Manchmal muss man einen Schritt zurück treten, um eine Orientierung für den Schritt nach vorn zu gewinnen. Den Kapitalismus und mit ihm jegliche Klassengesellschaft zu überwinden und eine Gesellschaft aufzubauen, in der Ausbeutung, Unterdrückung, Diskriminierung und andere Entwürdigungen nicht mehr vorkommen, ist nach den vielen Jahrtausenden voller Kriegen, Plünderungen und Demütigungen eine ungeheure Herausforderung. In der bleiernen Zeit der frühen 70er Jahre durchforstete der Schriftsteller Wladimir Tendrjakow die Leninschen Schriften auf der Suche nach der Quelle der verfahrenen Situation im Sozialismus der UdSSR.

„Zwei sind im Zimmer:
ich
und Lenin – “ (Majakowski in Tendrjakow 1969ff./1991: 11)

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Der folgende Text wurde von Rüdiger Lutz in seinem 1988 herausgegebenen Sammelband „Pläne für eine menschliche Zukunft“ veröffentlicht. Das damals aktuelle Thema war die Gefahr eines Kernwaffenkriegs, die leider immer noch nicht gebannt wurde. Trotzdem schiebt sich heute ein neues Thema in den Vordergrund: der Klima-Umbruch. Deshalb schreibe ich den Text um[1] und nenne ihn auch nicht wie im Original „Die Friedenswerkstatt“ sondern „Die Klimawerkstatt“. Denn der Text, den ich eher zufällig in meiner Bibliothek (wieder)fand, gibt eine Antwort auf eine Frage, die mich schon länger herumtreibt: Wie können wir uns in Gruppen gegenseitig helfen, mit der aufkommenden Verzweiflung und Trauer über den stattfindenden Klima-Umbruch umzugehen, ohne sie zu verleugnen oder in ihr zu versinken? In der Bewegung „Extinction Rebellion“ werden hierzu Methoden, die eng verwandt mit der problematischen Tiefenökologie sind, verwendet (nach Joanna Macy) – mit dem Konzept von Rüdiger Lutz gibt es nun eine Alternative. Obwohl er leider nicht mehr lebt, bin ich mir sicher, dass er erfreut darüber  wäre, dass seine Arbeit erneut genutzt wird.

Brecht schrieb für jene, die im brennenden Haus den Brand nicht wahrnehmen wollen:

„Ohne zu antworten, ging ich wieder hinaus. Diese, dachte ich, müssen verbrennen, bevor sie zu fragen aufhören. Wirklich Freunde, wem der Boden noch nicht so heiß ist, dass er ihn lieber mit jedem anderen vertausche, als dass er da bliebe, dem habe ich nichts zu sagen.“

Mit der Klimawerkstatt wenden wir uns nicht ab, sondern wir wollen miteinander reden über die Gründe des Nicht-Wahrnehmens. (mehr …)

Aufgrund von Covid-19 fand das halbjährig stattfindende Wochenend-Treffen des Commons-Instituts (CI) über Videokonferenzen statt, so dass ich teilweise daran teilnehmen konnte. Wer möchte, kann bei solchen Treffen Workshops einbringen und hosten. Mir fiel dabei ein, womit ich mich gerne weiter mit anderen beschäftigen möchte und brachte das dann als Workshop-Vorschlag für die jetzt folgende „Open-Space-Woche“ mit ein. Dafür eröffnete ich auch  Mattermost-Kanäle im MM-Bereich des CI. Die Themen sind:

  • Klima und Commons
  • Wissenschaftstheorie zu den Commons-Konzepten/Theorien
  • Kämpfe um Commons

Zu letzterem hab ich heute in „keimform.de“ einen Beitrag veröffentlicht:

Ein Gesprächswochende über den Themenkomplex „Klimawandel – Lebensführung – Transformation“ wird, wie so viele andere, in die Online-Welt ausgelagert. Das bedeutet auch, inhaltliche Beiträge vorher vorzubereiten und vorzustellen. Hier ist meiner:


Diese Datei gibts auch als PDF-Datei zum Downloaden.

1. Zwischen-Ergänzung zu: „Wissen, Fühlen und … Träumen“

2. Ergänzung zu einem „Crashtest für Transformationskonzepte“


Die meisten Texte zum Klimathema verwenden jetzt nicht mehr die harmlose Bezeichnung „Klimawandel“, sondern „Klimakrise“. Und statt „Erderwärmung“ wird „Erdüberhitzung“ gewählt. Das letztere ist übertrieben, das erste immer noch beschönigend. Denn die Erde als Planet kann sich nicht wirklich überhitzen; als astronomischer Körper kann es ihr egal sein, ob sie genau so heiß ist wie die Venus. Nur wir und mit uns die derzeitige Biosphäre brauchen ökologische Bedingungen, deren Veränderungen ein gewisses Maß nicht überschreiten sollten. Wenn sie überschritten sind, haben wir nicht nur eine „Krise“, die in nächster Zeit wieder gelöst werden könnte, sondern wir leben dann quasi „auf einem anderen Planeten“ (vgl. die Berichte in Schlemm 2019). (mehr …)


Manchmal sehen wir den Mond schon rot, nämlich wenn die Erde das Sonnenlicht für den Mond abschattet. Das Licht wird dann in der Erdatmosphäre gebrochen und erscheint rötlich – wir sehen einen sog. „Blutmond“. Auf dem Mond selbst ist dann auch alles rotgefärbt, dies sehen aber nur jene, die grad auf dem Mond arbeiten oder Urlaub machen. Im neuen Roman von Kim Stanley Robinson ist der Mond längst besiedelt worden, verschiedene Nationen haben ihre Standorte in unterschiedlichen Gegenden und das wirtschaftliche wie auch das politische Geschehen auf der Erde hat sich in die Mondbahn hinein ausgeweitet. Dabei zeigt sich, dass der Mond auch im übertragenen Sinne recht rot ist: China mit seiner neuen Hegemonie auch auf der Erde hat auf dem Mond einen großen Vorsprung. (mehr …)

Dieser Text gehört zum Projekt „Über Utopie und Transformation neu nachdenken“.


4.3.1 Abstrakter und konkreter Begriff

Der „Begriff des/vom Menschen“ (S&M: 119, 123) ist ein wesentlicher Baustein für die Entwicklung der sog. Kategorialen Utopie. Ein „Begriff“ ist für die Autoren eine „Verdichtung theoretischer Überlegungen“ (ebd.: 22). Theorien können nun unterschiedliche Gegenstandsbereiche haben und für jeden dieser Gegenstandsbereiche gibt es entsprechende Begriffe. Theorien von Menschen gibt es z.B. auf einer allgemein-überhistorisch-anthropologischen Ebene. Da der Begriff einer Sache „das in ihr selbst Allgemeine“ (Hegel HW 5: 26) ist, besteht der Begriff „des Menschen“ in dem, was allen Menschen gemeinsam ist, was sie aber auch gegenüber allen anderen Tieren auszeichnet, was das konkrete Besondere der Menschen gegenüber der Tierwelt ist. (mehr …)

Dieser Text gehört zum Projekt „Über Utopie und Transformation neu nachdenken“. (Version 1.8, seit 25.10.18)


Wie schon oben geschrieben, ergab sich aus den Problemen der Diskussion über Konzepte für eine nachkapitalistische Gesellschaft die Idee, die Diskurse zur angestrebten Gesellschaftsform und des Weges dahin erst einmal zu trennen, also zuerst einen Utopiediskurs zu führen und erst nach Klärung der Ziele den Aufhebungsdiskurs (S&M: 93). Die Behandlung der Transformationsfrage macht demnach erst Sinn, wenn geklärt ist, wohin die Transformation führen soll, was ihr Ziel sein könnte. Wenn die Zielvorstellung einen zu engen Horizont hat, werden auch die Transformationsschritte zu kurz ausfallen. Die Autoren sind der Ansicht, dass eine zu starke Nähe zu den konkreten Bedingungen verhindert oder erschwert, genügend große Veränderungsschritte zu planen. (mehr …)

Dieser Text gehört zum Projekt „Über Utopie und Transformation neu nachdenken“.


Ein Buch zur rechten Zeit: In dieser Zeit des Aufschwungs der „rechten“ Bewegungen wird der Gedanke ernst genommen, dass es so wie bisher nicht weiter geht. Damit es nicht nur in die rechte Richtung weiter geht, werden dringend links-alternative Ziel- und Wegbeschreibungen gesucht. Dass der Kapitalismus aufgehoben werden soll, ist so sicher, dass es nicht einmal begründet werden muss im Buch von Simon Sutterlütti und Stefan Meretz (im folgenden abgekürzt als S&M) mit dem Titel: „Kapitalismus aufheben“. Im Wort „Aufheben“ steckt die Dreieinigkeit, einen Zustand zu beenden, aber gleichzeitig auch etwas zu bewahren und auf diese Weise hin-auf zu heben. Das heißt für den Übergang von der kapitalistischen Welt hin zu einer besseren, und wenigstens gedanklich sogar der bestmöglichen aller menschlichen Welten, dass „es beispielsweise den Verwertungszwang abzuschaffen [gilt], bestimmte Produktionsverfahren zu bewahren und die globale Verfügung über unsere Lebensbedingungen qualitativ so zu gestalten, dass niemand mehr herausfällt.“ (S&M: 9)
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Als ich aus dem Urlaub zurück kam, gab es zwei Postsendungen mit je einem Buch, in dem gerade Beiträge von mir erschienen sind. Leider kann ich die nicht online stellen. Aber nennen möchte ich sie wenigstens:

„Das Geld als Alien. Postmonetäres in der utopischen Literatur und Science-Fiction“ in: Projektgruppe „Gesellschaft nach dem Geld“: Postmonetär denken. Eröffnung eines Dialogs. Wiesbaden: Springer VS 2018. S. 213-234.
„Hegels implizite Ontologie. Das Durchscheinen der Welt in Hegels Kategorialentwicklung.“ In: Rainer E. Zimmermann (Hrsg.): Ontologische Probleme der Grundlegung nach Schelling und Bloch. Hamburg: Verlag Dr. Kovac 2018. S. 97-114.

 

Zum zuerst genannten Text gibt es aber wenigstens einige Blogtexte von mir:

In diesen Texten wird ausführlicher auf die einzelnen Texte eingegangen als in der eben genannten zusammenfassenden Veröffentlichung. Ich wollte diese Liste noch weiter bearbeiten, um mehr von dem, was mich beim Lesen so interessierte, zu beschreiben. Aber leider blieb mir dazu nie Zeit…

Hier gibts noch:

In meinem Text „Wie weiter nach radikal ent-täuschten Hoffnungen?“ stellte ich die Frage, welche Bedingungen der Weg hin in die gewünschte mögliche Zukunft braucht.

Hilmar und Albert aus Hamburg gaben aus ihrer gelebten Praxis (Umsonstladen, Tomatenretter) einige Antworten daraus, die ich hier gerne ergänze:


  1. Wenigstens ein Lebensbereich (Grundnahrungsmittel, Wohnen, Energie, Reparieren, Produktverteilung u.s.w.) wird selbstorganisiert betrieben und in eine praktische Verbindung mit seinem sozialen Umfeld gebracht zu Gruppen und Einzelnen, die sich auch auf einen Weg aus diesem kriselnden System gemacht haben.
  2. Wenn diese vielfältigen Ansätze, wie momentan, allerdings weitgehend unverbunden bleiben, wird nichts gesellschaftlich Bedeutsames entstehen. Es wird gezielt versucht, zumindest einen Teil von Produktion, Verteilung und Reproduktion der allgemein vorherrschenden Erwerbsarbeit zu entziehen.
  3. Es hat ein gruppenübergreifender Prozess der gemeinsamen Bestimmung der Grundsätze begonnen, an dem eine wachsende Anzahl der Beteiligten mitwirkt. (Das ist heute noch nicht der Fall.) Dabei wird darauf verzichtet, sich gegenseitig zu einem geschlossenen Weltbild zu nötigen. Es wird von der Vielfalt der Einzelnen und deren besonderen Weltbildern akzeptierend ausgegangen. Grundlegende, nicht sogleich lösbare Kontroversen können auch mit ihren verschiedenen Ansichten in die gemeinsamen Grundsätze eingebaut werden.
  4. Dem Hauptanliegen der jeweiligen Gruppe wird ein breiter, selbstorganisierter Bildungsprozess hinzugefügt: Sport, Kunst, Musik, Entspannung und Spaß, Heilwissen Kräuter ..) haben dort neben allen gewünschten Wissensthemen ihren Platz.
  5. Es wird sich darin geübt, in den notwendigerweise in den Gruppen aufbrechenden Konflikten einen liebevollen, lösungsorientierten Umgang zu finden.
  6. Ein grundlegend friedliches, lernend offenes, respektvolles Verhältnis zu der uns umgebenden Natur, die nicht mehr einseitig nach unseren Zielsetzungen ausgerichtet werden soll, wollen wir Schritt für Schritt verwirklichen.
  7. Lernend aus bisherigen linken Parteien und Bewegungen wird versucht, einen inneren bunten Pluralismus zu fördern und die Einflussnahme von möglichst vielen Einzelnen auf Gemeinschaft und Gesellschaft zu fördern und zuzulassen: Wir üben uns in einem Verzicht auf (manchmal gedankenlose) Machtausübung und autoritäres Verhalten. Bestätigungen und Zuneigung geben wir uns gegenseitig, sodass ein zunächst vielleicht unstillbarer Anteil davon sich durch diese Erfüllung beruhigen und unser Angstpotential zurückgehen kann.
  8. Ein solcher Anfang ist hier und da gemacht. Aber nur wenn sich eine bewusst gelebte Menschlichkeit ausbreiten kann, wächst die Chance auf diesem Planeten dauerhaft zu überleben und zu leben.