Ich habe in den letzten Tagen, ausgehend von einer aktuellen Philosophiezeitschrift (Aufhebung #17), wieder einige philosophisch-theoretische Texte gelesen. Ich fand nichts grundlegend Neues, wurde aber an spannende Erkenntnisse erinnert, die viel zu wenig bekannt sind. Deshalb möchte ich hier kurz darüber berichten.

Zur „Grundfrage“ der Philosophie

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Am 16. und 17. Juni war ich in Köln und habe Hegels Dialektik vorgestellt. Es hat mir viel Spaß gemacht, was man sicher auch an diesem Foto sieht:

Die dafür verwendete Präsentation gibts auch online, und zwar hier:

Ich habe mir vorgenommen, dazu demnächst auch eins meiner nächsten Bücher zu schreiben..

Heute vor 190 Jahren ist Hegel gestorben. Das erinnert mich daran, dass ich einen im Netz verschollenen Text von mir zur Frage, warum ich mich für Hegel interessiere, noch einmal suchen und die Frage beantworten wollte. Ich hab nicht den verschollenen Text (aus einem Forum, das es nicht mehr gibt) gefunden, aber die Erkärung, warum mir Hegel wichtig ist, in einem anderen Text von 2007, den ich hier teilen möchte:

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Annette Schlemm zum zweiten Mal zur Vorbereitung eines Seminars
des Gesprächskreises Dialektik & Materialismus mit Fritz Reusswig

Am 12.11.2021 findet online ein Seminar mit Dr. Fritz Reusswig vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) statt. Dieses Seminar wird vom Gesprächskreis Dialektik & Materialismus gestaltet. Ich habe bereits einen Text von F. Reusswig referiert und eigene Ergänzungen angefügt (Schlemm 2021a). Zu diesem Thema, das zwei meiner Hauptinteressengebiete vereint, fühlte ich mich nun herausgefordert, selbst nachzudenken. Dies ist der Inhalt meines zweiten Textes zur Vorbereitung des Seminars.


Natürlich liegt es nahe, zuerst darzulegen, was eigentlich Klima- Umbruch und was Dialektik ist, wenn man sie in Beziehung bringen will. Zum Klima-Umbruch gibt’s sehr viel von mir (Schlemm 2009ff.). Zur Dialektik auch. Aber zusammengedacht hatte ich das noch nie so explizit. Was Klima-Umbruch ist, thematisiere ich hier nicht, aber auf den Begriff der Dialektik kommt es schon an.

Dialektik wurde häufig als Denken in Widersprüchen verstanden, wobei eine Position in die andere umkippen kann. Ein Beispiel dafür ist Homer Simpson: Angesichts der Schneemassen vor seiner Haustür sagt er höhnisch: „Es sieht ganz so aus, als ob ich morgen drei Meter globale Erwärmung wegschaufeln muss!“. Seine Tochter erklärt ihm den realen Umschlag ins Gegenteil im Klimageschehen: Globale Erwärmung verursacht extreme Wetterlagen, auch in Richtung von zeitweiser extremer Kälte.[1] Homer ist nun ganz verwirrt: „Du sagst also, die Erwärmung macht es kälter. Du bist die Königin vom Irrenland: Alles ist das Gegenteil von dem, was es ist!“

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Ich habe natürlich auch in den letzten Tagen gearbeitet, die Beitragsreihe „Zu Godelier“ wird in den nächsten Tagen fortgesetzt und beendet. Zwischendurch bastle ich schon an einem neuen Thema und dafür ist mir eine neue Darstellung eingefallen:

Das kann ich natürlich nicht mal „auf die Schnelle“ erklären. Neu ist die Sortierung der Schlussformen entlang der Zwischenglieder der Vermittlung (das Besondere, das Einzelne oder das Allgemeine vermittelt).

Mehr zur Schlusslogik kann man z.B. an entsprechender Stelle im Hegel-System entnehmen, Poster dazu gibts hier bereits.

Da gerade in mehreren Diskussionsrunden die hoffentlich mögliche Transformation in neue gesellschaftliche Zustände, die dann gleichermaßen human und ökologisch verträglich sind, diskutiert werden, habe ich Ausschnitte aus meinen beiden ersten Büchern online gestellt, die dazu passen.

Zuerst habe ich geschaut, wie sich in der Natur, also in der kosmischen und der Evolution der Lebewesen,  Qualitäts“sprünge“ ereignen, wie also grundlegend Neues entsteht. Ich wollte damals so was wie eine neue „Dialektik der Natur“ daraus entwickeln, wobei die neuen Erkenntnisse aus den Selbstorganisationskonzepten einbezogen werden sollten.  Aus dem Wissen über die Evolution in der Natur konnte ich dann so etwas wie „Evolutionsprinzipien“ ablesen. Darum geht es in dem Ausschnitt des Buches: „Daß nichts bleibt, wie es ist… Philosophie der selbstorganisierten Entwicklung. Band I: Kosmos und Leben“.

Im zweiten Band geht es um Gesellschaft. Allerdings (damals noch) nicht, wie es logischerweise zu erwarten wäre, um eine entsprechende Analyse geschichtlicher Entwicklungen, sondern „nur“ ganz allgemein um Erkenntnisse zu einer Gesellschaftstheorie, wie sie mir nach dem Ende des Realsozialismus nach 1990 wichtig erschienen. Zu Konzepten einer trotz alledem noch anstehenden Revolution/Transformation steht auch einiges darin, was ich als Auschnitt aus dem Buch „Daß nichts bleibt, wie es ist… Philosophie der selbstorganisierten Entwicklung. Band II: Möglichkeiten menschlicher Zukünfte“ ebenfalls online gestellt habe.

 

Dies ist die erweiterte Form meines Beitrags aus den Marxistischen Blättern 05_2019:


Langform der Veröffentlichung in Marxistische Blätter 05_2019:

Dialektik als Logik welcher Entwicklung?

Richard Sorg hat in der Nummer 4_2018 der „Marxistischen Blätter“ die Frage gestellt, ob es einen „Unterschied zwischen einer ‚idealistischen’ (Hegel) und einer ‚materialistischen’ Dialektik (Marx und Engels)“ gibt. Seine Ausführungen zeigen, dass der Unterschied nicht so groß ist, wie er häufig angenommen wurde und wird. Er verweist auf den „impliziten Materialismus“[1] (Sorg 2018: 107) bei Hegel. Trotzdem gibt es natürlich Unterschiede in der Art und Weise, wie Hegel in verschiedenen Themenkomplexen vorging und wie Marx und Engels daran herangingen. Richard Sorg skizzierte das unterschiedliche Vorgehen. Ich möchte diese Themenstellung noch ein wenig weiter führen, indem ich problematisiere, dass die Dialektik als Entwicklung sich insbesondere bei Hegel i.a. nicht auf zeitliche Veränderungen bezieht, sondern ) logisch-strukturell (bzw. logisch-systematisch) auf den „Gesamtzusammenhang“ (MEW 20, DN: 307 bezogen ist und sich von einer logisch-zeitlich (bzw. logisch-historisch) verstandenen Dialektik unterscheidet[2]. Diese Unterscheidung darf nicht verloren gehen, weil sonst viele Stellen bei Hegel und Marx falsch verstanden werden und das eigene dialektische Denken fehlgeleitet werden könnte. (mehr …)

Auf diese Seite kommt im September die lange Version meines Artikels für die Marxistischen Blätter…

Die Folien zu meinem Workshop auf der Ferienuni Kritische Psychologie sind jetzt auf  Slideshare online:

In der online gestellten Version sind deutlich mehr Folien enthalten, als ich im Workshop verwendet habe, es ist also eine Erweiterung und Vertiefung.

Viel Spaß und interessante Erkenntnisse damit…

Wer zu den Fragen auf S. 37, 39, 48 und 50 was sagen möchte, kann das auch in den Kommentaren hier tun.

Rezension von Annette Schlemm zu:
Sorg, Richard (2018): Dialektisch Denken. Köln: PapyRossa Verlag


Dialektisches Denken zielt aufs Ganze – aber es ist so gut wie unbekannt im Alltagsdenken und es ist marginal geworden in der Universitätsphilosophie wie auch in gesellschaftskritischen Kreisen. Zwar wurden auch postmoderne Denkweisen nicht gerade richtungsweisend, aber man muss wohl konstatieren, dass die Tradition des einigermaßen geschulten dialektischen Denkens in linken Debatten abgerissen ist.

Umso wichtiger ist ein Buch, das wichtige Traditionen des dialektischen Denkens in die Erinnerung zurückruft und als Einstiegshilfe in diese Thematik dienen kann. Mit dem Titel „Dialektisch Denken“ verweist der Autor, der Soziologe Richard Sorg, auf die Tatsache, dass man die Dialektik nicht wie ein erledigtes Ding in der Tasche tragen kann, sondern dass sie sich jeweils nur im konkreten Denken realisieren kann. Dies zeigte er schon in früheren Arbeiten z.B. über das dialektische Denken in der Sozialen Arbeit. Dass dialektisches Denken not täte, zeigt Sorg auch mit Verweisen auf derzeitige Umbrüche in den Produktivkräften, auf gravierende ökologische Probleme, sich vertiefende soziale Spaltungen zwischen arm und reich und ebenso zwischen den Geschlechtern (S. 9). All diese Probleme sind nicht mehr unter den Tisch zu kehren und führen verbreitet zu „populistischen“ Verarbeitungsformen. Wie kann eine Welt voller Widersprüche gedacht werden, ohne in diese Falle zu tappen? Zum dialektischen Denken gibt es hier keine Alternative. Sie stellt nach Sorg eine „Grundorientierung“ dar, „die eine bestimmte Sichtweise auf die Welt“ (S. 11) prägt. Angesichts der komplexen Problemlagen gilt es, komplexe Zusammenhänge zu begreifen und hinter der Oberfläche Wesentliches zu erfassen. (mehr …)