Dieser Text gehört zum Projekt „Anregungen von Maurice Godelier“
Die materielle Reproduktion der Gesellschaftsmitglieder und der Gesellschaft ist der für die Gesellschaft wesentliche Prozess; sie ist aber nicht zu reduzieren auf materielle Wechselwirkungen. Georg Lukács verwies 1919 auf den „methodischen Irrtum des vulgären Materialismus“, der darin bestünde, „daß nämlich die wirtschaftlichen Formationen ewig erstrangig blieben gegenüber den ideologischen Gebilden“ (Lukács 1919/1975: 119).[1]
Menschliche Praxis ist mindestens immer über Ideelles vermittelt, darüber, dass Menschen eine „›gnostische‹ Welt- und Selbstbeziehung“ (Holzkamp 1983: 234) haben. Dies gilt auch für die unmittelbare Produktion. Es ist nicht so, als wäre diese unabhängig von ideellen Vorstellungen „rein-materiell“, sondern auch sie ist durchdrungen von Ideellem. Denn es gilt, „… daß kein materieller Eingriff des Menschen in die Natur, das heißt kein intentionaler, von ihm gewollter Eingriff, erfolgen kann, ohne von Anfang an im Bereich des Intentionalen „Ideelles“ hervorzurufen, Vorstellungen, Urteile, Prinzipien des Denkens, die keinesfalls nur materielle Verhältnisse im Denken widerspiegeln, weil sie unabhängig von ihm, vor ihm oder ohne es, entstanden wären“ (Godelier 1990: 22). Nach Lukács unterscheiden sich überholte Marxismusvorstellungen von angemessenen gerade dadurch, dass erstere die ökonomische Wirklichkeit als „Sein ohne Bewußtsein“ auffassen, während in Marxens Ontologie nach Lukács „jedes gesellschaftliche Sein mit Bewußtseinsakten (mit alternativen Setzungen) untrennbar verbunden ist“ (Lukács 1984: 675).