Hegels Konzept der „Sittlichkeit“ als Wegweiser für das anthropologisch-Allgemeine

Kommen wir nun noch einmal zurück zu Hegel. Was lässt sich aus der allgemeinen Struktur von konkret-Allgemeinem, wie es bei Hegel z.B. für die Sittlichkeit diskutiert wird, lernen, um der abstrakten Trennung der Individuen untereinander sowie der Individuen und ihrer Gesellschaft zu entkommen? Es zeigt sich, dass er bei seinen Abhandlungen zum Thema „Sittlichkeit“ und „Staat“ keine Unterscheidung zwischen dem, was ich als abstrakt-anthropologisch und konkret-kapitalistisch-allgemein unterscheiden würde, kennt. Deshalb verschränkt sich bei ihm die „Rose“, die anthropologische Grundstruktur des Gesellschaftlichen, immer wieder mit Darstellungen durcheinander, die dem spezifischen konkret-Allgemeinen im Kapitalismus entsprechen, und die wir heute als das „Kreuz“ der Zeit kennzeichnen würden.

Was ist wichtig und wegweisend an seinen Überlegungen?

  1. Menschliche Beziehungen beschränken sich nicht auf familiäre Gemeinschaften, sie lassen sich nicht reduzieren auf die ökonomischen Strukturen – sondern sie bilden eine eigengesetzliche Sphäre, aus welcher sich gesellschaftliche Erscheinungen in ihrer jeweiligen konkreten Verwirklichung begründen lassen. Dabei ist auch ihre historische zeitliche Abfolge als „Weltgeschichte“ berücksichtigt.
  2. Das Gesellschaftliche („Sittliche“) zeichnet sich dadurch aus, dass es den Individuen gegenüber nichts Fremde ist. Zwar schränkt es Willkür ein und erfordert Menschen, die zu Vernunft herangebildet sind, aber letztlich ermöglicht es erst die Gesellschaft, dass jedes Individuum als Mensch lebt, d.h. sich als Mensch über die Beteiligung an der gesamtgesellschaftlichen Produktion reproduziert und auch teilhat an allen ideellen Schöpfungen und Errungenschaften der gesamten Menschheitsgeschichte.
  3. Vernünftigkeit (die sich in funktioneller Organisation zeigt) und Freiheitlichkeit (sich selbst im Anderen erkennen und in diesem nichts Fremdes mehr fürchten) in ihrer wechselseitigen Bestimmung können als Richtlinie für den Fortschritt gelten.