ihre Einheit) ist. Es geht dann um „Unterscheidungen“ (die setzen voraus, dass es auch einen Zusammenhang gibt) und nicht um „Trennungen“ (hier werden Zusammenhänge negiert)“.
Zusammenhänge sind immer Wechselwirkungen. Morus negiert in diesem Zusammenhang Wechselwirkung. Grüsse.
August 28, 2014 at 4:01 pm
[…] werde in zwei Wochen, u.a. als Referentin, an der Ferienuni Kritische Psychologie teilnehmen. Die Ferienuni hat diesmal das Motto “Den Gegenstrom […]
August 29, 2014 at 7:08 am
(Ich dachte ich hätte dies bereits gesendet)
Hola Annette,
Es geht um den Begriff der Intersubjektivität. Eine spezifische Wechselwirkungsform. Die wichtigste überhaupt, wenn es um den Menschen geht. Die personale Subjektivität entsteht aus der Intersubjektivität, und ist immer Sinnlichkeitsfusion im Akt der kooperierenden Veränderung der Welt. Eine hochpolitische Instanz. Die Koinzidenz des Erkennens und der Veränderung. Die horizontale und vertikale Simultanität in der Zeit und im gleichen Raum. Materialismus der Sinnlichkeit. Aber all das als Praxis gedacht, in der sinnlichen Unmittelbarkeit. Nicht als ein Phänomen der Wissenschaft. Nicht als Forscher.
Morus Markard, der Marxismus haben die Wechselwirkung (Widerspiegelung) als Grundeigenschaft der Materie verkannt. Sie haben die Umstülpung des Idealismus verfehlt.
Es ist spät in Chile. Die Sinnlichkeit ruft. Später der Versuch einer Begründung.
Grüsse
Andrés
P.D.: „Oder Dein Beitrag“