Hegels Konzept der „Sittlichkeit“ als Wegweiser für das anthropologisch-Allgemeine
Kommen wir nun noch einmal zurück zu Hegel. Was lässt sich aus der allgemeinen Struktur von konkret-Allgemeinem, wie es bei Hegel z.B. für die Sittlichkeit diskutiert wird, lernen, um der abstrakten Trennung der Individuen untereinander sowie der Individuen und ihrer Gesellschaft zu entkommen? Es zeigt sich, dass er bei seinen Abhandlungen zum Thema „Sittlichkeit“ und „Staat“ keine Unterscheidung zwischen dem, was ich als abstrakt-anthropologisch und konkret-kapitalistisch-allgemein unterscheiden würde, kennt. Deshalb verschränkt sich bei ihm die „Rose“, die anthropologische Grundstruktur des Gesellschaftlichen, immer wieder mit Darstellungen durcheinander, die dem spezifischen konkret-Allgemeinen im Kapitalismus entsprechen, und die wir heute als das „Kreuz“ der Zeit kennzeichnen würden.
Was ist wichtig und wegweisend an seinen Überlegungen?
- Menschliche Beziehungen beschränken sich nicht auf familiäre Gemeinschaften, sie lassen sich nicht reduzieren auf die ökonomischen Strukturen – sondern sie bilden eine eigengesetzliche Sphäre, aus welcher sich gesellschaftliche Erscheinungen in ihrer jeweiligen konkreten Verwirklichung begründen lassen. Dabei ist auch ihre historische zeitliche Abfolge als „Weltgeschichte“ berücksichtigt.
- Das Gesellschaftliche („Sittliche“) zeichnet sich dadurch aus, dass es den Individuen gegenüber nichts Fremde ist. Zwar schränkt es Willkür ein und erfordert Menschen, die zu Vernunft herangebildet sind, aber letztlich ermöglicht es erst die Gesellschaft, dass jedes Individuum als Mensch lebt, d.h. sich als Mensch über die Beteiligung an der gesamtgesellschaftlichen Produktion reproduziert und auch teilhat an allen ideellen Schöpfungen und Errungenschaften der gesamten Menschheitsgeschichte.
- Vernünftigkeit (die sich in funktioneller Organisation zeigt) und Freiheitlichkeit (sich selbst im Anderen erkennen und in diesem nichts Fremdes mehr fürchten) in ihrer wechselseitigen Bestimmung können als Richtlinie für den Fortschritt gelten.
Januar 20, 2011 at 2:06 am
[…] Was lässt sich aus der allgemeinen Struktur von konkret-Allgemeinem, wie es bei Hegel z.B. für die Sittlichkeit diskutiert wird, lernen, um der abstrakten Trennung der Individuen untereinander sowie der Individuen und ihrer Gesellschaft zu entkommen? (dazu siehe den hiervon abgeleiteten Beitrag) […]
Januar 21, 2011 at 11:14 am
[…] Staatliche Zähmung des Egoismus? Das Gesellschaftlich-Allgemeine als Sittlichkeit bei Hegel (Teil II dazu) Die Entwicklung des Konzepts des Gesellschaftlich-Allgemeinem bei […]
Februar 3, 2012 at 12:24 pm
[…] Hier sind wir nun bei einem neuen Thema, auf das ich hier nicht weiter eingehen möchte. Ich habe vor ziemlich genau einem Jahr schonmal dazu gebloggt. […]
Juni 4, 2022 at 2:05 pm
[…] [1][1] Also nicht mehr als abstrakt Allgemeines, sondern eher als konkret Allgemeines, wie es im Staatsbegriff von Hegel vorkommt. (vgl. Schlemm 2011a, Schlemm 2011b) […]